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Zerwirken und Verkaufen von Wildbret: Mit Hackebeil und Spitzenhäubchen

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Geflieste Räume, weiße Kleidung, Wasserhähne ohne Handgriffe – nein wir sprechen nicht vom OP, sondern von einer Wildkammer nach Vorschrift.

 

Vorschrift für Zerwirkraum: Handwaschgelegenheit, bei der der Wasserzufluss entweder über Sensoren oder über ein in den Boden eingelassenes, mit dem Fuß zu betätigendes Druckventil gesteuert wird. Das für die Reinigung des Raumes und der Gerätschaften benötigte 80° C heiße Wasser liefert der Boiler mit darrunterliegendem Zapfhahn und Schlauchanschluss

von Olgierd Graf Kujawski

Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl, der u. a. den Wildbretmarkt zusammenbrechen ließ, versuchten Revierinhaber verstärkt das anfallende Wildbret privat zu vermarkten.

Auch in den folgenden Jahren verstärkte sich diese Tendenz: Der Wildgroßhandel zahlte aus Sicht der Jäger unbefriedigende Preise für Rot- und Schwarzwild in der Decke/Schwarte.

Wildeinzelhandel und die Gastronomie, die über den Wildgroßhandel oder Handelsketten preiswertes Wildbret vom Rothirsch aus Neuseeland und vom Wildschwein aus Australien angeboten bekamen, schränkten den Ankauf ganzer Stücke aus heimischen Revieren ein. So gingen immer mehr Jäger dazu über, das erbeutete Schalenwild selbst zu zerwirken und in Teilstücken an Privatpersonen zu veräußern.

Was in vielen Fällen dabei auf der Strecke blieb und noch bleibt, ist die Beachtung der gesetzlichen Vorschriften für den privaten Verkauf von Teilstücken von Wild.

Unkenntnis oder Ignoranz?

In Verkehr gebracht werden darf Wildbret nur, wenn es zum Verzehr durch den Menschen tauglich ist. Dies bedeutet, es dürfen vor und nach dem Erlegen keine der in der Fleischhygieneverordnung (FlHV) Anl. 2 Kap. VI aufgelisteten und für den Verzehr des Wildbrets bedenkliche Merkmale vorliegen (siehe Kasten „Bedenkliche Merkmale).

Festzustellen hat dies der Erleger und der Aneignungsberechtigte. Sie stehen damit in der gleichen Verantwortung wie der amtliche Fleischkontrolleur bei Schlachtvieh.

Stücke, bei denen auch nur ein bedenkliches Merkmal vorliegt, müssen der amtlichen Fleischuntersuchung zugeführt werden und dürfen erst nach der Freigabe durch den amtlichen Tierarzt verwertet werden, entweder als ganzes Stück oder in seine Einzelteile zerlegt.

Wird kein bedenkliches Merkmal festgestellt und ist Schwarzwild amtlicherseits auf Trichinen untersucht, darf Wild im Haarkleid vom Aneignungsberechtigten ohne amtliche Fleischuntersuchung an nahegelegene Gaststätten, Wildeinzelhändler, an Jagdscheininhaber und an Privatpersonen zur Verwertung in deren Haushalt abgegeben werden (FlHG § 1 Abs. 1 und FlHV § 10 Abs. 7. 1). Bei Abgabe an Gaststätten und Wildeinzelhandel kann die Verpflichtung zur amtlichen Trichinenuntersuchung auf diese übertragen werden.

Auch verschenken ist vermarkten

Darüber hinaus gestattet es der Gesetzgeber jedem Jagdscheininhaber, auch „kleine Mengen an frischem Fleisch von erlegtem Haarwild an einzelne natürliche Personen zum eigenen Verbrauch“ abzugeben und es damit in den Verkehr zu bringen (FlHV § 10 Abs. 7.1 Ziffer 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2). Erwartet wird, dass die Gewinnung des Wildbrets mit der erforderlichen Sorgfalt erfolgt und es „weder unmittelbar noch mittelbar nachteilig beeinflusst wird – insbesondere durch Mikroorganismen, tierische Schädlinge, menschliche oder tierische Ausscheidungen, Witterungseinflüsse, Staub, Schmutz, Gerüche, Desinfektions-, Schädlingsbekämpfungs-, Pflanzenschutz- und Lösungsmittel“ (FlHV Anl. 2 Kap. II. 6).

Soweit, so gut – könnte man meinen, gäbe es da nicht einen, den meisten Jägern entweder nicht bekannten oder von ihnen kaum beachteten „Pferdefuß“. Dieser verbirgt sich im Nachsatz in § 10 Abs. 7. 2:

„Die entsprechenden Anforderungen der Anl. 2 Kap. I, II und VI sind einzuhalten“. Im Klartext: Werden die in den vorgenannten Kapiteln enthaltenen Anforderungen – wenigstens sinngemäß – nicht befolgt, darf der Jäger kein Stück Wildbret gewinnen – weder zum Eigenverbrauch noch zum Verkauf oder Verschenken an Privatpersonen. Letzteres deswegen nicht, weil der Gesetzgeber keinen Unterschied zwischen Verkauf und Verschenken macht, sondern generell vom „Abgeben“ spricht.

