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Schmallenberg-Virus Infektion per Luftfracht

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Schmallenberg-Virus

WILDKRANKHEITEN
Das Schmallenberg-Virus ist nach der Blauzungen-Krankheit das zweite exotische Virus, das innerhalb kurzer Zeit die europäischen Wiederkäuer betrifft. Beide Krankheiten werden durch Mücken übertragen. Dr. Mark Holsteg ging der Frage nach, welche Folgen sie für unser Wild haben können.

Im Spätsommer 2011 meldeten sich Landwirte und Hoftierärzte aus dem deutsch-niederländischen Grenzgebiet beim Tiergesundheitsdienst Nordrhein-Westfalen (NRW) und berichteten über eine ungewöhnliche Häufung von hohem Fieber und starkem Milchleistungsabfall bei Milchkühen. Aus dem Blut dieser Tiere konnte mithilfe moderner
Diagnostik am Friedrich-Loeffler-Institut das Erbgut eines bisher unbekannten Virus isoliert werden. Die Virologen tauften es nach dem Herkunftsort der Blutproben Schmallenberg-Virus (SBV). Das Schmallenberg-Virus ist verwandt mit einer ganzen Palette von bekannten
Viren, deren Folgen für infizierte Tiere unter dem Namen Akabane-Krankheit bekannt ist. Bisher trat diese Gruppe von Viren nur in Asien, Australien und Afrika auf. Überträger sind Mücken (Culicoides spp.) aus der Familie der Gnitzen (Ceratopogoniden), die das Virus
beim Blutsaugen aufnehmen, in den Speicheldrüsen vermehren und beim nächsten Stich mit dem Speichel weitergeben. Die Infektion führt bei erwachsenen Tieren zu einer kurzzeitigen sehr milden Erkrankung. Der Nachweis vom Virus im Blut gelingt nur drei bis fünf Tage nach der Infektion. In seltenen Fällen kann sie zu einer Hirnhautentzündung
und dem Tod des Tieres führen. Folgenschwer ist eine Infektion von trächtigen
Muttertieren. Neben Aborten und Totgeburten kann das Virus schwere Missbildungen beim Fötus auslösen. Abhängig vom Trächtigkeitsstadium können die Ungeborenen extreme Verdrehungen und Verformungen der Wirbelsäule, der Gliedmaßen sowie Missbildungen des Gehirns und des Nerven systems erleiden. Beim Hausschaf mit einer Trächtigkeitsdauer von 150 Tagen kann eine Infektion zwischen dem 28. bis 56. Tag der Trächtigkeit zu schweren Missbildungen führen.

Beim Rind ist dieser Zeitraum aufgrund der Trächtigkeitsdauer von 280 Tagen deutlich länger. Bei einer Infektion zwischen dem 70. und 100. Tag der Trächtigkeit können die ungeborenen Kälber Missbildungen von Wirbelsäule, Gliedmaßen und Gehirn erleiden und zwischen dem 100 und 180. Tag können Missbildungen des Gehirns (beispielsweise interner
Wasserkopf) auftreten.

Wenn diese hochbeschlagene Ricke in der Tragzeit mit dem Schmallenberg-Virus infiziert wurde, kann es zu schweren Missbildungen bei den Kitzen kommen.

