Der mittelgroße Hund mit krausem Haar ist eine der ältesten
Wasserhundrassen, die ihren Ursprung in Frankreich hat. In Deutschland ist der Charmeur eher selten.
Julia Kauer
Foto: Julia Kauer
Große Wellen auf dem See und das laute Knacken im Schilfgürtel lassen erahnen, dass im dichten Röhricht ein Hund stöbert. Es ist Mitte Dezember, und der See ruht in winterlicher Stille, seine Ränder sind mit einer zerbrechlichen Eisschicht bedeckt. Kurze Zeit später steckt ein nasser Lockenkopf seine Schnauze aus den Halmen mit Blick zum Hundeführer. Dieser schickt seinen Vierläufer weiter voran.
Ein Schof Enten streicht aus dem Schilf ab, es fallen zwei Schüsse. Ein lautes Platschen bestätigt den getroffenen Breitschnabel. Ohne zu zögern ist der Schwarze schon auf dem Weg, die gefiederte Beute seinem Herrn zu apportieren. Das eiskalte Wasser scheint ihm dabei nichts auszumachen. Selbst im kältesten Wasser schützt das lange, wollige Haar hervorragend vor Unterkühlung.
Die Herkunft des Barbets wird kontrovers diskutiert. Er wurde vermutlich im siebten Jahrhundert von den Mauren nach Portugal gebracht. Als Karl Martell den Eroberungsdrang der Mauren stoppte, etablierte sich die Rasse schließlich in Frankreich. Sie zählt somit zu den ältesten europäischen Wasserhunden. Im Mittelalter wurde der Barbet von Bauern als Hütehund gezüchtet und bewachte gleichzeitig Haus und Hof. Zu dieser Zeit war der Besitz bestimmter Hunderassen ein Privileg höherer Stände, und so wurde der Barbet von der Oberschicht hauptsächlich mit zur Jagd genommen. Der berühmteste Vertreter dieser Rasse war „Moustache“ (französisch: Schnurrbart), der 1800 mit der Armee des Ersten Konsuls Napoleon Bonaparte über den Großen Sankt Bernhard-Pass die Alpen überquerte und maßgeblich als Militärhund in dessen Feldzügen beteiligt war.
Aufgrund seiner Vielseitigkeit und seines verspielten Wesens erfreuten sich die Barbets großer Beliebtheit und verbreiteten sich schnell über ganz Europa. Die Engländer nannten die Rasse auch ,,Mud-Dog“, weil sie mit Vorliebe im morastigen, schmutzigen Wasser jagte. Als Hunde der Schiffer holten sie nicht nur die vom Schiff erlegten Enten, sondern auch über Bord gefallene Gegenstände aus dem Wasser, und sie halfen den Fischern beim Einbringen der Netze. Im Laufe der Jahrhunderte wurden verschiedene Rassen, unter anderem einige Vorsteh- und Stöberhunde, eingekreuzt. Züchterisch sind der Pudel und der Irish Water Spaniel auf den Barbet zurückzuführen. Auch Jagdhunde des Typs Griffon, wie Pudelpointer und Deutsch-Drahthaar, haben den wasserfreudigen Franzosen unter ihren Ahnen.
Der Barbet ist ein mittelgroßer, wasserfreudiger Jagdhund mit ausgeprägtem Arbeitswillen und freundlichem Wesen.
Foto: Julia Kauer
Das Interesse ließ gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach. Der Barbet geriet immer mehr in Vergessenheit und stand kurz vor dem Aussterben. Erst in den 1970er-Jahren erlebte er, dank einer kleinen Zahl engagierter Züchter, wieder einen Aufschwung. Der ehemals als Vorstehhund klassifizierte Barbet rückte langsam wieder in den Fokus jagdlicher Verwendung in ganz Europa und ist heute eine FCI-anerkannte Jagdhunderasse mit Arbeitsprüfung. Durch die weltweite Vernetzung und Zusammenarbeit einzelner Barbetclubs scheint der Bestand gesichert zu sein. Dennoch gibt es nur rund 400 Exemplare in Deutschland.
Hierzulande wird diese Rasse vom Verein für französische Vorstehhunde betreut. „Unter unseren Mitgliedern haben wir 16 aktive Barbetzüchter. Es fallen im Schnitt um die zehn bis zwölf Würfe pro Jahr“, so Max Weindler, der Präsident des Vereins für französische Vorstehhunde (VBBFL). Als einziger Club in Europa hat dieser das Bestehen der Anlagenprüfung als Zuchtvoraussetzung.
