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Baujagd mit Damen

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Den Roten an den Balg:
Wenn sich ein abgeklärter, erfahrener Jäger für eine ihm bisher nicht geläufige Jagdart begeistert, dann muss wohl was dran sein an der winterlichen Baujagd auf Reineke – und das nicht nur der Jägerinnen wegen.

 

Die „Lagebesprechung“ findet weit genug vom Bau entfernt statt. Auch wenn Reinecke steckt, bekommt er viel von dem mit, was daraußen stattfindet und ist gewarnt

Von Eduard Paulin

Ich will es ja offen zugeben: Mein Lebtag lang war mir die Gesellschaft weiblicher Wesen – überhaupt dann, wenn sie ansehnlich waren – lieber als die der trinkfes-testen und urigsten Knasterbärte.

Natürlich würde ich mich an dieser Stelle nicht darüber äußern, wenn nicht eine weitere meiner Schwächen der Jagd gelten würde. So aber erschien es für mich nur logisch, nach einer Möglichkeit zu suchen, beide Vorlieben miteinander zu vereinen, soll heißen, bei Gelegenheit in weiblicher Gesellschaft zu jagen.

Achtbare Erfolge für Neueinsteiger

Da sich durch den Zusammenbruch der Niederwildbesätze – zumindest in den Revieren bei uns in der Gegend – für gemeinschaftliche Jagdfreuden kaum mehr eine Basis bietet, war die Suche nach Ersatz für Hase, Fasan, Huhn und Co. angesagt.

Eher zufällig, und anfangs als Notlösung gedacht, entdeckte ich dann vor zwei Jahren unter tatkräftiger Unterstützung meiner Gattin und deren ebenfalls jagenden Freundinnen eine Jagdart, die mit ihrer spannungsgeladenen Atmosphäre, ihrer faszinierenden Hundearbeit, ihrem Anspruch an jägerisches Können und – nicht zuletzt – ihrem hegerischen Wert in vielen Revieren völlig zu Unrecht ein Schattendasein fristet. Dazu kommt, dass sie praktisch überall und ohne Bedenken möglich ist: Die Baujagd auf den Fuchs!

Es ist wirklich ein Irrglaube, dass gerade diese Jagdart wegen ihrer Schwierigkeit nur wenigen Spezialisten vorbehalten bleiben müsste. Richtig ist, dass bei den heutigen enorm hohen Fuchsbesätzen (in den von uns bejagten Waldrevieren gibt es so viele Rotröcke, dass im Winter praktisch jeder Bau befahren ist) auch Neueinsteiger auf Anhieb achtbare Erfolge erzielen können. Allerdings nur, soweit einige Grundregeln beachtet werden und vor allem ein erfahrener Bauhundführer mit entsprechenden Erdhunden zur Verfügung steht. Sie haben ja hier den Löwenanteil jagdlicher Arbeit zu leisten.

Nervenstärke ist gefragt

Wenn man sieht, welche Mühen heute noch oftmals auf Haltung und prüfungsgemäße Abrichtung in der Revierpraxis dann später nicht selten arbeitsloser Vorstehhunde verwendet wird, fragt man sich schon, ob nicht mancher Grünrock besser daran täte, sich durch Haltung und Einarbeitung eines Bauhundes – ob Teckel oder Terrier – die jagdlichen Freuden zu verschaffen, denen am Jägerstammtisch nicht selten, aber verständlicherweise wortreich nachgetrauert wird.

Obwohl selbst dem Vorstehhundlager zugehörig, möchte ich hier für die Erdhunde aufgrund der Erlebnisse der letzten Jahre die verdiente Lanze brechen. Natürlich besteht kein Vergleich zu der Eleganz, dem Finderwillen und der führerbezogenen Lenkbarkeit eines quersuchenden Vorstehhundes, wo ein solcher denn noch im vollen Gebrauch steht. Allerdings kann ein raubwildscharfer, standruhiger, großer Hund gerade bei der Baujagd sehr von Nutzen sein, denn bekanntlich liegt nicht jeder beschossene Fuchs im Feuer. Und auf weitere Entfernung kann nur ein solcher Hund einen angeschweißten Rotrock greifen, abtun und bringen, der über die notwendigen körperlichen Möglichkeiten verfügt.

Was aber Mut, Schneid, Ausdauer, Passion und – für den guten Bauhund unabdingbar – vor allem Intelligenz im Sinne von Jagdverstand angeht, brauchen Terrier und Teckel den Vergleich nicht zu scheuen. Sie sind unter Tage zu Leistungen fähig, die jedes grüne Herz selbst in der verkümmertsten Krämerbrust höher schlagen lassen. Auch ist der Vorwurf übergroßer Schärfe oder chronisch mangelnden Appells, der manchen Bauhunden gern nachgesagt wird, wohl viel eher ein Resultat mangelhafter Ausbildung oder falscher Zuchtauslese als eine rassespezifische oder gar für das Wesen der erfolgreichen Bodenjagd unverzichtbare Eigenschaft.

