Der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes besaß umfangreiche Flächen, die verstreut lagen und dadurch keinen Eigenjagdbezirk bildeten.
Das änderte sich, als am 1.1.1970 der Flurbereinigungsplan in Kraft trat und die Flächen zusammengelegt wurden. Die Untere Jagdbehörde teilte daraufhin dem Grundeigentümer mit, dass seine Flächen ab dem 1.1.1970 einen Eigenjagdbezirk bildeten.
Bis zu diesem Zeitpunkt gehörten die Grundflächen zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk, der bis zum 31.3.1970 an den Pächter P. verpachtet war.
Am 28.12.1968, also noch vor Entstehung des Eigenjagdbezirkes, hatten der Pächter und die Jagdgenossenschaft einen zusätzlichen Pachtvertrag für weitere neun Jahre geschlossen, beginnend am 1.4.1970 (im Anschluss an das Ende des vorherigen Pachtvertrages).
Der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes beanspruchte seinen Eigenjagdbezirk ab dem 1.4.1970 für sich; er beantragte vor Gericht die Feststellung, dass der neue Pachtvertrag (vom 28.12.1968) ihm gegenüber hinsichtlich seiner zum Eigenjagdbezirk gehörenden Grundstücke ungültig sei.
Von Mark G. v. Pückler
I. Die Rechtsgrundlage
„Zusammenhängende Grundflächen mit einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbaren Fläche von 75 Hektar an, die im Eigentum ein und derselben Person oder einer Personengemeinschaft stehen, bilden einen Eigenjagdbezirk.“ § 7 Abs. 1 BJG.
„Wird ein zu einem gemeinsamen Jagdbezirk gehöriges Grundstück veräußert, so hat dies auf den Pachtvertrag keinen Einfluss; der Erwerber wird vom Zeitpunkt des Erwerbes auch dann für die Dauer des Pachtvertrages Mitglied der Jagdgenossenschaft, wenn das veräußerte Grundstück an sich mit anderen Grundstücken des Erwerbers zusammen einen Eigenjagdbezirk bilden könnte.“ § 14 Abs. 2 BJG.
II. Der Sachverhalt
Der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes besaß umfangreiche Flächen, die verstreut lagen und dadurch keinen Eigenjagdbezirk bildeten.
Das änderte sich, als am 1.1.1970 der Flurbereinigungsplan in Kraft trat und die Flächen zusammengelegt wurden. Die Untere Jagdbehörde teilte daraufhin dem Grundeigentümer mit, dass seine Flächen ab dem 1.1.1970 einen Eigenjagdbezirk bildeten.
Bis zu diesem Zeitpunkt gehörten die Grundflächen zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk, der bis zum 31.3.1970 an den Pächter P. verpachtet war.
Am 28.12.1968, also noch vor Entstehung des Eigenjagdbezirkes, hatten der Pächter und die Jagdgenossenschaft einen zusätzlichen Pachtvertrag für weitere neun Jahre geschlossen, beginnend am 1.4.1970 (im Anschluss an das Ende des vorherigen Pachtvertrages).
Der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes beanspruchte seinen Eigenjagdbezirk ab dem 1.4.1970 für sich; er beantragte vor Gericht die Feststellung, dass der neue Pachtvertrag (vom 28.12.1968) ihm gegenüber hinsichtlich seiner zum Eigenjagdbezirk gehörenden Grundstücke ungültig sei.
III. Das Urteil
Das Gericht gab dem Grundeigentümer in allen Instanzen recht; durch die Zusammenlegung der Flächen am 1.1.1970 erfüllten die Grundstücke die Voraussetzungen für die Entstehung eines Eigenjagdbezirkes, so dass der Eigentümer den zwar vorher abgeschlossenen, aber erst danach beginnenden Pachtvertrag nicht gegen sich gelten lassen müsse.
Nach § 14 Abs. 2 BJG habe es auf den Jagdpachtvertrag keinen Einfluss, wenn ein zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörendes Grundstück veräußert werde.
Der Grundstückserwerber werde vom Zeitpunkt des Erwerbes an für die Dauer des Pachtvertrages Mitglied der Jagdgenossenschaft, auch wenn das erworbene Grundstück zusammen mit anderen Grundstücken des Erwerbers einen Eigenjagdbezirk bilden könnte.
Diese Regelung gelte auch beim Erwerb von Grundflächen aufgrund eines Flurbereinigungsplanes.
