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Der Jäger und seine Zuverlässigkeit (1)

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Für Nichtjuristen verwirrend: Wer im Sinn des
Jagdrechts zuverlässig ist, muss damit noch nicht im waffenrechtlichen Sinn zuverlässig sein. Die Rechtsanwälte
Ralph Müller-Schallenberg und Markus H.-D. Knemeyer aus
Leverkusen stellen in einem Folgebeitrag den jeweiligen
Begriff der Zuverlässigkeit zusammengefasst dar.

Die neuen Landeshundeverordnungen knüpfen das Halten eines Hundes unter anderem auch an die Zuverlässigkeit des jeweiligen Halters, wobei in der Regel auch der Jäger Hundehalter ist. Der Begriff der Zuverlässigkeit findet sich allerdings nicht nur in den Landeshundeverordnungen, sondern auch in den für den Jäger weiter relevanten Bereichen des Jagd- und des Waffenrechts. Der Rechtsbegriff der Zuverlässigkeit ist bedauerlicherweise für die genannten Bereiche nicht identisch, so dass beispielsweise bei Vorliegen der Zuverlässigkeit im jagdrechtlichen Sinne nicht ohne weiteres auf das Vorliegen der Zuverlässigkeit im waffenrechtlichen Sinne geschlossen werden kann.

Der Zuverlässigkeitsbegriff im Jagdrecht

Im Jagdrecht spielt die Zuverlässigkeit im Wesentlichen bei der Versagung oder Entziehung eines Jagdscheines sowie bei der Bestellung eines bestätigten Jagdaufsehers eine Rolle.

Der Zuverlässigkeitsbegriff im Rahmen der Versagung oder Entziehung des Jagdscheins:

Mit bestandener Jägerprüfung steht dem Antragsteller grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Jagdscheins zu, soweit nicht die abschließend in § 17 BJG aufgezählten Versagungsgründe vorliegen (VG Hannover, Beschluss vom 17.05.1999 – 11 B 1883/99).

§ 17 Abs. 1 Nr. 2 BJG zwingt aber die zuständige Untere Jagdbehörde ohne jegliches Ermessen immer dann zur Versagung des Jagdscheins, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller u. a. die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.

Wann ein Antragsteller in jedem Falle – also ohne die Möglichkeit, dieses widerlegen zu können – die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, ist in § 17 Abs. 3 BJG geregelt.

Dies ist der Fall, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, also die tatsachenmäßig belegte Befürchtung besteht, dass der Bewerber gegenwärtig oder zukünftig ein Sicherheitsrisiko darstellt, weil er

  • Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird (zum Beispiel bei schriftlicher Mitteilung, dass man sich mit der Vollstreckung eines rechtskräftigen Strafurteils nötigenfalls mit Waffengewalt widersetzen werde – HessVGH, Beschluss vom 26.10.1990, 3 TH 2935/90)
  • mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen und diese Gegenstände nicht sorgfältig aufbewahren wird (z. B. Waffen in Kinderhänden; Transport von geladener, wenn auch gesicherter Waffe in einem Pkw; bei der Blutalkoholkonzentration von 3,56 Promille – VG Stade, Beschluss vom 02.11. 1990, 2 B 84/90) oder
  • Waffen oder Munition an Personen überlassen werden, die nach dem Waffengesetz zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Verstoß gegen sorgfältige Verwahrung, wenn ein Ehegatte dem anderen die Zugangsmöglichkeit zur Waffe gewährt: BayVGH, Beschl. v. 18.01.1996 – 19 CS 95.3151).

Da es sich um eine Prognoseentscheidung handelt, ist hier eine vorherige strafgerichtliche Verurteilung nicht erforderlich.

Aggressive Schreiben reichen schon

Dagegen besitzt nach § 17 Abs. 4 BJG der Antragsteller nur regelmäßig – also durch den Antragsteller jederzeit widerlegbar – nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, wenn er

  • wegen der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 a-d BJG aufgezählten Straftatbestände zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist und wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind;
  • wiederholt oder gröblich gegen eine in § 17 Abs. 4 Nr. 1 d BJG genannte Vorschrift verstoßen hat;
  • geschäftsunfähig (§ 104 BGB) oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt (§§ 106, 114 BGB) ist;
  • trunksüchtig, rauschmittelsüchtig, geisteskrank oder geistesschwach ist.