Ein Barbet, der in Deutschland zur Zucht zugelassen werden soll, muss auf Hüftgelenksdysplasie (HD) untersucht werden, auf einer vom VBBFL anerkannten Ausstellung einen Formwert erhalten und die Vereinsanlagenprüfung (VAP) absolvieren. Seit 2018 werden die Zuchttiere anhand von Gentests außerdem auf PRA (progressive Retinaatrophie) und Fellfarbe Dilution untersucht, da, hervorgerufen durch eine Mutation, Exemplare mit verdünnter oder aufgehellter Grundfarbe auftauchen können. Prüfungsfächer der VAP sind das Vorstehen, die Suche, die Schleppe, die Wasserpassion, die Nasenarbeit, die Schussfestigkeit im Feld und im Wasser sowie die Schweißarbeit. Über lange Zeit war Deutschland das einzige Land, in dem der Barbet für die Zuchtzulassung eine Arbeitsprüfung benötigt. Ziel ist es, die Rasse in seiner Ursprünglichkeit als Gebrauchshund zu erhalten. Mittlerweile wird dafür auch in Österreich eine Arbeitsprüfung verlangt.
Auf der Jagd auf Federwild ist der Barbet in seinem Element.
Foto: Julia Kauer
Bedauerlicherweise zählt der Barbet heute noch zu den eher unbekannten Rassen. Dabei zeichnet der wasserliebende Hund sich durch viele positive Charaktereigenschaften, wie ein freundliches Wesen, Gelehrigkeit und große Führerbezogenheit, aus. „Der größte Pluspunkt für mich beim Barbet ist seine Leichtführigkeit und die ständige Lernbereitschaft. Er ist einfach ein treuer Jagdkamerad im Spektrum eines Vorstehhundes. Außerhalb der Jagd ist er ein angenehmer Wegbegleiter und sehr verträglich mit anderen Hunden“, sagt Tanja Sommer, die durch einen Artikel in einer Jagdzeitschrift über alte Jagdhunderassen auf den französischen Hund aufmerksam wurde. Da der Barbet sehr eng mit seinem Menschen verbunden ist, möchte er gern – seinen Veranlagungen entsprechend – mit ihm zusammenarbeiten. Als reiner Wohnungshund eignet sich der durchaus lebhafte und aufgeweckte Vertreter jedoch nicht. Er hat einen deutlich ausgeprägten Jagdinstinkt. So ist seine größte Vorliebe das Stöbern in bewachsenen Uferzonen nach Federwild.
Auch auf Drück- und Treibjagden zeigt der Barbet seine hervorragenden Stöbereigenschaften. Seine feine Nase und der starke Finderwille sind auf der Rotfährte eine große Hilfe. Dennoch sollten komplizierte Nachsuchen Profis vorbehalten bleiben. Auch als Therapiehund kann der menschenfreundliche Vierbeiner eingesetzt werden. „Aufgrund seiner Passion eignet sich neben der Jagdausübung ebenfalls die Fährten- und Dummyarbeit, Obedience und Agility, um den Hund genügend auszulasten“, erklärt Tanja Sommer.
Das krause, wollartige Fell aus langen Haaren und der üppige Schnurbart des Hundes haben dem Barbet seinen Namen gegeben. Denn „barbe“ ist französisch und bedeutet Bart. Der aufgeweckte Franzose hat eine besondere Eigenschaft: Er haart nicht. Diese sicherlich angenehme Eigenschaft macht die Hunde aber nicht automatisch zu „antiallergischen“ Hunden. Damit das Fell nicht verfilzt, lange Schnüre bildet und nicht anfängt, zu riechen, muss es mindestens ein- bis zweimal im Jahr geschoren und ein bis zweimal die Woche durchgekämmt werden. Es gibt die Farbschläge weiß, lohfarben, sandfarben, braun, grau und schwarz oder gescheckt. „Wer sich für einen Barbet entscheidet, kann sich sehr glücklich schätzen. Sein fröhliches und sonniges Gemüt hat mir an manch düsteren Tagen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert“, bekräftigt Tanja Sommer.
Foto: Julia Kauer
Rassestandard
FCI-Gruppe 8: Apportier-, Stöber- und Wasserhunde, Sektion 3, Wasserhunde mit Arbeitsprüfung
Widerristhöhe: Rüden 58 cm bis 65 cm, Hündinnen 53 cm bis 61 cm
Gewicht: Rüden 17 – 28 kg, Hündinnen 14 – 23 kg
Körperbau: Ein Hund mittlerer Größe, gut proportioniert, langköpfig und von eher gestrecktem Körperbau. Er ist kräftig, beweglich und von athletischer Natur.
Haarkleid: lang, wollig, lockig. Kann Schnüre bilden. Das Haarkleid ist dicht, es bedeckt im natürlichen Zustand belassen den ganzen Körper. Dies ist ein wesentliches Merkmal der Rasse. Das Haar des Barbet wird ein- bis zweimal im Jahr geschoren sowie wöchentlich gekämmt, um seiner Arbeit wie auch der Erhaltung zu entsprechen.
Fellfarbe: Einfarbig schwarz, grau, braun, lohfarben (falb), sandfarben, weiß oder mehr oder weniger gescheckt. Alle Schattierungen von lohfarben und sandfarben sind erlaubt. Die Schattierung sollte vorzugsweise am ganzen Körper dieselbe sein.
Wesen: ausgeglichen, sehr führerbezogen, sehr gesellig, wasserfreudig, auch wenn das Wasser extrem kalt ist.