Eine Selbstladeflinte muss schon einiges an Qualität, Leistung und Praxistauglichkeit bieten, um die in Deutschland herrschenden Vorurteile gegen diese Waffenart zu überflügeln. Die neue Beretta AL 391 Urika stellt sich dieser schwierigen Aufgabe. Matthias Klotz war in Gardone und konnte erste Eindrücke von der Waffe gewinnen.
Führig und allen Schrotladungen „gewachsen“ – das sind die Attribute der Beretta AL 391 Urika |
Beim Blick auf die IWA-Neuheit von Beretta stellt sich sofort eine bohrende Frage: „Was bitte bedeutet der Beiname Urika?“ Ausgestattet mit den Italienischkenntnissen aus dem Studium der Pizzeria-Speisekarte lässt sich das Rätsel aber nicht lösen. Kein Wunder, denn bei der Taufe des Erlkönigs aus Gardone bemühte der Hersteller die indianische Sprache. Ins Deutsche übersetzt heißt der Begriff soviel wie „Vielseitigkeit“. Warum aber wird gerade diese Eigenschaft in den Produktnamen aufgenommen?
Der „denkende“ Gasdrucklader
Die Antwort gibt das spezielle Gasregulierungssystem, das die Beretta-Konstrukteure bereits beim Vorgängermodell AL 390 verwirklicht haben. Ein Ventil „portioniert“ den Gasdruck automatisch so, dass unabhängig von der verschossenen Patrone immer genug Druck für den
Ladevorgang bereitgestellt wird und zudem keine Druckspitzen entstehen. Die Vielseitigkeit bedeutet also, dass jede Patrone verdaut und störungsfrei geladen wird.
Soweit die Theorie, doch ob die Waffe wirklich „lädt, was sie verspricht“, sollte ein Schießstandbesuch zeigen. Beim ersten „in die Hand nehmen“ fiel das geringe Gewicht der neuen Flinte auf, das zwischen 2,7 Kilogramm im Kaliber 20/76 und 3,3 Kilogramm für die Sportversion liegt. Das Jagdmodell im Kaliber 12/76 siedelt bei 3,0 Kilogramm – ein Begleiter also, der nur wenig ins Gewicht fällt.
Auf der Trap-Anlage wurde auf jedem Stand eine andere Patrone geladen. Von der 24-Gramm-Subsonic, der 28-Gramm-Sport, der 32- und der 36-Gramm Jagd bis hin zur 57-Gramm-Super-Magnum war alles dabei. Die Urika machte ihrem Namen alle Ehre und glänzte durch tadellose Funktion.
Wenig Spaß bereitete es jedoch, diese Zuverlässigkeit mit der Super-Magnum zu testen. Hier tritt die leichte Flinte aus wie ein italienischer Vollblut-Hengst, so dass man sich nach zwei, drei Schuss unweigerlich Gedanken über die Festigkeit seiner Zahnplomben macht. In der Praxis hat eine solche „Niederwild-Artillerie“ aber keine Bedeutung, so dass das Waffengewicht keinesfalls zu gering gewählt wurde.
Handling und Design
Das Handling einer Flinte und vor allem ihr Schaft sind die entscheidenden Schlüssel zum Erfolg, sprich zum Treffer. Hier besticht die Urika durch einen verstellbaren Nussbaumschaft, bei dem mittels einer Schraube die Schränkung sowohl für Rechts- als auch für Linksschützen eingestellt werden und zudem die Senkung im Bereich von 50 bis 65 Millimeter variiert werden können. Die Hinterschaftlänge wiederum lässt sich durch das Anbringen unterschiedlich dicker Abschlusskappen dem Jäger anpassen.
Neu gestaltet wurde auch der Pistolengriff-Winkel, der jetzt etwas steiler ist und so dem Schützen einen besseren Halt bieten soll. Die Sicherung liegt nach wie vor als seitlicher Schieber vorn im Abzugsbügel und sperrt, wie schon beim Vorgängermodell, lediglich das Züngel.
Besondere Mühe gaben sich die Beretta-Konstrukteure bei der äußeren Gestaltung ihres jüngsten Sprosses. Das heißt, sie gaben sich eigentlich gar keine Mühe, sondern bemühten vielmehr die bekannte italienische Design-Schmiede Giugiaro.
Deren Handschrift tragen nun der Abzugsbügel, der Vorderschaft mit der Abdeckkappe für das Gasrdruckegulierungs-System, der Übergang von Fischhaut zum Verschlusskasten sowie der im Preis enthaltene Waffenkoffer.
Das Ergebnis bleibt letztendlich Geschmackssache. Fest steht jedoch, dass die Waffe einen recht „schnittigen“ Eindruck macht, der sich vom klobigen Äußeren mancher Mitbewerber abhebt.
Der erste Eindruck ist also recht positiv. Bleibt die Frage, ob es der Beretta AL 391 Urika gelingen wird, in Deutschland den Durchbruch zu schaffen. Für den Hersteller jedenfalls wäre das eine willkommene Überraschung, denn der anvisierte Käufermarkt liegt wohl eher in Südeuropa, wo sich Selbstladeflinten größter Beliebtheit erfreuen und die dortigen Jäger die Urika sicher schon sehnsüchtig erwarten.