Betroffene Kälber und Lämmer
werden tot geboren oder sind nicht lebensfähig und müssen eingeschläfert werden. Einige ungeborene Jungtiere sind so stark missgebildet, dass eine Geburt nur mit tierärztlicher Hilfe möglich ist. Muttertiere, die eine Infektion überstanden haben, verfügen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen lebenslänglichen Schutz vor einer erneuten Infektion. Von der Akabane-Krankheit ist bekannt, dass alle Haus- und Wildwiederkäuer empfänglich
sind. Weiterhin gelang der Nachweis von Antikörpern gegen Akabane-Viren bei Kamel,
Büffel, Pferd, Zebra, Schwein, Hund und Affe. Nach aktuellem Stand der wissenschaftlichen
Forschung besteht für den Menschen keine Gefahr. Über das Schmallenberg-Virus liegen bisher nur wenige Erkenntnisse vor. Welche Auswirkungen eine Infektion unserer Wildwiederkäuer hat, ist zurzeit noch völlig unklar. Man kann aber die Folgen einer Infektion für das einheimische Wild anhand von Trächtigkeitsdauer, Brunftzeit und dem Lebenszyklus der übertragenden Gnitzen abschätzen. Die Verbreitung des Virus ist stark an das saisonale Auftreten der Gnitzen gekoppelt. So treten die meisten Infektionen empfänglicher Stücke im Mai/Juni und im Spätsommer/Herbst auf. Infiziert sich Jungwild oder ein nicht tragendes Stück, wird sich in der Regel eine lebenslängliche, belastbare Immunität entwickeln. In seltenen Fällen ist eine Hirnhautentzündung mit atypischem
Verhalten, Verlust der Scheu oder Erblindung denkbar. Vereinzelte Todesfälle sind bei geschwächtem oder altem Wild möglich. Wird dagegen eine beschlagenes Stück infiziert, muss abhängig vom Trächtigkeitsstadium auch bei Reh-, Rot- und Muffelwild mit dem Verlust der Tracht oder der Entstehung von Missbildungen bei den Föten gerechnet werden. Beim Auftreten von Setzkomplikationen aufgrund der Missbildungen kann es auch zum Fallen des Muttertieres kommen. Im Jahre 2011 war bis weit in den November die Temperatur für die Gnitzen noch optimal und eine Ausbreitung des Virus möglich. Das weibliche Rehwild mit der Blattzeit im Juli/August hat in den ersten Monaten der  Trächtigkeit ausreichend Gelegenheit für eine Infektion. Der Embryo befindet sich bis Ende Dezember in einem Ruhezustand (embryonale Diapause) und hat sich noch nicht in der Tracht eingenistet. Eine Infektion mit dem Schmallenberg-Virus kann also im schlimmsten Fall zum Verlust des Embryos führen. Für das Rehwild ist es also denkbar, dass es im Jahr 2012 deutlich weniger Kitze gibt. Beim Rot- und Damwild läuft die Brunft deutlich später ab als beim Rehwild. Aufgrund der Trächtigkeitsdauer wird auch bei diesen Wildarten die Infektion vor der sensiblen Phase der fötalen Organentwicklung stattfinden. Eine Infektion hätte also auch in diesem Fall maximal den Verlust des Embryos zur Folge. Denkbar
ist, dass in betroffenen Hirschrudeln die Brunft deutlich verlängert ist. Das Muffelwild ist mit 150 Tagen Trächtigkeitsdauer dem gleichen Risiko ausgesetzt wie das Hausschaf. Bei frühzeitiger Brunft im Oktober ist es möglich, dass es zum Setzen missgebildeter Lämmer
kommt. Diese Lämmer sollten bis Ende März geboren sein. Für alle Wildwiederkäuer ist es denkbar, dass sich die Muttertiere kurz vor der Setzzeit im Mai/Juni mit dem  Schmallenberg-Virus infizieren. Eine Infektion zu diesem Zeitpunkt kann dazu führen, dass
sich die ungeborenen Kitze, Kälber oder Lämmer ebenfalls infizieren und mit einer Hirnhautentzündung geboren werden. Dieses Jungwild ist nicht lebensfähig und fällt innerhalb kurzer Zeit nach der Geburt. Die Auswirkungen des Schmallenberg-Virus können für das heimische Wild also gering ausfallen. Da aber noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen, ist die Mithilfe von Jägern und Landwirten bei der Erforschung dieser Erkrankung
sehr wichtig. Es ist zu erwarten, dass aufgrund von hoher embryonaler Sterblichkeit die Anzahl an Jungwild in diesem Jahr deutlich unter dem Zuwachs anderer Jahre liegt.
Bei erwachsenem Wild muss in seltenen Fällen mit dem Auftreten von  Hirnhautenzündungen gerechnet werden. Diese Stücke sind verhaltensauffällig, eventuell
blind oder verlieren die Scheu vorm Menschen. Zur Erforschung und zum Verständnis
der Auswirkungen einer Infektion mit SBV auf das heimische Wild ist es wichtig, dass auffällige Stücke und Fallwild zur pathologischen Untersuchung an die staatlichen Veterinäruntersuchungsämtern gebracht werden. In Nordrhein- Westfalen führt das Friedrich- Loeffler-Institut in Zusammenarbeit mit der Wildforschungsstelle in Bonn derzeit ein Monitoring von Blutproben erlegter und gefallener Wildwiederkäuer durch. Für die
Jagden im Herbst wäre es sinnvoll, ein bundesweites Wildwiederkäuermonitoring mittels Blutproben auf SBV einzurichten.

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