- Maßgebend sei hierbei nicht das Datum, an dem der Pachtvertrag abgeschlossen worden sei (hier: 28.12.1968), sondern der Tag des Beginns der Laufzeit dieses Vertrages (hier: 1.4.1970); denn § 14 Abs. 2 BJG beziehe sich auf „den“ Pachtvertrag, womit nur der „laufende“ gemeint sei. Das sei derjenige, dessen Laufzeit am Zeitpunkt des Eintritts der Voraussetzungen des Eigenjagdbezirkes schon begonnen habe, nicht jedoch ein Pachtvertrag, der sich an den laufenden erst anschließe.
- Mit der in § 14 Abs. 2 BJG getroffenen Regelung habe der Gesetzgeber dem Interesse an der Kontinuität der Hege und Jagdausübung und damit am Weiterbestehen des bisherigen Jagdpachtverhältnisses den Vorrang eingeräumt gegenüber dem Interesse des Grundeigentümers an einer sofortigen Nutzung seines Eigenjagdbezirkes.
Diesem Gesetzeszweck werde entsprochen, wenn der laufende Pachtvertrag durch den Wechsel im Grundeigentum nicht berührt werde, der gemeinschaftliche Jagdbezirk also im bisherigen Umfange für die Dauer des laufenden Pachtvertrages bestehen bleibe.
Weder die Jagdgenossenschaft noch der Pächter hätten daher die Möglichkeit, durch Abschluss eines oder gar mehrerer neuer Verträge, deren Laufzeit erst nach dem Eintritt der Eigenjagdvoraussetzungen beginne, das Ausscheiden von Grundstücksflächen aus dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk und damit die Eigenjagdnutzung durch den Grundeigentümer auf eine von ihr und dem – evtl. neuen – Jagdpächter bestimmte Zeitdauer zu verhindern.
Deshalb brauche der Grundeigentümer einen Pachtvertrag über die Begründung eines neuen oder die Verlängerung des laufenden Pachtvertrages nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn der Zeitpunkt für den Beginn des neuen oder für die Fortsetzung des laufenden Jagdpachtverhältnisses erst nach dem Eintritt der Voraussetzungen für die Entstehung des Eigenjagdbezirkes liege. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.4. 1974 – III ZR 144/72 –
IV. Anmerkungen
Das Urteil betrifft den Schutz laufender Pachtverträge bei Eigentumsänderungen im gemeinschaftlichen Jagdbezirk. Da Jagdpachtverträge wegen der notwendigen Kontinuität von Hege und Jagdausübung eine lange Laufzeit haben – die Mindestdauer beträgt je nach Landesrecht bei Niederwild neun Jahre, bei Hochwild zwölf Jahre -, müssen die Vertragsbeteiligten bei Änderungen im Grundeigentum während der Laufzeit des Vertrages, insbesondere gegenüber neu entstehenden Eigenjagdbezirken, geschützt werden.
- Dabei ist wichtig, dass nur der bei Eintritt der Änderung gerade laufende Pachtvertrag in seinem flächenmäßigen Bestand geschützt wird, nicht Anschlussverträge, selbst wenn sie noch vorher vereinbart wurden.
- Beispiele:
1. Beginn der Laufzeit des Pachtvertrages am 1.4.1999, Eintritt der Voraussetzungen für die Entstehung eines Eigenjagdbezirkes am 01.10. 1999: Die Flächen des Eigenjagdbezirkes dürfen auch weiterhin vom Pächter bejagt werden, weil der Eigenjagdbezirk erst nach Beginn der Laufzeit des Pachtvertrages entstanden ist.Die Fläche des Eigenjagdbezirkes unterliegt auch weiterhin dem Pachtvertrag, bis dieser abgelaufen ist (Schutz laufender Pachtverträge). Anschließende Verträge sind nicht mehr geschützt.
2. Abschluss (Unterzeichnung) des Pachtvertrages/Verlängerungsvertrages am 1.2.1999, Eintritt der Voraussetzungen für die Entstehung eines Eigenjagdbezirkes am 1.3. 1999, Beginn des Pachtvertrages am 1.4.1999: Die Flächen des Eigenjagdbezirkes dürfen vom Pächter nicht bejagt werden, weil die Laufzeit des Pachtvertrages erst nach Entstehung des Eigenjagdbezirkes beginnt.
Geschützt ist hier nur der am 1.3.1998 noch laufende Pachtvertrag, also der vorausgehende, der am 31.3.1998 abgelaufen ist. Ab dem 1.4.1998 kann der Eigenjagdinhaber seinen Jagdbezirk nutzen.