Natürlich, „Weicheier“ und „Chorknaben“ sind für die harte Arbeit unter Tage unbrauchbar, hirnlose Würger und dummscharfe Packer aber nicht minder. Denn vor allem ist hier wohl Nervenstärke gefragt, die sich in Erweiterung des eigentlichen Betätigungsfeldes übrigens auch in durchaus achtbare Leistungen am langen Riemen oder in Apportierarbeit auf kleines Wild ummünzen lässt. Zumindest für den „Hausgebrauch“ langt es hier allemal. In schwierigen Fällen muss ohnehin ein Spezialist her.

Wir waren jedenfalls zur eigenen Überraschung von der Arbeit dieser „letzten Männer unter den Hunden“ (auch wenn es in unserem Fall Hündinnen waren) oftmals derart angetan, dass wir nach gelungenem Sprengen anfänglich mehrfach spontan Beifall bekundeten. Doch lassen Sie mich nun der Reihe nach erzählen: Aus den eingangs erwähnten Motiven erkundigte ich mich im Sommer vor zwei Jahren nach einem Bauhundführer aus dem hiesigen Raum, da mir ein solcher „Exot“ persönlich bis dahin nicht einmal bekannt war. Ein entsprechender Kontakt über den befreundeten Inhaber einer Hundeschule (der kennt nun wirklich „jeden alten Hund“ im Umkreis) war bald hergestellt, wenn mir auch der Hinweis „Nichtjäger“ und die uns unbekannte Rasse „Parson-Jack-Russell-Terrier“ wenig erfolgversprechend erschien. Aber einen Versuch war es wert.

Wie sich dann aber herausstellte, handelte es sich bei ersterem um einen aus Zeitmangel zwar ohne „grünes Abitur“ gebliebenen, doch bodenständigen, kompetenten, passionierten und erfahrenen Hundemann. Und bei seinen beiden Hündinnen um zwei – jedenfalls vor der Bauarbeit – überwiegend weiße, rauhaarig-wuselige Hundedamen, die sich wohltuend von den knackwurstartigen, säbelbeinigen Jack-Russel-Exemplaren unterschieden, die mir bislang, zu verfetteten Modehunden verkommen, begegnet und wenig sympathisch gewesen waren.

Geduld wurde nicht überstrapaziert

Auf Vorschlag des Hundeführers beschränkten wir die Anzahl der Flinten während dieser Jagden stets auf drei bis vier, was sich aufgrund der angewandten Art des Anstellens als völlig ausreichend erwies. Was Diszipliniertheit, Konzentration, Standruhe und Geduld angeht, kann ich den teilnehmenden Jägerinnen bei dieser Gelegenheit nur höchste Anerkennung aussprechen. Wobei vor allem die bei der Bodenjagd unabdingbare Geduld nicht zu Unrecht einen weiblichen Artikel zu haben scheint. Es waren also nicht nur optische Gründe, die die Jagdtage mit den „Mädels“ für mich zum Genuss werden ließen.

Allerdings wurde die Tugend der Geduld bis auf einen Fall, von dem noch die Rede sein wird, bei den rund Dutzend Einsätzen pro Saison auch nicht gerade überstrapaziert, da die durchschnittliche, geschätzte Zeit vom Anstellen bis zum Springen jedenfalls des ersten Fuchses wohl bei etwa 30 Minuten und darunter lag. Dachsbefahrene Baue wurden von der hauptsächlich eingesetzten Althündin „Aika“ grundsätzlich gar nicht erst angenommen – leere natürlich auch nicht. Das sparte Zeit und schonte die Nerven.

Leises Anstellen gegen den Wind

Schon wegen des geringen Schussfeldes an den Waldbauen erfolgte zunächst versuchsweise, später grundsätzlich das möglichst leise Anstellen, gegen den Wind. Ohne jede Deckung in einer geraden Reihe mit voller Sicht auf alle vorhandenen Ausfahrten. Dabei betrug die durchschnittliche Entfernung zu den Röhren, aber auch zu den Teilnehmerinnen untereinander nicht mehr als zehn bis 15 Meter. (Anmerkung der Redaktion: Diese Art des Anstellens mag im Freien, auch im Stangen- oder Altholz praktikabel sein und sicher dort Vorteile haben. An Bauen, bei denen die Ausfahrten bis zu hundert Metern auseinanderliegen, oder solchen, die sich in knüppeldichten Dickungen befinden, kommt man so nicht zurecht.)

“Doppelt“ hält bekanntlich besser

Obwohl die gesamte Jagdkorona für den ausfahrenden Rotrock so jeweils voll sichtbar gewesen sein muss, kam es nicht ein einziges Mal vor, dass einer der Hühnerdiebe vor Schreck kehrtgemacht und den Bau wieder angenommen hätte. Den giftig Laut gebenden Hund auf den Fersen, erschien dies wohl als die weniger verlockende Option. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir von dem einmal zur Flucht entschlossenen und die schützende Baum-, Strauch- und Krautdeckung direkt vor sich sehenden Wild überhaupt wahrgenommen wurden. Auch hatten wir für die ers-ten Fluchtmeter der springenden Füchse absolute Bewegungslosigkeit der Schützen vereinbart. Das fiel zwar nicht immer leicht, denn die Zeit für Anbacken und Schuss im Waldgelände ist doch lausig knapp bemessen, aber wir hielten uns dran.

