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DJV bläst zum Sammeln

1999


 

Reform des Bundesjagdgesetzes

Der rot-grüne Koalitonsvertrag, der die Absicht enthält, das Jagdrecht in Deutschland zu reformieren, hat den Deutschen Jagdschutz-Verband aufgeschreckt. DJV-Präsident Constantin Freiherr Heereman rief die Präsidenten der Landesjagdverbände und deren Geschäftsführer zu einer außerordentlichen Beratung nach Bonn, um nach einer gemeinsamen Strategie in den nächsten Monaten zu suchen.

 

Von Alexander Krah und Heiko Hornung

Seit dem 16. Oktober ist in der Welt der deutschen Jäger nichts mehr wie vorher. Die rot-grüne Absichtserklärung, das seit 1976 unveränderte Bundesjagdgesetz zu reformieren, hat in Jägerkreisen zu tiefen Verunsicherungen geführt.

Vor dem Hintergrund großer wirtschaftlicher, außenpolitischer und sozialer Probleme glaubt inzwischen niemand mehr daran, dass die SPD wegen des Jagdgesetzes mit dem grünen Bündnispartner eine Auseinandersetzung anfangen wird. Zumal Bundeskanzler Schröder für die Durchsetzung seiner Reform- und Steuerpläne im Bundestag jede Stimme braucht, und für die SPD wahrlich Wichtigeres durchzusetzten ist, als ein Thema, das kein Thema der Sozialdemokratie ist, wie erst kürzlich die rheinland-pfälzische Umweltministerin Margit Conrad (SPD) bemerkte.

Hartnäckig halten sich die Gerüchte, dass im Dunstkreis von Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast eifrig über ein neues Bundesjagdgesetz (BJG) diskutiert wird.

Offiziell gibt es noch keinen Arbeitsauftrag, sagt Dr. Richard Lammel, der langjährige Referent für Jagd und Forst im Verbraucherschutzministerium (BMVEL).

Näheres müssten die Länder regeln

Naturschutzverbände fordern nach Angaben von Insidern bei der Grünen-Ministerin offen Lammels Kopf. Sie behaupten, dass mit Lammel, dem von den Naturschutzverbänden eine zu große Nähe zu den Jagdverbänden nachgesagt wird, die geplante Reform nicht zu machen sei. Zu gerne sähen sie die ÖJV-Vorsitzende Elisabeth Emmert im Jagdreferat, zumal ja nicht nur das Jagdgesetz, sondern auch das Waldgesetz einer Novellierung unterzogen werden soll.

Rechtsexperten gehen davon aus, dass auch im Waldgesetz einige jagdliche Fallstricke ausgelegt werden könnten.

Uneinig ist man sich unter den Grünen offensichtlich, wie die Reform des BJG konkret aussehen soll. Sollte das BJG ein weitgefasstes Rahmengesetz sein, ließen sich die detaillierten Vorstellungen der Druck machenden Tier- und Naturschutzverbände unter Umständen nicht umsetzen. Näheres müssten die Länder regeln, doch die Grünen sind bei weitem nicht in allen Länderparlamenten vertreten oder gar in der Regierung.

Sähe eine Gesetzesnovelle allerdings zu viele Einzelregelungen beispielweise bei den sachlichen Verboten oder der Liste jagbarer Tiere vor, oder würde sogar das grundsätzliche System in Frage gestellt, könnte die Novelle im Bundesrat auf heftige Gegenwehr stoßen. Darüber hinaus bestünde die Gefahr, dass ein zu detailliertes Gesetz mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes kollidieren würde, das dem Bund ausdrücklich vorschreibt, sich auf seine Rahmenkompetenz zu beschränken. Ein Ansatz, auf den Professor Friedhelm Farthmann, Vorsitzender des FORUM NATUR, aufmerksam macht. „Wir sind bereit, egal wie der Vorschlag aus dem BMVEL aussehen wird, diesen verfassungsrechtlich prüfen zu lassen“, sagte Farthmann in einem Telefonat. Vor diesem Hintergrund glauben einige Optimisten in den Reihen des DJV, dass Künast sich einige Punkte, wie bespielsweise den Abschuss von wildernden Hunden und Katzen, die Verwendung von Bleischrot, Teile der Hundeausbildung oder auch die Beizjagd herausgreifen wird und es damit bewenden lässt.

