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Klarheit bei Wildschäden (4)

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Ob im Mais, im Hafer oder in der Buchen-Kultur – Wildschäden sind für jeden Pächter ein zentrales Problem. „Zahlen oder nicht?“ lautet die Kernfrage, Informationen sind entscheidend. Damit Sie sich nicht im Paragraphen-Dschungel verirren, stellt Mark G. v. Pückler dieses wichtige Thema für Sie dar.

7. Wildschadensersatz-Pauschalen

Vielfach wird in Pachtverträgen der Ersatz von Wildschäden durch eine Pauschale abgegolten. Das hat für beide Seiten den Vorteil, dass jeder weiß, woran er ist: Der Pächter muss keine höheren Leistungen befürchten, der Verpächter kann mit einer festen Summe rechnen.

Wird dies in einem Individualvertrag, also in einem Vertrag, dem kein Vertragsformular zugrunde liegt bzw. für den kein solches Formular verwendet wurde, vereinbart, so bestehen gegen eine solche Regelung keine Bedenken. Ebenso ist es, wenn zwar ein Formularvertrag verwendet wurde, gleichzeitig darin aber dem Pächter die Möglichkeit eingeräumt wird, nachzuweisen, dass kein oder nur ein wesentlich geringerer Schaden eingetreten ist.

Das ergibt sich aus § 11 Nr. 5b des Gesetzes zur Regelung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz), wonach in allgemeinen Geschäftsbedingungen (= Formularvertrag) die Vereinbarung eines pauschalen Anspruchs auf Schadensersatz unwirksam ist, wenn dem anderen Vertragsteil (= Pächter) nicht der Nachweis ermöglicht wird, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale ist (Verbraucherschutz).

Eine Wildschadensersatzpauschale ist also nach derzeitiger Rechtsprechung nur dann ungültig, wenn sie

  • in einem Formularvertrag enthalten ist (in den z. B. nur noch die Höhe einzusetzen ist) und zusätzlich
  • in dem Vertrag nicht vorgesehen ist, dass der Pächter die Möglichkeit hat nachzuweisen, dass überhaupt kein oder nur ein wesentlich geringerer Schaden eingetreten ist.

Ist hiernach die Wildschadensersatzpauschale unwirksam, so bleiben die übrigen Bestimmungen des Pachtvertrages gültig. An die Stelle der ungültigen Pauschalregelung tritt die gesetzliche Regelung des Wildschadensersatzes, d. h. die Wildschäden müssen rechtzeitig angemeldet, festgestellt und bewertet werden.

Das kann aber nur für künftige Schäden gelten, weil für die zurückliegenden die Anmeldefrist abgelaufen ist, so dass für vergangene Schäden kein Ersatz mehr verlangt werden kann (Anmeldefrist = Ausschlussfrist, siehe Abschnitt 6.2 in WuH 23/2000, S. 95).

Zu beachten ist aber, dass nur die Pauschale für Schadensersatz ungültig ist, nicht auch eine etwaige separate Pauschale als Beitrag zu den Kosten für Wildschadensverhütungsmaßnahmen. Diese Pauschale bleibt wirksam.

Sind aber beide Pauschalen in einer einheitlichen Pauschale zusammengefasst, so ist die Pauschale insgesamt unwirksam, wenn nicht erkennbar ist, in welcher Höhe sie für Schadensersatz und für Verhütungsmaßnahmen gilt.

$(kursiv:Beispiele:)
Der Pächter zahlt eine Pauschale von 10 DM/ha zur Abgeltung der Wildschäden und eine Pauschale von 5 DM/ha zur Abgeltung der Wildschadensverhütungsmaßnahmen: Die Pauschale von 10 DM ist ungültig, die von 5 DM ist gültig.

Der Pächter zahlt eine Pauschale von insgesamt 15 DM/ha zur Abgeltung der Wildschäden und der Wildschadensverhütungsmaßnahmen: Die Pauschale ist insgesamt ungültig, weil nicht erkennbar ist, welcher Anteil auf den Wildschadensersatz und welcher auf Wildschadensverhütungsmaßnahmen entfällt.

