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Abschussplan ist nicht anfechtbar

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Hoher Abschuss für angrenzenden Jagdbezirk

In dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk nahm der Rotwildbestand stark ab. Der Pächter führte dies auf die hohen Abschussfestsetzungen in den angrenzenden Staatsjagden zurück und focht den Abschussplan an

Von Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage
„Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) darf nur aufgrund und im Rahmen eines Abschussplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat zu bestätigen oder festzusetzen ist.“ § 21 Abs. 2 BJG

„Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.“ § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung

II. Der Sachverhalt

Die Pächter eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes protestierten gegen die Höhe der festgesetzten Abschüsse für die Nachbarreviere. Sie machten geltend, dass ihr Rotwildbestand durch die Höhe der Abschussfestsetzung in den angrenzenden Jagdbezirken, insbesondere in den beiden benachbarten Staatsjagden, stark reduziert werde. Dadurch werde ihr eigenes Jagdausübungsrecht erheblich beeinträchtigt. Außerdem verstoße der hohe Abschuss gegen das Hegegebot, da ein gesunder und artenreicher Wildbestand in angemessener Zahl zu erhalten sei.

Auf den Widerspruch der Pächter ordnete die Untere Jagdbehörde die sofortige Vollziehung der Abschusspläne an, um die Sperrwirkung der aufschiebenden Wirkung zu beseitigen. Daraufhin beantragten die Pächter beim zuständigen Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs.

III. Die Gerichtsentscheidung

Das Gericht wies den Antrag der Pächter ab, da sie durch die Festsetzung des Abschusses für die Nachbarreviere nicht in ihren eigenen Rechten verletzt würden.

Nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung könne nur derjenige einen Bescheid (Verwaltungsakt) anfechten, der durch ihn in seinen eigenen Rechten verletzt werde. Der Abschussplan für einen Jagdbezirk greife jedoch nicht in die Rechte der benachbarten Revierinhaber ein.

Eine Verletzung fremder Jagdausübungsrechte liege nicht vor. Da das Wild herrenlos sei, enthalte das Jagdausübungsrecht auch keinen Anspruch auf einen Wildbestand in bestimmter Höhe. Die Reduzierung des Rotwildes in den umgebenden Jagdbezirken verletze daher nicht die fremden Jagdausübungs- und Aneignungsrechte. Die Festsetzung der Abschusshöhe diene auch nicht dem Schutz benachbarter Revierinhaber, sondern allein den berechtigten Ansprüchen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden sowie den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege. Gleiches gelte für die Erhaltung eines gesunden und artenreichen Wildbestandes in angemessener Zahl, da diese Pflicht allein öffentliche Interessen verfolge.

Verwaltungsgericht Kassel, Beschluss vom 24.10.2002 – 2 G 2314/02 –, bestätigt durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 12.12.2002 – 11 TG 3099/02 –

IV. Ergebnis

1. Einen Bescheid kann grundsätzlich nur der Adressat anfechten; denn außenstehende Dritte geht die Sache normalerweise „gar nichts an“. Nur dann, wenn der Bescheid auch in ihre Rechte eingreift, steht auch ihnen die Möglichkeit der Anfechtung zu.

2. Der Inhaber eines Jagdbezirkes kann daher zwar seinen eigenen Abschussplan anfechten, wenn dieser auf falschen Grundlagen beruht oder gegen das Gesetz verstößt (siehe hierzu ausführlich WuH 7/1998, S. 48 und 6/1998, S. 58), nicht aber den Abschussplan für einen Reviernachbarn, selbst wenn sich dadurch sein Wildbestand vermindert.

3. Legt der Betroffene Widerspruch gegen einen Bescheid ein, so hat das grundsätzlich „aufschiebende Wirkung“. Das heißt: Die Behörde kann den Bescheid bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht vollziehen.

Liegt jedoch ein vorheriger Vollzug im überwiegenden öffentlichen Interesse (hier: die Erfüllung des Abschusses), so kann die Behörde die „sofortige Vollziehung“ des Bescheids anordnen (hier erfolgt, damit der Abschuss im betroffenen Jagdjahr noch durchgeführt werden konnte). Hiergegen kann der Widersprechende dann beim zuständigen Verwaltungsgericht die „Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung“ beantragen.

Das gilt natürlich auch dann, wenn zum Beispiel der Jagdschein oder die Waffenbesitzkarte mit sofortiger Vollziehung entzogen werden oder eine Abrundung für sofort vollziehbar erklärt wird. Ob das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnet, hängt davon ab, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse an der aufschiebenden Wirkung überwiegt, insbesondere ob nach einer überschlägigen Überprüfung der Bescheid rechtmäßig oder rechtswidrig ist.


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