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Ein Traum wird wahr

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Leopardenjagd in Namibia:
Um einen Leoparden in freier Wildbahn zu erlegen, braucht man Nerven wie Drahtseile. Gunni Meye testete ihr Nervenkostüm.

 

Nach dem die erste Leserinnenreise 2001 nach Namibia ein voller Erfolg war, hatte Reisevermittler „Jagd + Tour“ im letzten Jahr gleich zwei Termine angeboten. So ging es jeweils Ende Juni und Anfang September für zwölf Tage ins ferne Namibia auf die Okatore Lodge im Khomas Hochland. Wir Frauen hatten wieder viel Spaß dabei und mussten so manche jagdliche Klippe überwinden. Mit Oryx, Bergzebra, Schakal, Hartebeest, Springbock und Großem Kudu gab es eine bunte Strecke.

Landschaft

Sehr beeindruckend waren die Erlebnisse während unseres Tourprogramms durch die Namib-Wüste und an die Westküste nach Swakopmund und Walvis Bay. Wir konnten uns an der berauschenden Schönheit der roten Sterndünen und den besonderen Lichtverhältnissen im Soussusvlei und Sesrim Canyon nicht satt sehen. Ein Erlebnis der außergewöhnlichen Art war der Besuch einiger sehr anhänglicher Seebären (Ohrenrobben) auf unserem Boot während einer Ausflugstour vor Walvis Bay.

Ich hatte das große Glück, im Anschluss an die September-Reise noch weitere zwei Wochen auf eigene Kosten bleiben zu können. Ich wollte Imke und Henner Pape, den Lodge-Betreibern, in Haus, Garten und auf der Farm ein bisschen zur Hand gehen. Ganz leise hatte ich allerdings auch meinen sehnlichsten Wunsch geäußert – ich wollte zu gerne einen Leoparden jagen. Henner, unser Berufsjäger, meinte dazu nur: „Da kommen Jagdgäste zwei, drei Jahre hintereinander und sitzen sich auf Leopard den Hintern wund, das schmink dir mal ab, so nebenbei einen Leo zu erwischen.“

Ich war gerade damit beschäftigt, ein Beet am Gästehaus umzugestalten, da rissen mich Henners Worte aus meinen Gedanken. „Hey, Gunni, wolltest du nicht auf Leopard jagen? Auf der Nachbarfarm von Günter haben die Arbeiter bei der Weidezaunkontrolle einen Leoparden von seinem frischen Riss vertrieben.“ Und ob ich wollte! Mit einem Schlag war ich total aufgeregt. Hatte ich wirklich genug Mut für diese Jagd? Würde ich richtig reagieren, und konnte ich das nervlich durchstehen?

Ansitz am frischen Riss: Wo ist der Leo?

In Windeseile packten Henner und ich alles Notwendige zusammen, um den Nachmittag bis zum Einbruch der Dunkelheit in einem aus Sackleinen provisorisch zusammengezimmerten Ansitz zu verbringen. Wir hatten den Riss des Kudukalbs in etwa 70 Meter Entfernung am Gegenhang gut im Blick. Er lag unter einem Baum auf einem kleinen Plateau in felsiger Umgebung. Es war schon reichlich unbequem, fünf Stunden auf dem steinigen Boden zu hocken, während nichts passierte. Da, um kurz nach sieben, hörten wir ganz in unserer Nähe wie ein Stück Wild durch den Rinderzaun schlüpfte und keine 15 Meter vor uns durch das hohe Gras zog. Beim ersten Geräusch hatte ich meine Waffe in Anschlag gebracht. Henner stellte sein linkes Knie so auf, dass es meinen rechten Ellenbogen unterstützte. Es zitterte. War er etwa genauso angespannt und aufgeregt wie ich? War es der Leopard, der sich Wind holte, ehe er zu seinem Riss zog? Was sollte ich tun, wenn er mich plötzlich anäugte? Fragen konnte ich in dieser Situation nicht mehr stellen. Weder sehen noch riechen konnten wir etwas. Wir wurden im Ungewissen gelassen, denn langsam löste die Dunkelheit den Tag ab. Ein bisschen enttäuscht, aber doch zuversichtlich für die nächsten Tage, verließen wir später unseren Ansitzschirm.

Am nächsten Tag musste Henner nach Windhoek, wer konnte sich nun mit mir ansetzen? Günter, Berufsjäger der Nachbarfarm, hatte morgens festgestellt, dass die Katze in der Nacht noch an dem Riss gewesen war, aber nicht viel gefressen hatte. Da kein anderer Jagdführer zur Verfügung stand, erbarmte Günter sich, mit mir anzusitzen.