Nach einer Entscheidung des OVG Magdeburg (Beschl. v. 19.05.1999 – A 1 S 37/99) genügt beispielsweise zur Verneinung der erforderlichen Zuverlässigkeit bereits, dass der Antragsteller durch die besondere Vehemenz und Aggressivität in Schreiben an Behörden und deren Funktionsträger derart jedes Maß an Selbstbeherrschung vermissen lässt, dass hieraus Rückschlüsse auf eine zu befürchtende Nichtbeachtung des geltenden Jagdrechtes gezogen werden können.

Stasi-Mitarbeit kein Versagungsgrund

Frühere Mitarbeit beim Ministerium für Staatssicherheit, Führungskraft im Staatsapparat oder inoffizielle Mitarbeit bei der Staatssicherheit der ehemaligen DDR stellen grundsätzlich keine Unzuverlässigkeit im Sinne von § 17 Abs. 1 Nr. 3 BJG dar (Sächs. OVG, Urteil vom 19.01.1994 – 1 S 590/92).

Die nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJG erforderliche Zuverlässigkeit kann auch dann verneint werden, wenn keine der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 oder 4 BJG vorliegen, aber sich aus einer Vielzahl sonstiger Vorfälle Hinweise für eine besondere Verantwortungslosigkeit ergeben (OVG Lüneburg, Urteil vom 17.04.1998 – 2 L 49/97).

Letztlich ist in § 17 Abs. 6 BJG geregelt, dass dann, wenn Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach § 17 Abs. 4 Nr. 4 BJG begründen, die Behörde dem Antragsteller die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen Zeugnisses über seine geistige und körperliche Eignung aufgeben kann. Es muss also der Antragsteller die als Versagungsgrund geäußerten Bedenken der Behörde ausräumen, also widerlegen.

Soweit ein Jagdschein bereits erteilt worden ist, muss oder kann dieser über § 18 Satz 1 BJG für ungültig erklärt und eingezogen werden, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins rechtfertigen würden (also z. B. bei fehlender Zuverlässigkeit), eintreten oder der Erteilungsbehörde nachträglich bekannt werden. Im Wesentlichen kann hier auf die obigen Ausführungen zu den Versagungsgründen des § 17 BJG Bezug genommen werden.

Die Zuverlässigkeit für die Bestellung zum bestätigten Jagdaufseher

Ein Jagdaufseher ist nach § 25 Abs. 1 BJG nur dann zum Jagdschutz berechtigt, wenn er durch die Untere Jagdbehörde „bestätigt“ worden ist.

Die Bestätigung erfolgt nach den Vorschriften der einzelnen Landesjagdgesetze, die wiederum das Erfordernis der Zuverlässigkeit aufstellen ( z. B. Bayern Art. 41, Hessen § 31, Nordrhein-Westfalen § 26, Rheinland-Pfalz § 29, Thüringen § 41).

Die Behörde prüft hier – und zwar unabhängig von der bereits bejahten allgemeinen jagdrechtlichen Zuverlässigkeit –, ob der Jagdaufseher auch speziell für die ihm zukünftig zu übertragenden Aufgaben und Befugnisse zuverlässig erscheint.

Die Länder haben hierzu eigene Runderlasse, Verwaltungsvorschriften oder Durchführungsverordnungen erlassen, die das Erfordernis der Zuverlässigkeit zwar ebenfalls aufstellen, diese jedoch nicht näher definieren. Neben für jedes Bundesland speziellen Regelungen ist aber allen landesrechtlichen Ausführungsvorschriften gemeinsam, dass jedenfalls entweder ein aktuelles Führungszeugnis angefordert oder ein bereits im Rahmen der Erteilung des Jagdscheines schon vorliegendes Führungszeugnis nochmals geprüft wird.

Bedenken gegen die Person eines Jagdaufsehers sind regelmäßig bereits dann gegeben, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er die ihm mit der Bestätigung zukommenden (besonderen) Befugnisse nicht korrekt handhaben werde (VGH BaWü, Rdl 1982, 325).

(Wird fortgesetzt; Querverweise auf in dieser Hinsicht relevante Aufsätze und Urteile, die bereits in früheren Ausgaben von WILD UND HUND behandelt worden sind, am Ende des letzten Teils dieser Reihe)



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