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Schwarz – weiße Strecke

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Tobias Thimm

AUS DEM WILD UND HUND-TESTREVIER: Die Hüttenjagd führt heute ein Schattendasein bei der Jagd auf Rabenvögel. Freundliche Lockbilder haben ihr den Rang abgelaufen. Wir haben die vielerorts vergessene Methode ausprobiert.

„Was ist das denn?“, dachte ich bei mir, als ich etwas enttäuscht die hohle graue Uhuattrappe aus dem DHL-Paket nahm. Das Konstrukt erinnerte eher an eine Mischung aus Truthahn und Nebelkrähe. Nach dem Bearbeiten mit einer Airbrush-Pistole, den Federn einer Fasanenhenne und ein paar Töpfchen Modellbaufarbe war der Lockvogel dem  Nachtgreif dann deutlich ähnlicher. Zudem hatte die jagdliche Bastelei im heimischen Keller einen hohen Spaßfaktor. Doch wie sollte sich der künstliche Hüttenvogel in der Praxis schlagen – würden die Rabenvögel Obertiefenbachs auf die Attrappe hassen?
An einem milden Novembermorgen war es soweit. Kollege Peter und ich stellten in aller Herrgottsfrühe den Tarnschirm in einem Busch an einer Streuobstwiese auf. Der Plastikuhu
wurde auf einer Jule festgezurrt und zwei beflockte Krähen ein Stück weit daneben gesetzt. Zudem fixierten wir eine tote Elster in den Fängen des Uhus. Als Fallbaum sollte ein wenige
Meter enfernter, knorriger Nussbaum dienen. Der Horizont war von der Morgensonne
bereits vollständig rot gefärbt, als uns das „Tschak-tschak-tschak“ einer Elster zusammenzucken ließ. Doch der Himmel blieb leer. Weit und breit war keine der schwarz-weißen Eierdiebe zu sehen. Wenn man im Testrevier von einem Besatz von nur 40 Elstern ausgeht, wobei der Wert möglicherweise zu niedrig angesetzt ist, und jede nur zwei Singvogelnester im Jahr plündert, wird deutlich, warum die Bejagung dieser Rabenvögel eine wichtige Hegemaßnahme sein kann. Wie aus dem Nichts fliegt eine bläulich schimmernde Gefiederte im typischen Wellenflug über unsere Köpfe hinweg. Sie kam urplötzlich von hinten. Laut schimpfend fällt die Elster über dem Uhu in den Fallbaum ein. Sie hat ihre Schwingen noch nicht angelegt, als die Garben sie durchs Geäst wirbeln. Dumpf plumst das Stück ins Gras. Etwas Flaum segelt langsam hinterher. Die Schrotschüsse scheinen eine Schlafgemeinschaft hochgemacht zu haben. Ein ganzer Trupp Elstern kreist wenig später lärmend über dem Lockbild. Zwei fallen. Von den erhofften Krähen kam an diesem Vormittag lediglich eine in Anblick und wurde erlegt.

Die Uhuattrappe reizt Rabenvögel. Das machte der Testeinsatz deutlich. Etwas  überraschend war die gute Lockwirkung auf Elstern. Nach dem Ansitz von zweieinhalb
Stunden lagen dann insgesamt drei Elstern und eine Krähe auf der Strecke. Mehrere Schwarz-weiße entkamen unbeschossen, da sie außer Schussweite einfielen.

Moderne Hüttenjagd mit Schirm statt Hütte und Attrappe anstelle des lebenden Aufs.
Fotos: Peter Schmitt
Diese Elster kam unbeschossen davon. Fotos: Peter Schmitt

Die Jagd mit dem Hüttenuhu ist sicherlich nicht so effizient wie der Ansitz am freundlichen Lockbild. Sie kann aber am Saisonende noch Strecke bringen. Besonders wenn die örtlichen Rabenvögel gängige Lockbilder bereits mit Gefahr verknüpfen. Unsere Großväter wussten die Hüttenjagd – damals mit dem lebenden Auf – zu schätzen. Sie ist eine spannende Jagdart, von der man jedoch nur noch wenig hört oder liest, und die es nicht verdient hat, in Vergessenheit zu geraten.

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