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DIE HANNOVERSCHEN SCHWEISSHUNDE Hirschrote Spezialisten

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Wenn schon nachgesucht werden muss, dann optimal. Diese Könner unter den Jagdgebrauchshunden lösen selbst schwierige Nachsuchenprobleme auf Hochwild imponierend und souverän.

Ein HS-Vertreter des schweren Leithundtyps in dunkel-hirschrot mit ausgeprägter, dunkler Maske FOTOS: BURKHARD WINSMANN-STEINS, SEEBEN ARJES
Eine feinzellige hell-hirschrote Hannoversche Schweißhündin mit leichter Maske

Wilhelm Puchmüller
Mehr als 100 Jahre zielgerichtete, erfolgreiche Zucht des Hannoverschen Schweißhundes (HS) durch den Verein Hirschmann haben bewirkt, dass Forstleute, Berufs- und private Jäger einen Gebrauchshund zur Verfügung haben, den sie dringend benötigen, um die Hochwildjagd waidgerecht ausüben zu können. Die Zucht dieser Rasse war stets vorrangig auf die jagdliche Verwendung der Hunde ausgerichtet, als auf deren Entwicklung zum Liebhaberobjekt. Dabei spielt die innige Beziehung zwischen dem Schweißhundführer und seinem vierläufigen Jagdhelfer eine tragende Rolle. Es ist überliefert, dass dieser  Grundgedanke bereits vor 200 Jahren an den fürstlichen Jägerhöfen für die Zucht der Leitund der Schweisshunde maßgeblich war. Die Zuchtwahl an der Wiege dieser Rasse, dem Hannoverschen Jägerhof, wurde nicht nur nach bevorzugter Körperform, sondern ausschließlich nach seiner Leistungsfähigkeit bei der Arbeit am Wild vorgenommen. Bemerkenswert ist auch, dass sich im 19. Jahrhundert  verschiedene lokale Erscheinungsformen gebildet hatten. So sprach man von der „Sollingrasse“, die den alten, schweren Leithunden am meisten glich, mit faltigem Gesicht und als Besonderheit, mit roten Nasen. Ferner der „Harzer Rasse“ mit kürzeren Behängen und drahtiger Figur und schließlich der „Jägerhof-oder Heiderasse“, feingliedrig und meistens hirschrot. Noch bis Anfang des vorigen Jahrhunderts
trennte man züchterisch den sogenannten Leithundtyp und den leichteren Schweißhundtyp voneinander, unterließ dann aber, diese, die Zuchtspanne behindernde Einengung endgültig. Heute wird der Typ lediglich mit den Merkmalen „leicht, mittelschwer und schwer“ charakterisiert. Bei der Haarfarbe des Hannoverschen Schweißhundes finden wir die verschiedenen Variationen im Spektrum zwischen fahlgelb über hirschrot bis zu braunen und schwarzbraunen Erscheinungen. Bemerkenswert ist dabei die ursprüngliche Trennung zwischen reinfarbigen Hunden und einer leichten bis starken „Stromung“, also einer schwarzen Strichelung auf den oben genannten Grundfarben. Auch hier ist eine getrennte Züchtung beider Variationen seit langem aufgehoben. Als ein Ideal gilt eine schwarze Maske. Der mittelgroße, kräftig gebaute Hannoveraner soll eine Schulterhöhe von 48 bis 55 Zentimetern erreichen. Er soll sich deutlich im Typus vom Bayerischen Gebirgsschweißhund und von den Bracken abheben.
Die heutige Zucht Hannoverscher Schweißhunde unter der Regie des Vereins Hirschmann wird von den drei Säulen „Gesundheit, Leistung und Formwert“ getragen. Sie ist immer noch eine Inzucht, die
planvoll angewendet, einmal die gewünschten Eigenschaften festigt, zum anderen die in der Erbmasse verborgenen Mängel aufdeckt. So ist es verständlich, dass auch in dieser Leistungszucht Minusvarianten
in Gesundheit, Leistung und Form auftreten können. Es gilt diese rechtzeitig zu erkennen, und zwar aus einer Beurteilung über einen ganzen, geschlossenen Wurf. Daraus kann dann der Erbwert der Eltern gedeutet werden und man erhält eine Grundlage für neue Zuchtplanungen. Wichtigste Grundlage hierfür ist die Berichterstattung durch die Hundehalter. Dass dieses über so lange Zeit ehrlich und gewissenhaft gelungen ist, begründet sich vor allem darin, dass für die Schweisshundführer dieses Vereins die Leistungskraft ihres Nachsuchenhundes an der obersten Stelle steht. Schon den Altvorderen ging es einzig darum, Hunde für die Arbeit am Wild zu züchten. Geschäftliches Interesse gab und gibt es beim Verein Hirschmann nicht.