Abwehrstrategie kostet eine Stange Geld

Unter diesen Vorzeichen erarbeitete der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) ein Strategiepapier, das gegenüber allen Attacken durch grüne Gruppierungen jeglichen Coleurs, nahezu gebetsmühlenhaft wiederholt, dass Deutschland das beste Jagdgesetz der Welt hätte und kein Novellierungsbedarf bestünde. Dachverband und Landesverbände sollten alle personellen und finanziellen Möglichkeiten auf die Erhaltung des BJG ausrichten, heißt es in dem Strategie-Entwurf. In einer außerordentlichen Beratung des DJV-Präsidiums mit den LJV-Geschäftsführern am 12. November war geplant, dieses Papier abzusegnen.

Natürlich kostet die Abwehrstrategie eine saftige Stange Geld. Doch beim Thema Finanzen beißt DJV-Präsident Heereman bei seinen Landesfürsten auf Granit. Nicht ohne Murren reisten einige Präsidenten in die Henrystraße nach Bonn. Sie hatten dabei den Kampf um ihre Landesjagdgesetze im Auge. „In Bayern liegt im Parlament, quer durch die Fraktionen, ein Beschluss vor, der vorsieht, bei einer Aufschnürung des BJG so viele jagdrechtliche Kompetenzen wie möglich ins Land zu holen“, sagt der bayerische Jägerpräsident Professor Jürgen Vocke. „Dazu brauchen wir jeden Euro“, versichert Vocke. Ähnliche Befürchtungen haben auch andere LJV-Präsidenten und treten bei zusätzlichen Mittelanforderungen des DJV auf die Bremse. Zunächst soll kein zusätzliches Geld aus den Landeskassen fließen. Erst wenn alle Möglichkeiten der Etatumschichtung im DJV-Haushalt ausgeschöpft sind, will man über dieses Thema nochmals nachverhandeln, heißt es aus DJV-Kreisen.

Vieles bleibt damit erst einmal beim alten, bis das BMVEL einen konkreten Vorschlag zur BJG-Reform macht. Landesjagdverbände und Kreisgruppen sollen bis dahin alle Möglichkeiten der Einflussnahme auf ihre politischen Repräsentanten nutzen und gegen eine Jagdrechtsreform einstimmen, heißt es aus der Pressestelle des DJV.

In Kürze soll es eine komprimierte Übersicht über die Leistungen der Jäger im Naturschutz geben, und mit einer verschlankten Fassung eines 150-seitigen DJV-Positionenkataloges wollen die Jägervertreter an die Öffentlichkeit gehen.

Dazu wurde eine Projektgruppe unter dem Vorsitz des rheinland-pfälzischen LJV-Präsidenten Kurt A. Michael und des DJV-Schatzmeisters Dietrich Möller ins Leben gerufen, die den Auftrag haben, diesen Katalog zu bearbeiten, den künftigen Kurs festzulegen und die schlagkräftigsten Argumente zusammen zu fassen.

Erstmals wurde im DJV-Präsidium offen über eine notwendige eigene Kompromissfähigkeit gesprochen. Kommissionen und Arbeitsgruppen erarbeiten derzeit sowohl eigene Vorschläge und Forderungen für eine inzwischen als unvermeidbar erkannte Novellierung des BJG. Dabei sollen auch deutlich die Schmerzgrenzen der deutschen Jägerschaft festgelegt werden.

Ausdehnbare Unterschriften-Aktion

Aktiv sind inzwischen auch einige Partner aus dem Aktionsbündnis „Pro Land“. Auf einem Treffen in der Nähe von Würzburg vereinbarten Bauernverband und Grundbesitzer eine bundesweite Unterschriftenaktion für die Beibehaltung des Jagdrechts in seiner bisherigen Form. Eine erste Unterschriften-Sammlung in dem kleinen bayerischen Regierungsbezirk Unterfranken hatte alleine unter Jagdgenossen 7600 Unterschriften gebracht – eine Aktion, die sich nach den Vorstellungen von Bernhard Haase vom Grundbesitzerverband und Gerd Sonnleitner vom Deutschen Bauernverband durchaus auf die Bundesrepublik ausdehnen ließe.

Bereits bis Anfang Dezember soll die Grundrichtung der weiteren strategischen Arbeit vorliegen, um für den Kampf um das BJG gerüstet zu sein.

 


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