Augen auf beim (Gebraucht-)Waffenkauf

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Wer beim Gebrauchtwaffen-Kauf keine Enttäuschung erleben möchte, sollte eine Reihe von Punkten beachten.

 

Übermäßige Geschossablagerungen im Lauf (Tombak) beeinflussen die Schußleistung.

Von Helmut Kinsky

Wer WILD UND HUND liest, dem wird nicht entgehen, dass in jeder Ausgabe eine große Zahl gebrauchter Jagdwaffen der unterschiedlichsten Konstruktionen und Kaliber angeboten werden. Die Annoncen sind teilweise von gewerblichen Verkäufern (Büchsenmacher und Waffenfachhändler), aber im wesentlichen sind es Jäger, die sich von ihrer „Gebrauchten“ trennen wollen.

Sicher ist für den einen oder anderen unter den Angeboten etwas dabei, was er gern erwerben würde. Aber sofort stellt sich die Frage, ob für den geforderten Kaufpreis auch der entsprechende Gegenwert geliefert wird, insbesondere was Funktion und Schussleistung betrifft.

Wird eine gebrauchte Waffe von einem Büchsenmacher oder Waffenfachhändler erworben, so ist davon auszugehen, dass die Waffe überprüft worden ist. Bei einem Privatverkauf ist in den seltensten Fällen die Waffe vor dem Verkauf von einem Fachmann auf Herz und Nieren untersucht worden. Deshalb muss der Käufer jetzt selbst beurteilen, ob die Waffe seinen Anforderungen entspricht. Bei der Vielzahl von Repetierbüchsen-Konstruktionen ist das für einen Jäger schwierig, der sich nur am Rande mit den technischen Gegebenheiten dieser Waffen beschäftigt. Er wird nur einem kleinen Teil der nachfolgend aufgeführten Prüfkriterien selbst nachgehen können, weil ihm die entsprechenden Geräte fehlen, die zur Überprüfung verwendet werden müssen.

Wie man dennoch eine gebrauchte Repetierbüchse von einem Privatmann kaufen und sich auch noch sicher sein kann, keinen Fehlgriff zu landen, wird am Ende des Artikels erläutert.

Auf was ist also zu achten, wenn eine Gebrauchtwaffe gekauft werden soll? Im wesentlichen sind es der Zustand der Waffe, Funktionsfehler und die Schussleistung.

Zustand der Waffe

Der äußere und innere Zustand der Waffe lässt Rückschlüsse auf den Lebenslauf der Waffe zu und vor allen Dingen, wie der Verkäufer bisher damit umgegangen ist. Eine abgegriffene Brünierung, Oberflächenbeschädigungen des Schaftes und des Zielfernrohrkörpers, verkratzte Linsen, um nur einiges zu nennen, lassen darauf schließen, dass die Waffe intensiv geführt worden ist.

Rost und Schmutz zeigen, dass der Verkäufer nicht sonderlich viel von der Pflege seiner Waffe hält. Dies hat nicht nur Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild. Funktion und Schussleistung werden direkt durch schlechte Pflege beeinflusst.

Hilfreich ist der Blick in die Laufbohrung einer Repetierbüchse, die gebraucht gekauft wurde. Doch Vorschicht: Eine rotbraune Färbung ist kein Rost, sondern Ablagerungen des Tombakmaterials der abgefeuerten Geschosse. Nach allen Erfahrungen verschlechtern diese Ablagerungen die Schußpräzision erheblich. Das Entfernen macht viel Arbeit. Es müssen zeitaufwendige intensive Behandlungen mit tombaklösenden Mitteln durchgeführt werden. Bei starken Rückständen wird das auch nicht helfen, hier kann nur die Stahlbürste den Lauf frei machen.
Wenn eine Waffe mit einem derart zugeschmierten Lauf angeboten wird, sollte der Verkäufer auf jeden Fall zuerst eine Reinigung vornehmen. Denn schon geringe Ablagerungen, die sich wie schwacher Rostanflug darstellen, können sich in Form eines größeren Streukreises äußern.