Ich will allerdings nicht verschweigen, dass diese Art der Schützenaufstellung in kurzer, gerader Reihe für mich etwas von einem Exekutionskommando an sich hat. Fakt ist aber, dass durch die volle Sicht der gesamten Jagdteilnehmer aufeinander ein Höchstmaß an Sicherheit erreicht, und auch die Effizienz des Schießens optimiert wurde. Denn bei den oft im „Doppel- oder Dreierpack“ fallenden Schüssen fasste wenigstens einer fast immer. Und da „doppelt“ bekanntlich besser hält, konnten Krankschüsse insgesamt vermieden werden. Dennoch blieb das Wild nicht chancenlos, da wegen der deckungsreichen Geländeform gelegentlich für keinen die Zeit ausreichte, einen vernünftigen Schuss loszuwerden.

Kleine Kämpfer mit Löwenherz

Trotz der Nachteile, die diese Methode haben mag, kann bei ihr doch jeder Teilnehmer den gesamten Jagdablauf hautnah miterleben, was bei weiträumigem Abstelllen von Waldbauen zum Beispiel mit hohen Schützenzahlen nicht der Fall ist. Während sich die Junghündin „Annie“ in Beobachtungs- und Lernposition neben ihrem Führer frei (!) ablegen ließ, arbeitete die erfahrene Aika die angebotenen Baue in einer Manier durch, die wohl nur als meisterhaft bezeichnet werden kann. Ihr unbekannte Baue „studierte“ sie zunächst in aller Ruhe auf den Verlauf des Röhrensystems hin, um erst nach solcher „Lagepeilung“ dem steckenden Rotrock von der vielversprechendsten Seite auf den Balg zu rücken. Diese Arbeitsweise erklärt wohl die oft minutenschnellen Erfolge ihrer Sprengarbeit.

Als typischer „Flieger“ verließ sie in hartnäckigeren Fällen zwischendurch immer wieder den Bau. Ob sie es tat, um dem festsitzenden Fuchs Gelegenheit zum Umstellen zu geben, oder dem sich schon in falscher Sicherheit wiegenden Gegner aus anderer Richtung erneut an den Balg zu fahren, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kann es nicht anders ausdrücken, aber nach Art gewisser „Mütter der Töchter“ schaffte sie es auf diese Weise regelmäßig, den Bauinhaber unter völliger Aushöhlung seines Nervenkostüms zum Verlassen seiner Behausung zu bringen.

Es ist natürlich Unsinn, aber ich hatte bei Aikas Zwischenaufenthalten über Tage oft den Eindruck, sie würde zum taktischen Aufbau falscher Hoffnungen bei Reineke erst einmal langsam bis 20 zählen, ehe sie die Hexenfahrt unter Tage lauthals von neuem begann. Wahrscheinlich gönnte sie sich aber nur jenseits solch „strategischer Überlegungen“ eine kleine Verschnaufpause, denn die lautstarke Hetze in der sauerstoffarmen Luft der Baue ist selbst ohne größere Beißereien Schwerstarbeit für die kleinen Kämpfer mit dem Löwenherzen.

Auf Gemeinsamkeiten besinnen

Ausgerechnet bei der letzten Jagd Ende Februar versagten dann aber doch einmal Routine, Jagdverstand und Taktik der Hündin, denn die steckende Fähe ließ sich um nichts in der Welt sprengen. Abgesehen davon, dass Fähen nach der Ranz wohl ohnehin schwerer zum Verlassen der Baue zu bewegen sind als Rüden, vereitelte diesmal wahrscheinlich ein weiterer Umstand den Erfolg der hochbemühten, jetzt auch nicht ohne Blessuren davongekommenen Hündin. Wie sich nach Einschlag und Fangschuss mit der Kurzwaffe zeigte, war diese Fähe auf einem Seher blind, was ihre Orientierungsmöglichkeit im Tageslicht möglicherweise einschränkte, im Dunkel des Baues jedoch wohl ohne Nachteil blieb.

Neben ihrem hohen Erlebniswert bietet die Bodenjagd durch sinnvolle Einbindung der Nachbarreviere auch die Chance, selbst eingefleischteste Grenzhocker einander wieder näher zu bringen. Kaum ein Beständer verweigert sich nämlich hier. Sicher nicht der schlechteste Weg, sich endlich wieder auf Gemeinsamkeiten zu besinnen, denn die werden wir Jäger – so fürchte ich – in der Zukunft noch bitter nötig haben.

Dieser Bau ist ganz sicher befahren, aber ob der Rotrock heute zu Hause ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Der firme Bauhund wird es schnell herausfinden

 

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