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Eine ganz andere Jagdgeschichte…

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Bei der Redaktion WILD UND HUND gibt es eine neue Autorin, Diana Wetzestein. Die 37-Jährige wuchs in einer passionierten Jägerfamilie auf, schon ihr Großvater war Jäger. Sie selbst hat seit 15 Jahren den Jagdschein. Jetzt schrieb sie für die WILD UND HUND eine erotische Jagdgeschichte; sagen Sie uns Ihre Meinung dazu im WUH-Diskussionsforum.

Diana Wetzestein
 

Tattoo

Das Reh war noch ganz warm, es dampfte und ein fremder Geruch zog in sein Gesicht. Wegdrehen wollte er sich nicht, weil er wie hypnotisiert auf die Messerschneide starrte. Sie stand mit gespreizten Beinen über dem toten Tier und brach es auf, indem sie mit Zeige- und Mittelfinger der linken Hand eine Furche bildete und dort die scharfe Klinge durch das Fell des Tieres gleiten ließ.
 
Sie tat das ohne große Anstrengung. Den Hals hatte sie dem Tier schon vorher durchschnitten, der Schweiß floss in Strömen aus dem dicken Gefäß. Brutalität in einer ganz besonderen Form, denn wenn sie das tat, sah es so friedlich aus. Man konnte ihr nichts bestialisches ansehen, nicht in ihren Bewegungen, nicht in ihrem Gesicht, alles war entspannt und ruhig. Nur einen Moment dachte er bemerkt zu haben, dass sich ihr Puls erhöhte. Das war, als das Tier aus dem Wald auf die Wiese kam,  sie das Gewehr in die Hände nahm und sich ihr Blick, ihr Gehör und ihre ganze Aufmerksamkeit dem Todesschuss zu widmen schien.
 
Er konnte an ihrem Hals die schnell pulsierende Ader erkennen. Sie zuckte, wie von tausend Stromstößen getroffen und wurde plötzlich ganz ruhig, dann der Schuss. Der Tod, den sie bestimmt hatte, war still.
 
Es war ein warmer Sommerabend und es wurde schon langsam dunkel auf der kleinen Wiese mitten im Wald. Die Vögel zwitscherten so laut, dass diese Ruhe fast durch sie gestört wurde. Sie hatte ihr Hemd ausgezogen, um es nicht mit Blut zu verschmieren. „Sieht so eine Jägerin aus?“, fragte er sich. Die engen grünen Jeans, diese groben Schuhe, aber ein schwarzer Body und nur ein leichtes grünes Hemd. Die breiten Schultern und die leicht gebräunte Haut hatten einen ähnlichen Farbton, wie das tote Tier, das unter ihr lag.
 
Aufgebrochen, wie sie es nannte, ausgeweidet, und immer noch dampfte es. Der Geruch hatte sich geändert, jetzt wo der Tierkörper ausgehöhlt war, leer, nur noch mit Blut gefüllt. Sie sprach nicht viel dabei, konzentrierte sich auf das, was sie tat. Als sie sich aufrichtete, sah er in ihren Augen einen Ausdruck, den er zuvor noch nie gesehen hatte. Vielleicht war er ihm auch noch nie vorher aufgefallen. Er spürte in ihrem Blick, dass er ihre nächste Beute sein würde und ein unbeschreibliches Gefühl durchzog seinen Körper. Dieser Blick war fest, animalisch und zielgerichtet. Er konnte ihr nicht entkommen, er wollte es auch nicht. Sie kam auf ihn zu und berührte mit ihren blutverschmierten Händen sein Gesicht. Mit ihren Lippen und ihrer Zunge nahm sie ein bisschen davon auf, langsam berührte sie seinen Mund. Dabei sah sie ihm ganz tief in die Augen, sie sprachen kein Wort und er ließ es zu. Er legte seine Hand um ihren Hals, um sie an sich heran zu ziehen und spürte dabei ihren schnellen Pulsschlag, genauso, wie er es vor dem Schuss gesehen hatte. Er öffnete seine Lippen und schmeckte einen süßlichen Geschmack des Blutes, ein bisschen salzig waren ihre Mundwinkel vom Schweiß, der ihr übers Gesicht gelaufen war, als sie das Tier einige Meter über die Wiese gezogen hatte.
 