Gegen fünf Uhr nachmittags bezogen wir wieder unseren Schirm. Diesmal wollten wir, wenn nötig, die ganze Nacht durchsitzen. Wir richteten uns relativ gemütlich ein und warteten. Es machte schrecklich müde, immer nur in die Finsternis zu starren, so dass ich ab und zu im Land der Träume unterwegs war. Gegen elf Uhr erhellte der Mond die Szenerie. Unberührt lag der Riss noch da. Die Nacht wollte nicht vergehen. Da, gegen viertel vor drei schreckten wir beide gleichzeitig hoch. In einiger Entfernung hörten wir ein Knurren – viermal hintereinander. Dann war wieder Ruhe. Zehn Minuten später vernahmen wir die Laute wieder, diesmal deutlich näher. Meine Waffe hatte ich, so gut es ging, auf den Riss gerichtet. Die Katze konnte kommen, der Mond war hell genug.

Plötzlich ist er da – im letzten Büchsenlicht

Auf einmal war da wieder das Geräusch wie am Vortag: Ein Tier passierte ganz in unserer Nähe den Weidezaun und zog durchs hohe Gras. Diesmal meinten wir, deutlich das Rascheln der Stacheln eines Stachelschweins zu hören, die Anspannung legte sich wieder. Diese „Störung“ trat aber ausgerechnet jetzt ein, als wir das erneute Knurren des Leoparden ganz in der Nähe des Kudukalbs hörten. Doch er zog sich mit dieser Lautäußerung zurück. Das alles hatte fast eine Stunde gedauert. Wieder nichts! Um fünf Uhr in der Früh beschlossen wir aufzubrechen. Immerhin hatten wir die Katze gehört!

Am nächsten Tag hielt uns nichts mehr auf der Farm. Ab fünf Uhr saßen wir wieder in der Ansitzhütte. Mein Lager bestand aus mehreren Stuhlauflagen, die Rückenlehne bildete ein Felsen. Rechts neben mir thronte Henner in einem Hochlehner. Wir waren warm genug angezogen und auf eine lange Nacht vorbereitet. Das Wichtigste aber war, noch bei gutem Licht die Waffe genau auf den Riss einzurichten und mit Hilfe des Schießstockes zu fixieren. Viel bewegen konnte ich mich nun nicht mehr. Ob es wieder so eine lange Nacht werden würde? Die Sonne ging langsam unter, und die kurze Dämmerung brach ein. Hinter dem gegenüber liegenden Berg hörten wir mehrmals intensiv Kudus schrecken. War dort der Leo? Plötzlich horchten wir auf, da war wieder das Geräusch am Rinderzaun, diesmal aber weiter entfernt, dann raschelte es im Gras. Hochkonzentriert leuchteten wir mit unseren Gläsern im letzten Licht die Umgebung des Risses ab. Ich konnte es kaum glauben!

Nach dem Schuss ein zweimaliges Knurren

Da kauerte der Leopard rechts hinter dem Riss, der Kopf war hinter einem Baum verborgen. „Kannst du ihn sehen? Richte dich ruhig ein”, flüsterte Henner. Schnell der Griff zur Waffe, ein kurzes Korrigieren des Zielstachels auf das Blatt der Katze, mein Ellenbogen fand Halt auf Henners Knie, und schon flog die Kugel. Auf den Schuss hin hörten wir Bewegungen im dürren Gras, ein zweimaliges Knurren – dann war Ruhe. Ich hatte die Reaktion des Leoparden auf meinen Schuss nicht verfolgen können. Henner meinte: „Er ist nach rechts unten abgegangen, der hat die Kugel.”

Die nächsten Minuten kamen mir unendlich lang vor. Ein angeschweißter Leopard kann äußerst gefährlich werden! Inzwischen war es stockfinster. Über Funk sprachen wir mit Günter. „Seid bloß vorsichtig. Stellt euch auf das Felsplateau und leuchtet mit einer starken Taschenlampe den Gegenhang ab.” Wir verließen mit Waffe, Fernglas und Lampe ausgestattet unser Versteck. Der Lichtkegel der Lampe ging hin und her, hoch und runter, nichts war zu sehen. Da plötzlich, kaum zu erkennen, lag er im hohen, gold-gelben Gras – verendet. Ich konnte mein Waidmannsheil kaum fassen. Henner und ich lagen uns in den Armen, wir hatten es tatsächlich geschafft! Ein kurzer Funkspruch an Günter, dass er uns abholen konnte, und wir kletterten die Felsen hinunter. Es war ein Kuder, ein wunderschönes Tier. Ich konnte mich nicht satt sehen an diesem edlen Räuber. Ein Jägertraum war in Erfüllung gegangen.

Der selbstgabaute Ansitzschirm in der Nähe des Risses. Wichtig: Gute Tarnung, passender Wind und die Sonne im Rücken

 


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