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Kunstbau-Bilanz

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Im Dezember 2019 sind es knapp 17 Jagdjahre, in denen unter anderem die Bodenjagd an Kunstbauen genau dokumentiert wird. Dr. Karl-Heinz Betz zieht Bilanz und versucht eine Interpretation der Daten.

Foto: Karl-Heinz Betz

In der Zeit vom 1. April 2003 bis zum 3. Dezember 2019 wurden im WuH-Revier insgesamt 447 Füchse erlegt. Davon 91 auf der Boden- jagd, 87 aus elf Kunstbauen, vier aus Naturbauen.

Warum nur vier Füchse aus Naturbauen? Im Revier befinden sich drei größere, uralte Burgen mit zahlreichen Röhren. Bei einer sind es sicher über 40. Wir haben mehrfach beobachtet, dass gesprengte Füchse sofort wieder in der daneben liegenden Röhre einfahren, ohne dass die kleinste Chance bestanden hat, den Rotrock zu beschießen. Das ist nicht nur für die Jäger frustrierend, sondern auch für die Erdhunde.

Darüber hinaus sind diese uralten Festungen natürlich vom Dachs gegraben und befahren, sodass immer die Gefahr einer Aus- einandersetzung zwischen Hund und Grimbart besteht – an kurzen Wintertagen eine zeitraubende und nicht immer glatt verlaufende Verzögerung im Jagdablauf. Einschläge sind aufgrund der Besto- ckung dort nicht möglich. Aus diesem Grund sind wir mehr und mehr davon abgekommen, die Naturbaue regelmäßig zu bejagen.

Acht unserer Kunstbaue sind vom Mester-Typ: Vom quadratischen Kessel gehen zwei Röhren aus, die nach zwei Metern zu einer zusammenlaufen. Einer besteht aus Plastik, bei dem vom Kessel zwei relativ kurze Röhren ans Tageslicht führen. Ein weiterer ist ein „Reineke“ von Reinken: Die Röhrenelemente werden aus Halbscha- len zusammengesetzt, sodass das Innenprofil einem gestreckten Sechseck gleicht. Der Bau hat nur eine Röhre, dafür aber zwei hin- tereinanderliegende Kessel. Der elfte Bau besteht aus Hartplastik und besitzt einen durch eine durchbrochene Querwand geteilten Rundkessel.

Natürlich drängt sich die Frage auf, welcher dieser Baue am erfolgreichsten war. Dabei ist nicht nur das Modell zu berücksichtigen, sondern dessen Lage im Revier. Ein weiterer wichtiger Aspekt zeigt sich deutlich bei den acht Mester-Bauen: Wir haben sie mit unterschiedlich langen Röhren zum Kessel ausgestattet. Die mit den längsten liegen eindeutig vorn: Länge fängt!

Bei einem der Mester-Baue mit kürzerer Röhre (sechs Meter) wurde zu- sätzlich ein Fallenelement mit Berührungsauslöser eingebaut. Wurde davor wenigstens hin und wieder ein Fuchs gesprengt, brach nach dem Einbau im Jagdjahr 2011/12 der Erfolg gänzlich ab – mit Ausnahme eines Dachses.

Um die Effizienz von Kunstbauen zu diskutieren, ist es redlich, nicht nur die an diesen Bauen erlegten Füchse zu berücksichtigen. Nicht selten springt ein Fuchs und wird gefehlt. Außerdem werden die Baue auch von Dachs und Wildkatze aufgesucht.

Apropos Dachs: Als wir die letzten BaueimJagdjahr2002/03einbau- ten, riet uns Michael Mester, als letz- tes Element an der Bauöffnung statt der 25-cm-Röhren ein Rohr mit 20 cm Durchmesser zu verlegen, um Schmalzmann fernzuhalten. In der langen Zeitspanne bis heute mussten wir feststellen, dass sich Dachse bis zu einem gemessenen Gewicht von 11,6 kg durch die 20er-Röhren zwän- gen. Den letzten holten wir vor wenigen Wochen aus einem Bau: ein Rüde mit 10,6 kg.

Springt ein Fuchs, heißt das nicht, dass er getroffen wird. Auch gefehltes Wild muss dokumentiert werden, um den Erfolg eines Baues richtig einzuschätzen.
Foto: Karl-Heinz Betz

Wir sind erpicht, den Dachs aus dem Kunstbau fernzuhalten, denn er macht ihn für den Fuchs unbewohnbar! Im Gegensatz zu Reineke, der im Kessel mit dem eingestreuten feinen Sand zufrieden ist, polstert Grimbart den Kessel teilweise bis zum Überquellen mit Gras, Moos und sogar Plastiktüten aus. Zudem benutzt er nicht selten die Parallelröhre am Kesselausgang als Abtritt. Das ist besonders unangenehm, wenn der Erdhund nach Revision eines solchen Baues von oben bis unten mit halbflüssiger Dachslosung bedeckt wieder ans Tageslicht kommt.

