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2012_2_WuH_Warzenkeiler

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Keiler

Typisch für den Keiler ist das Warzenpaar unter den Lichtern.
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Ansprechen der Bachen:
Die Bachen besitzen diese Auswachsungen nicht und haben einen schmaleren Kopf.


Die Pirsch führt durch trockenes Gras und dichtes Dornengestrüpp. Ein idealer Lebensraum für Warzenschweine. „Sie lieben die abwechslungsreiche Landschaft auf den Rinderfarmen und natürlich die Wasserstellen zum Suhlen und Brechen“, erklärt unser Jagdführer, während wir den Hochsitz an der Suhle beziehen. Angelegt wurden die Brunnen und Tränken in erster Linie für das Nutzvieh. Aber auch die Warzenschweine und andere Wildarten profitieren von ihnen.
Wir sitzen keine halbe Stunde, als der Berufsjäger seinen Kopf reckt und in Richtung der etwa 150 Meter entfernten Büsche sichert. Er hat einen Warzenkeiler aufgeklärt. Gagas Jagdinstinkt und -verstand sind beeindruckend. Wie ein Raubtier erkennt und deutet unser Jagdführer Fährten oder Spuren. Wild macht er aus, lange bevor wir auch nur ansatzweise etwas registriert haben.
Keilerjagd Namibia
Zwischen den Rindern bekommt der Keiler (l.) die Kugel. Bache und Frischlinge (r.) flüchten.

 

 


Christoph und Gaga baumen ab, um das Stück anzugehen. Ich warte auf dem Hochsitz. Nach einigen Minuten bricht der Schuss. Ein uralter, abgekommener Keiler wurde erlegt. Die Haderer sind stark abgenutzt. Bei einem Kampf mit einem Artgenossen wurde der Basse an der Keule geschlagen. „Die Wunde ist noch frisch. Hätten wir nicht zugeschlagen, hätten es wahrscheinlich bald die Hyänen getan“, lobt Gaga den Hegeabschuss. Der erfahrene Jagdführer schätzt den Keiler auf etwa zwölf Jahre. In freier Wildbahn werden Warzenschweine höchstens 15 Jahre alt.
Hegeabschuss Warzenkeiler
Hegeabschuss: Ein etwa zwölfjähriger und abgekommener Keiler wurde erbeutet.
Am Nachmittag sind wir erneut im Busch auf Pirsch, als der Berufsjäger plötzlich verharrt. Seinen Adleraugen entgeht keine Bewegung: Etwa 70 Schritte vor uns hat er die Rückenlinie einer einzelnen Sau im Gras ausgemacht. „Die Regenzeit in diesem Jahr war so heftig wie schon lange nicht mehr. Das Gras ist dadurch besonders hoch gewachsen, und die Warzenschweine sind darin leicht zu übersehen“, erzählt der Jagdführer später.
Geduckt und vorsichtig nähern wir uns dem Stück, um es genauer anzusprechen. Warzenschweine lassen sich in den offenen Graslandschaften recht gut anpirschen, da ihr Gesichtssinn nicht sehr ausgeprägt ist. Häufig sind die Sauen mit dem Brechen beschäftigt und vernehmen den sich anschleichenden Jäger nicht. Bekommen sie jedoch Wind, bringen sie
sich sofort in Sicherheit. Auf der Flucht strecken sie dann warzenschwein-typisch ihren langen Pürzel in die Höhe. Mit dieser Antenne und mit einem Schnauben warnen sie anderes Wild vor der nahenden Gefahr.
Inzwischen sind wir keine 30 Meter vom Stück entfernt und richten uns im Zeitlupen-Tempo auf. Im Vergleich zu unseren europäischen Schwarzkitteln ist das Ansprechen dieser Sauen verhältnismäßig einfach. „Bachen haben nur ein kleines Warzenpaar auf dem Wurf und einen eher schmalen Kopf. Ihr Gewaff ist kleiner und hat eine geringere Auslage“, erzählte der Berufsjäger bereits auf der Farm. Alte Bachen haben manchmal einen weißen Backenbart. Den Keiler erkennt man schnell am zweiten großen Warzenpaar unterhalb der Lichter. Kämpfen zwei Schweine miteinander, sollen diese Auswachsungen die Lichter schützen.

 


„Eindeutig eine Bache“, denke ich beim Anblick der Sau. Gaga bestätigt meine Annahme. Mit einem kurzen Wink weist er uns zum Rückzug. Wir umschlagen die Bache und sitzen bald darauf in einem Schirm an einem weiteren Wasserloch. Unser Pirschführer hatte dort vor einigen Tagen einen reifen Keiler bestätigt. Ihm wollen wir nachstellen.
Warzenschweinsuche im Unterholz
Hohes Gras und Unterholz: Warzenschweine sind in diesem Busch nur schwer auszumachen.