Der Zuchtumfang ist relativ gering und stets auf den wirklichen Bedarf an Nachsuchenspezialisten in den Hochwildrevieren abgestimmt. Durch die Vermittlung des Vereins gehen die Welpen ausschließlich an Führer mit Gelegenheit zur umfangreichen Nachsuchentätigkeit, das heißt, die Züchter selbst sind nur daran interessiert, ihre Welpen dorthin zu geben, wo Leistungsberichte, Gesundheits- und Wesensmerkmale an diese und die Zuchtleitung zurückfließen. So wird nur mit vorher genehmigten Verbindungen gezüchtet. Der Zuchtkommission, in Verbindung mit dem Vorstand, kommt bei dieser konsequenten Zuchtordnung eine tragende Rolle zu. Nur so ist diese Art der Familienzucht auf ihrem hohen Stand zu halten. Gesundheitszeugnisse und röntgenologische Untersuchungen in Verbindung mit einer klar definierten und strengen Formbewertung geben einerseits hierfür die Grundlage. Andererseits wird die Leistungsfähigkeit durch die sogenannte Vorprüfung als Anlagenprüfung und der Hauptprüfung in der rauhen Nachsuchenpraxis, die heute ausschließlich in Verbindung mit den allerorts stattfindenden Wildjagden durchgeführt wird, dokumentiert.

Warnhalsungen und Telemetrie-Sender sind bei Nachsuchenhunden im Einsatz nicht mehr wegzudenken. Viele Führer bevorzugen statt einer Halsung heute das Brustgeschirr
Ein gestromter Hannoveraner-Rüde des starken Mittelschlages

