R93 gegen M 98: Dreck macht Schreck

7303


In einem Test hatten wir überprüft, wieviel Dreck die Verschlüsse des M 98 und des R93 verkraften. Das erschien einigen Lesern zu praxisfern. Daher haben wir mit versandeten „Patronen-Dummies“ den Test wiederholt.

 

Bei der R93 fliegt der Sand nach allen Seiten weg und behindert den Repetiervorgang nicht.

Funktionsstörungen bei versandeten Büchsen wären viel früher eingetreten, wenn sich Patronen im Magazin befunden hätten“, so eine der Aussagen im Artikel „Leise rieselt der Staub“. Warum hatte man den Test nicht mit „Dummies“ durchgeführt, lautete daraufhin die Kritik zweier Leser. Leser Günter Helmig aus W. argwöhnte: „Man konnte den Eindruck gewinnen, der Sand sollte nicht nur die Waffenverschlüsse, sondern auch die Augen der Leser treffen (…) Es ist doch total uninteressant, nach wie viel Kubikzentimetern Sand sich ein Verschluss (ohne Patrone!) noch schließen lässt (…)

Ansonsten wünsche ich jedem Waidgenossen für den Fall des Falles, dass ihm im Revier oder in der Wildnis der Wasserstrahl zur Schnellreinigung auch zur Verfügung steht…“. Büchsenmachermeister Peter Meihs aus N. kritisierte: „Ob der Verschluss einer sandigen, ungeladenen Waffe sich schließen lässt oder nicht, ist egal. Sinnvoll ist es, die Waffen geladen zu versanden, schrittweise von einigen Körnchen bis ,Sahara total’. Der in der Praxis häufigste Fall von ,Sand im Getriebe’ entsteht durch heruntergefallene Patronen oder in der Tasche verschmutzte Munition. Es ist bekannt, dass die R93 höchst sensibel auf minimal übermaßige Munition reagiert. Selbst geringe Verschmutzungen verhindern die Schussabgabe“.

Dazu lässt sich folgendes sagen: Reinigen mit dem Wasserstrahl dürfte eigentlich nirgendwo ein Problem darstellen, denn entweder gibt es vor Ort Wasser oder man führt es in ausreichender Menge mit. Wenn jedoch alle Stricke reißen sollten und die Umstände eine Reinigung zwingend erfordern, existiert immer noch der bescheidene (Not-)Vorrat aus der Blase.

Einen Repetierer im Einsatz mit versandeter Munition aus der Patronentasche oder mit heruntergefallenen Patronen zu beschicken, bedeutet, ihn vorher mit vier Schüssen aus der R93 oder bis zu fünf Schüssen aus dem M 98 geleert zu haben. Peter Meihs hat jedoch recht. Es können im Jagdbetrieb immer wieder Situationen eintreten, die ein Nachfassen bedingen.

Patronenlager der R93 geändert

Überschneidungen von minimalen Maßen des Patronenlagers nach der europäischen CIP-Norm und maximal zulässigen der Munition nach (der davon abweichenden) US-Norm führten in der Vergangenheit gelegentlich zu den angesprochenen Problemen. Nach Auskunft von Blaser werden jedoch seit geraumer Zeit in Zusammenarbeit mit dem Beschussamt Ulm die Patronenlager so eingerichtet, dass sie auch die Munitionstoleranzen der US-Norm verdauen.

Nach wie vor bin ich der Meinung, dass man mit verdreckten Waffen nicht operieren soll, denn wer garantiert schon, dass Sand im Verschluss nicht auch Dreck im Lauf bedeutet. Doch um Anwürfen entgegenzuwirken, man hätte an der Praxis vorbei experimentiert oder gar etwas zu verbergen, wurden die Versuche noch einmal mit pulverlosen Patronen im Kaliber .30-06 gestartet. Die erste Phase sah Laden und Repetieren mit versandeter Munition vor. Hier funktionierten beide Systeme (mit schmirgelnden Geräuschen beim Schließen) anstandslos.
Die zweite Phase beinhaltete das Berieseln der Verschlüsse mit Sand und zwar durchgeladen sowie mit restlos gefülltem Magazin. Der „Sandhaufen“ auf dem Verschlussstück des R93 konnte die Funktionstüchtigkeit des Geradezugs in keiner Weise beeinträchtigen, denn die feinen Körner fanden an den gleitenden Flächen keinen Halt, flogen daher entweder weg oder rieselten in den Magazinschacht. Zuführen und Auswerfen der Patronen erfolgten dagegen so schnell, als hätte es keinen Sand gegeben.

Ganz anders beim M 98: Der führte die zweite Patrone zwar noch zu, doch das erneute Repetieren erforderte schon erheblichen Kraftaufwand, und der folgende Versuch brachte das Ende. Jetzt klemmte die Kammer in der Hülsenbrücke und tat keinen Mucks mehr. Zum Verhängnis wurde ihr das von vielen hochgelobte Spiel beim Zurückziehen. Es führt nämlich bei großem Widerstand fast zwangsläufig zum Verkanten und deshalb keilen sich die Sandkörner ein. Die erste Operation brachte demnach schon einen toten Patienten.

Dagegen verdaute der R93 sowohl noch einen weiteren Komplettdurchgang als auch ein separates Berieseln des gefüllten Magazins mit Sand. Probleme mit der Zuführung traten hier erst auf, nachdem jenes leerrepetiert und erneut beschickt war. Schuld daran trug die Sandschicht im Boden des Magazinschachtes, denn die trieb das Magazin nach oben. Doch nach Entleeren des Bodensatzes war der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt, und die Büchse ließ sich wie gehabt repetieren sowie feuerbereit machen. Entgegen landläufiger Meinung ist übrigens der Verschluss der R93 zwangsgesteuert und hängt nicht von Federkraft ab. Sobald der Verschlusskopf auf Widerstand stößt, spreizt sich die Hülse formschlüssig auf und verriegelt durch die Vorwärtsbewegung des Kammergriffs.

Aus Sicherheitsgründen wiederum ist die Waffe erst in voll verriegeltem Zustand schussbereit. Dazu muss der Kammergriff in vorderer Stellung einrasten. Und genau das tat er während der gesamten Versuchsreihe.

Obwohl die R93 ihre Schmutzresistenz eindrucksvoll unter Beweis stellen und diesbezüglich an der Legende System 98 kratzen konnte, ändert das nichts an der Tatsache, dass Dreck Schreck macht und nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte.

Lesen Sie auch $(LB:den ersten Teil des Tests.)

So sieht das Innenleben nach ausgiebiger Versandung aus. Die gleitenden Flächen der R93 (oben) sind schmutzfrei und funktionstüchtig

 

ANZEIGE

ANZEIGE
Aboangebot