Sie stand vor ihm und gab ihm einen Kuss, der ihm den Verstand zu rauben schien und der ihn zwang sich auf der Wiese nicht weit von dem toten Tier auszustrecken. Er hatte nichts mehr unter Kontrolle, alles was er spürte war Leidenschaft, Begierde und Erregung. Sein Puls war es jetzt, der raste und sie stand über ihm, so wie sie über dem Tier stand, das Messer in der rechten Hand. Sie nahm sein T-Shirt und durchschnitt es, dabei berührte sie immer wieder mit Zeige- und Mittelfinger der linken Hand seine Haut. Es gelang ihr, mühelos. Auch die Ärmel durchschnitt sie und er lag vor ihr mit freiem Oberkörper, muskulös, angespannt und auch ein Stück weit ausgeliefert. Jetzt legte sie das Messer bei Seite, was ihn durchatmen ließ, dann ging sie zum Wildkörper, tauchte ihre Hände ins Blut ein und kam zu ihm zurück. Sie setzte sich auf seinen Schoß und konnte dabei seine Erregung spüren. Mit ihren beiden Händen fuhr sie ihm über seine Brust, mit den Daumen grub sie sich ein wenig härter in den Magen um sie langsam unter den Hosenbund zu schieben. Dann rutschte  sie auf seine Oberschenkel und bemerkte dabei, dass sein gesamter Körper so angespannt war, als würde er in nächster Sekunde aufspringen, um sich aus ihrer Macht zu befreien. Aber er tat es nicht und sie öffnete die fünf Knöpfe seiner Hose, dann stand sie auf, um frisches Blut zu holen.
 
Spät in der Nacht kam er nach Hause, die Erinnerung an diese Frau und an das, was sie mit ihm getan hatte, bescherten ihm auch jetzt noch eine Gänsehaut. Er konnte nicht glauben, dass er es war, der dort auf der Wiese gelegen hatte, dass er es war, der sich sein T-Shirt durchschneiden ließ und dass er es war, der sich dieser Frau ausgeliefert fühlte. Er hatte Dinge getan, die er noch nie zuvor getan hatte, Worte gehört, die er erst jetzt verstehen konnte und Leidenschaft gespürt, die so intensiv war, dass sie weh tat. Auch jetzt noch.
 
Sein Körper brannte, sein Rücken, seine Lenden und vor allem seine Arme. Bevor er unter die Dusche gehen wollte, betrachtete er sich im Spiegel, er sah seinen Körper mit Blut bedeckt. Es war schon trocken und blätterte ab, aber er erkannte noch ganz genau den Abdruck ihres Körpers, als sei er ihm eingebrannt worden, für immer. Duschen wollte er nicht, jetzt noch nicht. Einige Zeit noch sollte sie bei ihm sein, ganz nah, ganz tief.
 
Die Bettwäsche war sauber, er voller Blut. Also konnte es kein Traum gewesen sein, denn ihre Formen, ihre Linien und ihre Bewegungen waren immer noch zu erkennen. Langsam und während er mit der Hand die Linien auf seinem nackten Körper nachzeichnete, wurde die Erinnerung an sie wieder wach. Und wieder sah er diese unglaubliche  Frau und das Blut. Es gab auch jetzt kein Entrinnen für ihn. Das trockene Blut, es hatte längst seine ursprüngliche Wärme wieder angenommen, und der Anblick seiner Haut hauchten ihm die Erregung wieder ein. Es war kaum zu ertragen und unendlich schön.
 
Das Aufstehen fiel ihm schwer und er fühlte sich erschöpft, wie ausgesaugt, aber es war nicht sein Blut. War er das. Er sah sie, wenn er seine Augen schloss und er schmeckte und roch sie. Er hörte sie lächeln. Sie zog ihn in den Regen. Ein Regen, der den Körper und seine Seele wieder reinigen wollte. Doch die Seele blieb befleckt, befleckt vom Blut eines toten Tieres und von ihrer bestialischen Überlegenheit, die er zugelassen hatte. „Willst du noch mehr von mir wissen?“, hörte er sie in Gedanken fragen. „Alles!“, rief sein nasser Körper, während das rotgefärbte Wasser im Abfluss der Duschwanne verschwand, genauso, wie sie aus seinem Leben verschwand, als die Nacht vorbei war. Er stellte die Dusche auf kalt, eiskalt und flüsterte in sich hinein:  „Animalische Zärtlichkeit, ein Tattoo für eine Nacht.“
 
„Angewidert“ oder „angetörnt“? Sagen Sie uns Ihre Meinung über diesen Artikel im Diskussionsforum der WILD UND HUND:
 
Diese Geschichte erscheint nur online. Einen weiteren Artikel der Autorin lesen Sie in der WILD UND HUND Nr. 12/2005. Das Heft ist ab 17. Juni 2005 am Kiosk erhältlich.

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