Der empfindlichen Laufbohrung ist ohnehin besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Ungeschützt kann es in Verbindung mit Rückständen und/oder Feuchtigkeit zu Korrosion kommen, die vom Auge, das die Laufbohrung kritisch beurteilt, noch gar nicht wahrgenommen werden kann. Erst der Blick mit dem optischen Laufinnenbetrachter zeigt die Rostentwicklung, die nur durch intensive Pflege, wenn überhaupt, gestoppt werden kann.

Zeigt sich einem interessierten Käufer eine Repetierbüchse in stark gebrauchtem Zustand und darüber hinaus noch ungepflegt, dann muss besonders kritisch geprüft werden, ob dadurch Funktion und Schussleistung negativ beeinflusst werden.

Leider gibt es viele Möglichkeiten, die dazu führen können, dass die Funktion, aber mehr noch die Schussleistung eines Repetierers, nachteilig beeinflusst wird. Das Nachstehende soll den Blick dafür schärfen, auf was alles geachtet werden muss.

Zunächst wird der Verschluss geprüft. Er muss sich, je nach Konstruktion, zügig und ohne „Verhakungen“ schließen und öffnen lassen. Sinnvollerweise wird der Schlossgang mit einer Exerzierpatrone (!) des entsprechenden Kalibers geprüft. Dabei lässt sich dann gleichzeitig das Zuführen der Patrone aus dem Magazin in das Patronenlager ermitteln. Dies muss, auch bei einem schnellen Repetiervorgang, reibungslos gehen. Zur Prüfung des Verschlusses gehört auch, dass er auf Verschleißerscheinungen, Stauchungen und seine Verriegelungsfähigkeiten untersucht wird.

Die Prüfung der Sicherung schließt sich an. Sie darf, wenn gesichert ist, auch bei sehr kräftiger Betätigung des Abzugs den Schlagbolzen nicht auslösen lassen. Ihre Endstellungen müssen eindeutig sein, Zwischenstellungen soll sie nicht einnehmen können. Der Kraftaufwand für die Betätigung darf nicht zu gering, aber auch nicht zu schwer sein (Gefahr des unbeabsichtigten Entsicherns).

Besondere Aufmerksamkeit ist dem Abzug zu widmen, sei es ein Flintenabzug, Deutscher Stecher oder Rückstecher. Der Abzug darf aus Sicherheitsgründen nicht zu leicht stehen, aber auch nicht zu schwer, sonst steigt die Möglichkeit, den Schuss zu verreißen. Beim Stecherabzug ist zu prüfen, ob mit der sogenannten Stecherschraube ein definiertes Einstellen möglich ist. Der Käufer der Waffe muss prüfen, ob die Charakteristik eines Flintenabzuges der „Sensibilität“ seines Schießfingers entspricht.

Fehler am Schaft

Auch bei einer Repetierbüchse gilt, dass der Schaft dem Schützen liegen muss. Daher ist zu prüfen, ob mit montiertem Zielfernrohr bei schnellem Anschlag die Waffe so liegt, dass ohne wesentliche Kopfveränderungen der Blick zentral durch das Zielfernrohr gerichtet ist. Eine Gummischaftkappe zur Minderung des Rückstoßes ist nützlich.

Eine gute Einschäftung des Systems im Schaft sowie Schaftholz, das sich bei wechselnden klimatischen Verhältnissen möglichst wenig verzieht, sind Voraussetzungen für eine gute Schussleistung. Es sollte gewährleistet sein, dass der Lauf im Schaft bei der Schussabgabe frei schwingen kann. Dafür muss genügend freier Raum zwischen Lauf und Schaft sein. Die Stärke einer Postkarte, die in den Zwischenraum passen soll, ist zu wenig. 1 bis 1,5 mm Platz sollte schon sein, damit auch bei ausgeprägten Schwingungsanschlägen der Lauf nicht am Schaft anschlagen kann. Treffpunktlageveränderungen und Vergrößerung der Streuung wären die Folge. Häufig wird auch vergessen, dass Stutzenläufe freigeschäftet sein müssen.

