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Steife Brise im Norden

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Seit längerer Zeit schon wurde im Kieler Umweltministerium an einer neuen Jagdzeitenverordnung gebastelt. Jetzt hat der Umweltminister Klaus Müller die Katze aus dem Sack gelassen. Nach dem Willen der rot-grünen Landesregierung soll es gravierende Einschnitte bei den Jagdzeiten geben. Den Jägern bläst eine steife Brise ins Gesicht. Rolf Kröger fasst die Fakten zusammen.

Weil das Blässhuhn von den Jägern angeblich nicht verwertet wird, gibt es nach Meinung des Umwelt-Ministeriums keinen Bejagungsgrund

Nach der im März geänderten Bundesjagdzeitenverordnung wurden die Jagdzeiten auf Ringel- und Türkentauben sowie die Jagdzeit auf den Höckerschwan drastisch gekürzt. Auer-, Birk-, und Rackelhähne sowie Seehunde haben keine Jagdzeit mehr.

Heftiger Protest

Doch dem Umweltminister Klaus Müller (Bündnis 90/Grüne) in Schleswig- Holstein war das nicht genug. In Zukunft sollen Möwen, Blässhühner, Wiesel, Saatgänse sowie alle Tauch- und Meeresenten nicht mehr bejagt werden dürfen oder wie es in einer Pressemitteilung des Ministeriums heißt, „brauchen einige Arten vor den Jagdgewehren künftig nicht mehr in Deckung zu gehen“. Begründungen: Die Arten sind gefährdet, sie können mit geschützten Arten verwechselt werden, oder die Tiere werden nicht verwertet. Damit folgt das Umweltministerium in Kiel den umstrittenen Argumenten des Bundesamtes für Naturschutz, mit denen der Vorschlag begründet wurde 73 Tierarten dem Jagdrecht zu entnehmen. Die Jagdzeiten vieler anderer Wildarten sollen zum Teil gravierend eingeschränkt werden. Kritisiert werden von Jägern vor allem die Verkürzung der Jagdzeiten auf Wildkaninchen, Fasan, Fuchs, Steinmarder, Iltis, Dachs, Grau- und Ringelgans sowie Waldschnepfe. Als Begründung muss der Tierschutz herhalten und dass die Tiere so wenig wie möglich beunruhigt werden, damit man sie unter anderem besser beobachten könne.

Auf der Jahreshauptversammlung des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein verteidigte Umweltminister Klaus Müller seine Pläne selbst. Ihm schlugen von Seiten der Delegierten Unverständnis und heftiger Protest entgegen. Im vollbesetzten Saal des „Conventgarten“ in Rendsburg kam unmissverständlich zum Ausdruck, dass die zu erwartenden Restriktionen auf den erbitterten Widerstand der Jäger stoßen.

Nach den Worten von Umweltminister Müller ist die Jagd zwar „mehr als eine geduldete Freizeitaktivität“, aber er sieht das Hauptproblem darin, dass viele Bürger unserer verstädterten Gesellschaft die Natur nur genießen wollen. „Oft fühlen sie sich dabei von den Jägern gestört.“ Dem wolle er durch eine Verkürzung der Jagdzeiten entgegenwirken. Der Minister lobte die geplanten Einschränkungen bei der Fangjagd als besonders tierschutzgerecht und rief den Jägern zu: „Stehen Sie zu Ihrer Passion, aber graben Sie sich nicht ein!“

Schutz wildlebender Tiere

Hans-Jakob Andritter, frischgebackener Ehrenpräsident des LJV, kritisierte einige Ungereimtheiten des Entwurfs, in dem beispielsweise nach wie vor die Rabenvögel nicht aufgeführt sind. Andritter meinte unter anderem: „Man muss doch erkennen, dass die Einschränkungen der Jagd auf generalistische Prädatoren zu Lasten wirklich schützenswerter Arten gehen. Der Schuss geht so doch nach hinten los!“ Sein Appell an den Minister lautete: „Zerschlagen Sie die große Motivation der Jäger nicht durch unnötige Restriktionen! Wir verfolgen doch das gleiche Ziel – den Schutz wildlebender Tiere.“

Der neugewählte LJV-Präsident Jürgen Hammerschmidt befürchtet die Verabschiedung der neuen Jagdzeitenverordnung noch vor der Sommerpause und machte Minister Müller nachdrücklich klar, dass seitens der Jäger zuvor noch erheblicher Diskussionsbedarf bestehe. Hammerschmidt fragte unter anderem: „Wie sollen wir Jäger ohne Jagdzeit in den Monaten September und Oktober, wenn die Wintersaaten auflaufen, dort Gänseschäden verhindern?“, und forderte: „Weg mit den Einzeljagd-Genehmigungen!“ Bis zum 15. Juni hat der Verband Zeit, seine Argumente gegen die neuen Jagdzeiten zu formulieren.

Umwelt- und Naturschutzverbände haben bereits signalisiert, dass ihnen die Änderungen noch nicht weit genug gehen. Der Minister brachte aber klar zum Ausdruck, dass die überzeugenden Zahlen aus dem Wildtierkataster – die Jäger in Schleswig-Holstein praktizierten es in dieser Form als erste – ausschlaggebend dafür gewesen seien, dass man gegen den heftigen Widerstand anderer Umweltverbände Rebhühnern und auch Hasen überhaupt eine Jagdzeit zugestehen könne.

Mit der Zusage, dass sich die Landesregierung für die Lebensraum-Erweiterung des Rotwildes einsetzen werde, versuchte Müller die Wogen noch etwas zu glätten, bevor er sich aus „terminlichen Gründen“ vorzeitig von der Versammlung in Rendsburg verabschiedete.

Ein Teilnehmer der Hauptversammlung, Christian Graf Holck, Vorsitzender der Kreis-Jägerschaft Oldenburg, sagte zum Minister, was viele in Rendsburg dachten: „Die neue Jagdzeitenverordnung trägt mehr die Handschrift der Jagdgegner, als dass sie der gemeinsamen Sache dient!“


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