 

Doch zunächst besucht nur eine Bache mit zwei braunen Frischlingen die Wasserstelle. Kniend auf den Vorderläufen grubbern sie im Schlamm. Etwa ein halbes Jahr muss der Nachwuchs alt sein, denn Warzenschweine frischen meist zwischen Oktober und Dezember. Der durchschnittliche Wurf besteht aus vier „Fröschen“. Allerdings wird häufig nur ein Stück davon zum Überläufer. Besonders die blitzschnellen Geparde reißen bevorzugt Frischlinge. Ein erwachsenes Stück würden die Raubkatzen jedoch nur angreifen, wenn es verletzt oder völlig altersschwach ist. Warzenschweine sind wehrhaft und angriffslustig. Wird der Gepard auf der Jagd geschlagen, kann er kein Wild mehr erbeuten und verhungert.

 


60-Kilo-Keiler
Beute nach dem Ansitz am Wasserloch: Ein etwa zehnjähriger und rund 60 Kilogramm schwerer Keiler liegt im trockenen Gras der Savanne.
Ohne Vorwarnung wirft die Bache in unsere Richtung auf. Hat sie uns bemerkt? Wenn sie flüchtet, würde sie damit anderes Wild in der Umgebung alarmieren. Doch komischerweise zieht sich die Rotte verhältnismäßig ruhig zurück. „Sch“, meldet sich Gaga leise und mahnt uns zur regungslosen Stille. Während ich noch über das Verhalten des Wildes grüble, hat er die Situation längst messerscharf erfasst. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sich keine 20 Meter neben uns ein Warzenkeiler aus dem Unterholz schiebt. Er verhofft. Dass an Wasserlöchern auch Menschen und Raubwild lauern können, weiß er wohl bereits. Minuten vergehen. Doch dann kann er der Schlammbad-Versuchung nicht widerstehen. Mein Puls wird schneller. Mit einem Nicken erteilt mir unser Begleiter die Schussfreigabe. Auf knapp 30 Schritte liegt der Keiler
im Feuer. Gemeinsam begutachten wir das Stück. „Bei einem reifen Keiler sollen die Waffen etwa eineinhalb Hände breit aus dem Kiefer ragen“, klärt uns Gaga auf. Ich nehme Maß. Die Faustregel passt: „Eineinhalb Hände breit“, freue ich mich.
Inzwischen ist es dämmrig geworden, und wir beschließen, erst am nächsten Tag weiterzujagen. Über Nacht schieben sich Warzenschweine nämlich in alte Erdferkel-Baue ein. Sie liegen mit dem Gebrech in Richtung Eingang. Kaum ein Angreifer würde sich an solch eine drohende Sau wagen.

 


Goldmedaille für Keiler
Goldmedaille: Nach kurzer Suche stehen Christoph und Berufsjäger Gaga am erlegten Keiler.
Am letzten Tag unserer Reise sind wir bereits früh im Busch. Christoph möchte noch gerne auf einen weiteren Keiler jagen. Viel Zeit bleibt ihm nicht. Gegen Mittag müssen wir zurück auf der Farm sein und anschließend die Heimreise antreten. Für Christoph und mich scheint es, als würde Gaga etwas planlos in der Savanne umherirren. Doch der kleine Damara beweist uns erneut, dass er genau weiß, wie man Wild findet: Bereits seit einigen Minuten fällt mir auf, dass der Boden unter unseren Füßen frisch umgebrochen ist. Ein deutliches Zeichen, dass Warzenschweine in der Gegend sind. Gaga geht in die Hocke, tastet mit der Hand an der offenen Grasnarbe und riecht an der Erde. „Der hat doch irgendeine Vorahnung“, murmele ich in meinen Bart. Der ansonsten gelassene Führer wird plötzlich unruhig. Er richtet sich auf und klopft Christoph auf die Schulter. Zwischen einigen Rindern hat er eine Bache, Frischlinge und einen starken Keiler entdeckt. Auch das Wild hat uns eräugt und wird nervös. „Links ist der Keiler“, weist Gaga den Schützen an.
Auf den Schuss hin verschwindet die Rotte im Unterholz. Am Anschuss findet der Berufsjäger Eingriffe im Sand. Souverän wie ein Jagdhund geht er die Fährte aus. Nach 100 Metern stehen wir vor dem längst verendeten Keiler. „Starke Waffen“, freut sich Gaga, während wir ebenfalls über beide Ohren grinsen. „Das ist sehr wahrscheinlich eine Goldmedaille!“

 

 

 


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