Besonderes Augenmerk muss auf die Befestigung des Systems im Schaft gerichtet werden. Das Mauser-System 98 ist beispielsweise mit zwei Scheiben befestigt. Verzieht sich das Schaftholz, kommt es zwangsläufig zu Spannungen im System mit Folgen für die Schussleistung. Soll festgestellt werden, ob ein System unter Spannung steht, wird die vordere Befestigungsschraube gelöst. Verändert das System dabei seine Lage (in der Regel hebt sich der Lauf mehr oder weniger aus dem Schaft), ist dies ein Zeichen dafür, dass in festgeschraubtem Zustand eine Verspannung eintritt. In einem solchen Fall hilft nur eine fachgerechte Einbettung des Systems in einen mit Kunstharz ausgegossenen Schaft.

Eine weitere Stelle am Schaft, die man sich ansehen sollte, ist der Bereich der Systemverlängerung auf der Oberseite des Kolbenhalses. Hat das System keinen festen Sitz, wird es im Schaft zurückgeschossen, und es kommt zu Einrissen an der Stelle.

Zielfernrohrmontage und Zielfernrohr

Unsere Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass in sehr vielen Fällen die Zielfernrohrmontage verantwortlich ist, wenn es Probleme mit der Schussleistung gibt. Im wesentlichen ist es die Suhler-Einhakmontage (SEM), die durch Mängel auffällt. Nicht sachgerechte Herstellung und falsche Handhabung schaden ihrem Ruf.

Die Fehlermöglichkeiten sind mannigfaltig:

  • Spiel der Füße in den Fußplatten
  • die Füße sitzen nicht richtig auf den Fußplatten auf
  • der Verriegelungsschieber zieht nicht an
  • das Zielfernrohr steht nach dem Einhaken unter starker Spannung

Der zuletzt genannte Fehler kann ebenfalls die Schussleistung beeinflussen. Wird der Verriegelungsschieber zurückgezogen, federt das Glas deutlich auf. Ob die vorhandene Spannung sich auf die Schussleistung auswirkt, kann nur der Fachmann beurteilen.

Die Prüfung einer Zielfernrohrmontage erfordert sehr gute Fachkenntnisse, die ein „normaler“ Jäger nicht haben kann. Insofern ist es praktisch unmöglich für ihn, die Qualität der Montage eines gebrauchten Repetierers zu beurteilen.

Auch beim Zielfernrohr können Mängel vorhanden sein, die den Kauf einer Waffe uninteressant machen. Zum Beispiel kann bedingt durch eine lose Objektivlinse oder ein loses Absehen das Zielfernrohr nicht schussfest sein. Dies lässt sich in der Regel nur mit einem Spezial-Gerät, dem Kollimator, feststellen.

Ebenfalls kann es ausgeprägte Parallaxe haben, d. h., dass sich das Absehen auf dem Zielbild verschiebt, wenn beim Zielen der Kopf hinter dem Okular bewegt wird. Ferner kann es sein, daß sich die Vergrößerungs- und Dioptrienverstellung nicht bewegen lassen.

Moderne Zielfernrohre haben ein zentriertes Absehen. Für den Betrachter bleibt bei der Verstellung zur Höhe und zur Seite hin das Absehen optisch immer in der Mitte des Sehfeldes stehen. Dies birgt die Gefahr, wie wir häufig beobachten müssen, dass das Zielfernrohr so montiert worden ist, dass beim Einschießen der Waffe schon die Endpunkte der Absehenverstellung erreicht sind. Dann sind keine Treffpunktlage-Korrekturen mehr möglich. Wer das jeweilige Zielfernrohr nicht in seinen Einzelheiten kennt, wird dies ohne weiteres nicht feststellen.

Vorsicht ist auch bei Zielfernrohren mit variabler Vergrößerung geboten, bei denen das Absehen in der 2. Bildebene (Okular-Bildebene) liegt. Man erkennt diese Zielfernrohre daran, dass das Absehen sich beim Verstellen der Vergrößerung in seiner Größe nicht verändert. Wenn bei diesen Gläsern die Mechanik der Vergrößerungseinstellung nicht sauber gearbeitet ist, dann ergeben sich bei der Verstellung der Vergrößerung Treffpunktlageveränderungen. Wir haben festgestellt, dass nur die guten Marken-Zielfernrohre die Anforderungen erfüllen.