Kann inzwischen davon ausgegangen werden, dass den meisten Jägern die Anforderungen des Kapitels VI in der Anlage 2 der Fleischhygieneverordnung (FlHV) bekannt sind („Bedenkliche Merkmale, die eine amtliche Fleischuntersuchung bedingen“ – s. Kasten), dürfte dies bei den Kapiteln I und II seltener der Fall sein.

In ihnen wird vorgeschrieben, wie ein Raum beschaffen und ausgestattet sein muss, in dem Fleisch und somit auch Wildbret gewonnen wird, und welche Gerätschaften hierfür verwendet werden dürfen (siehe hierzu auch Kasten II und III).

Vom Jagdscheininhaber, der Wildbret in Teilstücken direkt an den Endverbraucher abgeben will, wird die entsprechende räumliche und technische Ausstattung erwartet, wie sie für eine Metzgerei, eine Wild verarbeitende Gaststätte oder den Wildeinzel- bzw. -großhandel vorgeschrieben ist.

Da hilft auch kein Tricksen

Wer glaubt, diese Vorschrift dadurch umgehen zu können, indem er zuerst das ganze Stück Wild in der Decke, Schwarte oder im Balg veräußert, es dann aber für den Käufer aus der Decke schlägt und zerwirkt, der irrt.

Sowohl beim Verkauf des ganzen Stückes als auch beim Aus-der-Decke-schlagen und Zerwirken sind die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben einzuhalten.

An Gastronomie und Einzelhandel darf vom Jäger Wild nur in der Decke, Schwarte oder im Balg, nicht aber in seine Einzelteile zerlegt abgegeben werden.

Versuche, diese Vorschriften zu umgehen, gibt es immer wieder: Der Gastronom oder Einzelhändler kauft ein Stück Haarwild in der Decke. Da er nicht über einen eigenen, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Zerwirkraum und zumeist auch nicht über entsprechende Kenntnisse verfügt, fordert er den das Stück anbietenden Jäger auf, ihm das Wild küchenfertig zugerichtet zu liefern.

Da die gelieferten Teilstücke vom Gastronomen weiterverarbeitet (als Speise für Gäste) bzw. vom Einzelhändler weiterveräußert werden (an Verbraucher zur Verwertung im eigenen Haushalt), gerät der das Wild verkaufende und zerwirkende Jagdscheininhaber in die Position eines Wildgewinnungsbetriebes (Wildgroßhandel).

Dies wiederum bedingt, dass er jedes Stück Haarwild, das er in der Decke an einen Gastronomen oder Einzelhändler veräußert, es diesem dann jedoch küchen- oder verkaufsfertig zugerichtet liefert, zuvor einer amtlichen Fleischuntersuchung zuführen muss.

Für das Zerwirken selbst müssen ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechender Zerwirkraum, Einrichtung und Arbeitsgeräte verfügbar sein. Ist dies nicht der Fall und wird das Stück Haarwild unter hygienisch ungenügenden Bedingungen küchen- oder verkaufsfertig gemacht, ist zumindest eine mit Bußgeld bis 20 000 Mark bewehrte Ordnungswidrigkeit gegeben.

Sehr empfindliche Bestrafungen

Wird aufgrund der unhygienischen Bedingungen bei der Wildbretgewinnung die Gesundheit der das Wildbret verzehrenden Menschen gefährdet, ist sogar ein Straftatbestand nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz gegeben (§§ 8 und 17 LMBG). Derartige Verstöße sind mit hohen Geld- und Freiheitsstrafen bedroht.

Es soll immer wieder vorkommen, dass dies in verschiedenen staatlichen wie privaten Revieren durchaus nicht so eng gesehen wird. Auf diese Weise und ohne amtliche Fleischuntersuchung würden so ganze Stücke in der Decke, Schwarte oder im Balg veräußert und nachfolgend durch den Revierinhaber, Revierleiter, Jagdaufseher oder Berufsjäger für Gastronomie wie Privatpersonen zerwirkt. Dies geschieht vereinzelt unter Bedingungen, die nicht im entferntesten den gesetzlichen Vorschriften genügen.

Nach der Devise „Wo kein Kläger, da kein Richter“ lebt es sich allerdings nur solange gut, bis plötzlich irgendetwas passiert oder der zuständige amtliche Tierarzt eine Kontrolle durchführt.

Tipp: Wer sich einen Zerwirkraum eingerichtet hat und diesen auch zum Zerwirken von Schalenwild, dessen Teile er anschließend privat veräußern will, nutzt, der sollte sich vom zuständigen Veterinäramt bestätigen lassen, daß alles in Ordnung ist.

Ein leicht zu reinigender Zerwirktisch aus Edelstahl mit Schneidplatte aus Kunststoff fordert der Gesetzgeber von allen, die Wild zur Direktvermarktung zerwirken wollen

 


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