3. Der Pachtvertrag endet am 31.3. 2002. Jagdgenossenschaft und Pächter sind entschlossen, ihn zu verlängern. Grundeigentümer E. hat im Jagdbezirk eine land- und forstwirtschaftlich nutzbare Fläche von 50 Hektar; um einen Eigenjagdbezirk zu erlangen, hat er am 1.5.1999 bereits einen Kaufvertrag über weitere 30 Hektar abgeschlossen, die Eintragung im Grundbuch und damit der Eigentumserwerb an diesen Flächen ist Mitte Juli 1999 vorgesehen.
Um zu verhindern, dass die Flächen des in Kürze entstehenden Eigenjagdbezirkes von der beabsichtigten Verlängerung des Pachtvertrages ausgeschlossen sein werden, lösen Jagdgenossenschaft und Pächter schnell den laufenden Pachtvertrag durch eine schriftliche Vereinbarung mit Ablauf des 30.6.1999 auf und schließen gleichzeitig einen neuen Pachtvertrag mit Beginn ab 1.7.1999 und einer Laufzeit von zwölf Jahren ab.
Nach den obigen Grundsätzen ist hier zum Zeitpunkt des Entstehens des Eigenjagdbezirkes (Mitte Juli) der am 1.7.1999 begonnene neue Pachtvertrag der „laufende“, so dass der Eigenjagdinhaber noch zwölf Jahre warten müsste, ehe er selbst seinen Jagdbezirk nutzen könnte. Ob allerdings ein solcher „Coup“ rechtlich hält, ist zweifelhaft und dürfte entscheidend von den Gründen für die getroffenen Maßnahmen abhängen.
Liegen Gründe vor, die die vorzeitige Auflösung des laufenden Pachtvertrages und den Abschluss eines neuen Pachtvertrages als zwingend erforderlich erscheinen lassen, so bestehen wohl keine Bedenken am Schutz des neuen Vertrages.
Wurde das ganze aber nur zu dem Zweck gemacht, um sich die volle Jagdfläche möglichst lange zu sichern, so dürfte ein Missbrauch gegeben sein, den der Eigenjagdinhaber als Benachteiligter nach den Grundsätzen der unzulässigen Rechtsausübung wohl kaum gegen sich gelten lassen muss.
Hinzu kommt noch, dass eine vorzeitige Auflösung des Pachtvertrages ohne wichtigen Grund mit der in § 11 Abs. 4 BJG statuierten Mindestpachtdauer kaum vereinbar ist.
Liegen keine zwingenden, wohl aber sachliche Gründe für die Änderungen vor, so befinden wir uns in der berühmten „Grauzone“.
Das Urteil spricht in Anlehnung an den Wortlaut § 14 Abs. 2 BJG vom Zeitpunkt „des Eintritts der Voraussetzungen“ für die Entstehung eines Eigenjagdbezirkes, nicht aber vom Entstehen eines Eigenjagdbezirkes selbst.
Da Jagdbezirke kraft Gesetzes entstehen, sobald die dafür notwendigen Voraussetzungen gegeben sind, wird man davon ausgehen müssen, dass der Eigenjagdbezirk schon während des laufenden Pachtvertrages entsteht, seine Fläche aber weiterhin dem laufenden Pachtvertrag bis zu dessen Ende unterliegt; denn § 14 Abs. 2 BJG dient dem Schutz laufender Pachtverträge, nicht dem Flächenbestand des Jagdbezirkes.
Bis zum Ablauf des laufenden Pachtvertrages bleibt der Eigenjagdinhaber auch Mitglied der Jagdgenossenschaft.
V. Ergebnis
1. Entsteht in einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk während eines laufenden Pachtvertrages ein Eigenjagdbezirk, so erstreckt sich der Pachtvertrag bis zu seinem Ende auch weiterhin auf diese Flächen. Der Pächter ist berechtigt, diese Flächen auch in Zukunft zu bejagen.
2. Wird der Pachtvertrag noch vor Entstehung des Eigenjagdbezirkes verlängert oder der Jagdbezirk an einen neuen Pächter verpachtet, beginnt die Laufzeit dieses Vertrages aber erst nach Eintritt der Voraussetzungen des Eigenjagdbezirkes, so endet der Schutz des laufenden Pachtvertrages mit seinem Ablauf. Der Verlängerungsvertrag ist nicht mehr geschützt, weil seine Laufzeit erst nach der Entstehung des Eigenjagdbezirkes begann.