Schussleistung

Eine wesentliche Eigenschaft einer Repetierbüchse muss sein, dass sie eine gute Schussleistung aufweist. Ohne diese zu prüfen, sollte keinesfalls ein gebrauchtes Gewehr gekauft werden.

Das bisher Gesagte macht deutlich, dass viele Einflussmöglichkeiten vorhanden sein können, die sich nachteilig auf die Streuung der Geschosse auswirken. Wer es sich selbst zutraut, sollte daher auf einem 100-m-Schießstand (nicht im Revier!) diese Prüfung vornehmen. Dazu gehört zunächst, dass eine richtige Auflage für das Gewehr geschaffen wird, um präzise schießen zu können.

Welche Anforderungen sind an die Schussleistung zu stellen? Wenn davon ausgegangen wird, dass zur Erzielung eines einigermaßen aussagekräftigen Schussbildes fünf Schüsse abgegeben werden sollten, ist eine Streuung bis fünf Zentimeter bei 100 Meter Schussentfernung als völlig ausreichend anzusehen. Berücksichtigt werden muss, dass nicht jeder Geschosstyp eine gleich gute Schusspräzision aus der jeweiligen Waffe ergibt. Sollte also die Streuung zu groß sein, dann ist es ratsam, noch einmal mit einem anderen Geschoss zu schießen. Kleinere Kaliber sollten nicht bei starkem Wind und heftigem Regen geschossen werden, da diese Störungen die Streuung ungünstig beeinflussen.

Sinnvoll ist es, die abgeschossenen Hülsen zu betrachten. Ist der Schlagbolzeneinschlag kräftig, und sitzt er mittig auf dem Zündhütchen? Gibt es eventuell sogar Zündhütchendurchbläser? Konnte die Hülse nur mühsam aus dem Patronenlager gezogen werden? Weist sie auffällige Deformierungen auf? Dies sind einige Punkte, auf die geachtet werden sollte.

Die Hinweise, auf was alles zu achten ist, wenn man beim Kauf einer Repetierbüchse nicht die „Katze im Sack“ kaufen will, ließen sich noch weiter fortführen. Es sollte damit aber deutlich gemacht werden, dass von einem waffentechnisch nicht versierten Jäger aufgrund fehlender Erfahrung und technischer Hilfsmittel (Mess- und Prüfgeräte) nur ein kleiner Teil der Prüfungen durchgeführt werden kann.

Um eine gebrauchte Waffe zu kaufen, gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Die einfachste Methode ist natürlich, die Waffe zu besichtigen und bei Gefallen zu kaufen. Das kann aber gehörig ins Auge gehen, denn gravierende Mängel können dem Käufer nicht auffallen, und was die Schussleistung angeht, ist er auf die Aussagen des Verkäufers angewiesen.

Besser ist es dann schon, sich im Beisein des Verkäufers auf dem Schießstand von der Funktion und Schussleistung zu überzeugen. Dies grenzt das Übersehen eventuell vorhandener Mängel zwar erheblich ein, aber die optimale Lösung ist es immer noch nicht. Die kann eigentlich nur so aussehen, dass der Verkäufer dem Käufer die Waffe mit Zubehör für einige Tage überlässt, damit man Gelegenheit hat, sie bei einem Büchsenmacher seines Vertrauens oder bei der DEVA überprüfen und begutachten lassen kann. Dafür muss der Käufer dann einen bestimmten Betrag als Sicherheit hinterlegen.

Verkaufsfördernd wäre mit Sicherheit, wenn der Verkäufer sich für die zum Verkauf vorgesehene Waffe eine Expertise anfertigen lässt, die er dann jedem Kaufinteressenten vorlegen könnte.

Immer wieder erstattet die DEVA für Gerichte Gutachten, bei denen es um die Wandlung des Kaufes einer Gebrauchtwaffe wegen nachträglich festgestellter Mängel geht.

Bei einer eingehenden Prüfung der Waffe vor dem Kauf und Abschluss eines präzisen Kaufvertrages gäbe es mit Sicherheit viel weniger unzufriedene Käufer, und der Gang zum Gericht würde überflüssig.

Der Schaft des Stutzens liegt am Lauf an.

 

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