Ist die Wildschadensersatzpauschale ungültig und hat der Pächter in den vergangenen Jahren bereits die Pauschale gezahlt, so kann er diese nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangen. Denn die Beträge wurden ohne Rechtsgrund (die vereinbarte Pauschale ist ja unwirksam) geleistet, und dem Verpächter stehen keine Ansprüche zu, mit denen er aufrechnen könnte, insbesondere keine Ansprüche auf Ersatz der in der Vergangenheit tatsächlich entstandenen Wildschäden, weil für diese die Anmeldefrist abgelaufen ist.

Die Verjährungsfrist des Rückzahlungsanspruchs beträgt 30 Jahre (§ 195 BGB), nach anderer Ansicht nur 4 Jahre (vgl. zu Vorstehendem: Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 13.12.1994 – 7 U 151/94-, WuH 19/1995, S. 47; Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 04.12.1997 – 7 U 254/96-, WuH 26/1998, S. 56; Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 10.02.1999 – 1 U 341/97-, WuH 10/2000, S. 56).

Zweifelhaft ist, ob eine Pauschale auch dann ungültig ist, wenn vereinbart wurde, dass der nicht für Wildschäden verbrauchte Betrag dem Pächter nach Ablauf des Jagdjahres zurückgewährt oder ihm für das kommende Jagdjahr gutgeschrieben wird.

Eine solche Übereinkunft dürfte gültig sein, weil sie letztlich auf dasselbe Ziel hinausläuft: Kann der Pächter beweisen, dass überhaupt kein Wildschaden oder ein wesentlich geringerer Wildschaden als die Pauschale eingetreten ist, so kann er Rückgewähr oder Gutschrift verlangen, so dass er im Ergebnis so geschützt ist, wie § 11 Nr. 5b AGB-Gesetz dies bezweckt.

In einem Spezialfall hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass das Entgelt eines entgeltlichen Begehungsscheines auch dann wirksam vereinbart wurde, wenn damit die Jagdausübung und der Wildschadensersatz in einem einheitlichen Betrag abgegolten werden, der Wildschadensersatz also in die Gegenleistung eingeflossen ist. Denn hier handelt es sich nicht um die Abgeltung eines separat übernommenen Wildschadens, sondern um das Entgelt, in das der Betrag zur Abgeltung der Wildschäden als Rechnungsposten einbezogen wurde (Bundesgerichtshof, Urteil vom 08. 10. 1998 – 3 ZR 278/97-, WuH 1/1999, S. 42).

Kurz gefasst

Kein Wildschadensersatz

  • der Schaden nicht von Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen stammt;
  • der Schaden nicht an Pflanzen, Früchten oder der Substanz des Grundstücks (Boden) entstanden ist;
  • der Schaden von ausgebrochenem Gehegewild stammt und dieses noch in fremdem Eigentum steht;
  • der Schaden in befriedeten Bezirken eingetreten ist;
  • der Schaden an einem anderen Rechtsgut eingetreten ist (Folgeschaden, z. B. Beinbruch infolge Kaninchenbaues);
  • der Schaden durch Wiederanbau im gleichen Wirtschaftsjahr hätte ausgeglichen werden können;
  • der Schaden an bereits eingeernteten Früchten entstanden ist (z .B. Kartoffeln in Miete, Heustadel);
  • der Schaden durch ein späteres Ereignis ohnehin eingetreten wäre (z. B. durch Überschwemmung, Hagel o. ä.);
  • der Geschädigte Verhütungsmaßnahmen des Pächters (z. B. Elektrozaun) unwirksam gemacht oder ohne triftigen Grund untersagt hat und dadurch der Schaden eingetreten ist;
  • der Geschädigte den Schaden nicht rechtzeitig angemeldet hat (eine Woche ab Kenntnis oder Kennenmüssen, monatliche Kontrollpflicht);
  • der Geschädigte bei Sonderanpflanzungen die üblichen Schutzvorrichtungen (Drahtgeflechtzäune) nicht erstellt oder nicht instand gehalten hat

$(kursiv:(Ende der Serie))



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