Zentrale Bedeutung muss man auch den jährlich einzureichenden Leistungsnachweisen über Nachsucheneinsätze jedes Hundes beimessen, die Auskunft über natürliche Ruhe bei der Riemenarbeit, über
sicht- oder fährtenlaute Hetze, Härte und Durchhaltewillen des Hundes geben. Die Bilanz der Nachsucheneinsätze Hannoverscher Schweisshunde kann sich sehen lassen. Während vor 50 Jahren mit zwölf
Hunden 150 erschwerte Erfolgssuchen auf Hochwild durchgeführt wurden, erbrachten im Jahr 2001 sage und schreibe 223 Hanoversche Schweißhunde eine Erfolgsstrecke von 3457 Stücken, davon 1362 mit Hetze. Grundsätzlich werden dabei nur erschwerte Arbeiten gewertet. Während das Rot- und mancherorts auch das Damwild die Hauptwildarten des „Hirschmann“ waren, wendete sich das Bild seit 1970. Infolge des explosionsartigen Anstiegs der Schwarzwildbestände in Deutschland steht dieses heute in der Nachsuchenpraxis an der ersten Stelle. Der Anteil der Rotwild-Nachsuchen zum Beispiel beträgt zur
Zeit etwa 20 Prozent von der des Schwarzwildes. Andere Schalenwildarten spielen nur eine regionale Rolle, und Rehwild wird lediglich mit älteren und erfahrenen Hannoverschen Schweißhunden nachgesucht. Es ist ein Vorteil für den jungen Schweißhund, der später vornehmlich Sau und Hirsch nachsuchen soll, wenn er zunächst das verführerische Rehwild meidet. Hannoversche Schweißhunde werden mehr als jemals zuvor durch das überaus harte und wehrhafte Schwarzwild auf harte Bewährungsproben gestellt. Wenn es diesen Hunden also möglich ist, solche Erfolge zu erzielen, muss einem um Wesensfestigkeit, Gesundheit und Anlage nicht bange sein. Es ist das Verdienst des Vereins Hirschmann mit seiner Gründung im Jahr 1894, die Reste der Schweißhunde des Hannoverschen Jägerhofes gesammelt und planmäßig in den bedeutendsten Hochwildrevieren Deutschlands streng auf Leistung gezüchtet und durch seine Schweißhundführer gerecht ausgearbeitet zu haben. Immer waren die Vorsitzenden dieses Vereins auch gleichzeitig erfahrene Verwalter von bedeutenden Rotwildrevieren und selbst Führer dieser Hunde. In der hundertjährigen Geschichte wirkten insgesamt nur sieben Zuchtwarte – jeder auf seine Art –konsequent und mit großem, langjährigem Engagement. Einem sei hier für alle gedacht – Konrad Andreas. Mit ungewöhnlichen Kenntnissen über alle Jagdhundrassen ausgestattet, vermochte er nicht nur im Stillen das Richtige zu tun, sondern auch dieses in einzigartiger Weise in Wort und Schrift auszudrücken. In 37 Jahren hat er bis 1969 die Zusammenbrüche nach den Weltkriegen überbrückt und maßgeblich zur Erhaltung des Hannoverschen Schweisshundes beigetragen. Gelegentlich hört man die Ansicht, der Verein Hirschmann sei ein elitärer Klub. Diesem Vorurteil muss entschieden widersprochen werden. Es kann jeder unbescholtene, waidgerechte Jäger oder auch jede Jägerin Mitglied werden. Es sollten allerdings Neigung und Bezug zur helfenden Arbeit nach dem Schuss und die Wertschätzung eines wirklich für den Jagdgebrauch tauglichen Hundes vorliegen. Liebhaberzuchten und das Geldverdienen mit Schweisshundwelpen sind nicht nur verpönt, sondern stoßen in diesem Kreis auf entschiedene Ablehnung. Es war ein großer Gewinn für die Ausweitung der Zucht – und nicht zuletzt auch im menschlichen Bereich – als im Jahr 1991 der überwiegende Teil der Mitglieder des Schweisshundverbandes der DDR zum Verein Hirschmann übertrat. Ergreifend, als man erkannte, unter welchen persönlichen Opfern die östlichen „Hirschmänner“ ihre kleinere Zucht Hannoverscher Schweisshunde über 40 Jahre lang zu erhalten vermochten. So kam es auch gleich nach der Wende zu einer deutlichen Distanzierung der idealistisch eingestellten Schweisshundleute zu denen, die mit Hilfe dieses diktatorischen Staates Bevormundung und Profilierung suchten. Am 19. Juli 1930 wurde der Internationale Schweisshund-Verband (ISHV) von vier Gründungsvereinen, dem Verein Hirschmann, dem Österreichischen Schweisshund-Verein, dem Ungarischen Schweisshund-Verein und dem Klub für Bayerische Gebirgsschweisshunde gegründet. Heute sind fast alle europäischen Länder mit ihren anerkannten Schweisshundvereinen in diesem Verband vertreten. Neben gemeinsam erarbeiteten Zucht- und Prüfungsordnungen, ist es vor allem in jüngerer Zeit notwendig geworden, ein Entgleiten der Leistungszucht in eine Liebhaberzucht dieser wertvollen Gebrauchshunde zu verhindern. Die Zuchtwarte der angeschlossenen Vereine treffen sich regelmäßig, um in ihren Ländern die oben beschriebenen Grundsätze zu wahren. Ein äußeres Zeichen ist die Schaffung eines geschützten Gütesiegels für die Ahnentafeln mit der Aufschrift „Leistungszucht des ISHV“, die nur die jeweiligen Zuchtwarte persönlich führen. Ein Erfolg spiegelt sich darin wieder, dass die Nachfrage nach Welpen für den Einsatz in den bedeutenden Hochwildrevieren Europas an die Adresse der ISHV-Vereine geht und man sich nicht mit Hunden begnügt, die aus Profitgründen oder falsch verstandener Liebhaberei in den gängigen Jagdzeitschriften angeboten und dort mit „CIC-Papieren“ deklariert werden.


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