Hier gibt es nur eine Lösung: Kessel öffnen, den Hund vom Kessel aus an- setzen, den Dachs, der jetzt relativ leicht in Bewegung kommt, sprengen und erlegen. Danach den Kessel inklu- sive des gesamten Baus mit Wasser ausspülen (Wasserwagen vom be- freundeten Bauern), drei Tage trocknen lassen, den Kessel mit Sand neu aus- streuen und ihn mit der Zementplatte wieder abdecken. Eine seltene Ausnahme von der Polsterungsabneigung Reinekes machte im Januar 2009 eine uralte, fast zahnlose Fähe mit lediglich 3,5 kg, die im Kessel voll mit Heu saß, das Grimbart zuvor eingetragen hatte.

Gesprengter Dachs aus dem Pohlwald- Bau. Er war der einzige, bei allen anderen musste der Kessel geöffnet werden.
Foto: Karl-Heinz Betz

Durch diese Erfahrungen schlau geworden, verschließen wir die Baue nach der Bodenjagdsaison Ende Februar. Das ist der Zeitpunkt, an dem die Jährlingsdachse die Mutterbaue in der Regel verlassen, weil sich frischer Nachwuchs einstellt, und sich neue Behausungen suchen. Anfang August, die Jungfüchse sind dann raubmündig und streifen herum, werden die Kunstbaue wieder geöffnet.
Trotz dieser Maßnahme wurden danach immerhin noch fünf Dachse aus den Kunstbauen geholt und erlegt. ­Einer sprang übrigens fast wie ein Fuchs vor dem Kurzhaarteckel, ohne dass der Kessel geöffnet werden musste – eine absolute Ausnahme.

Besonders unangenehm für den Bauhund sind Wildkatzen. Sie schlagen im Gegensatz zum Fuchs, der sich lediglich mit dem Fang verteidigt, aus der Distanz mit ausgefahrenen Krallen. Meine Rauhaar-Hündin hätte bei so einer Aktion beinahe ein Auge eingebüßt. Gott sei Dank war nur das Lid eingerissen. Wildkatzen ruhen sich gern in den Kunstbauen aus. Im August 2010 bauten wir zum Test in einige Kunstbaue Thermo-Melder ein. Wurde der Kessel befahren, stieg die Innentemperatur, und wir bekamen eine Nachricht aufs Handy. Fast eine Woche lang gab es an einem Bau nachts zwischen drei und sechs Uhr Alarm. Um herauszufinden, wer verantwortlich war, positionierten wir eine Wildkamera. Und siehe da: Regelmäßig ab ca. drei Uhr fuhr eine Wildkatze in den Bau, um ihn nach etwa drei Stunden Nachtruhe wieder zu verlassen. Auch aus diesem Beispiel lernt man, dass unsere jagdlichen Besuche lediglich ein sehr kleiner Mosaikstein in der Summe der Aktivitäten an einem Bau sind. Insgesamt sprengten wir zwölf Wildkatzen, die selbstverständlich alle ungeschoren davonkamen.

Regelmäßige Kontrolle der Kunstbaue auf Zustand und Durchlässigkeit sind ein Muss, soll sich Erfolg einstellen.
Foto: Karl-Heinz Betz

Eine Bemerkung zum Wetter: Ich habe sehr sorgfältig die Witterungsverhältnisse während der Baukontrollen notiert: Den Spruch „Sauwetter gleich Bauwetter“ kann man getrost vergessen. Häufig waren die Baue bei entsprechendem Wetter leer, während bei strahlendem Sonnenschein, wo doch die Füchse angeblich in der Sonne liegen sollten, drei und mehr Füchse steckten.
Zählt man alles, was wir in den 16 Jagdjahren aus den Bauen geholt haben, sind es 126 Stück Raubwild. Dazu gehören die vorbeigeschossenen Füchse, die gesprengten und pardonierten Wildkatzen, die Dachse, die allesamt zur Strecke kamen, sowie die 87 erlegten Füchse, 48 Rüden und 39 Fähen. Von den 48 Rüden überschritten fünf die 8-kg-Grenze. Der stärkste Oberkopf brachte 9,1 kg auf die Waage.

Zwei Baue, ein Mester- und das Reinken-Modell, brachten es auf insgesamt 20 Stück Wild. Der Mester-Bau liegt im Feld an einem Knick mit der Öffnung nach Osten, der Reinken-Bau mit zwei Kesseln mitten im Wald am Rand eines Siefen mit Öffnung nach Süden. Es folgen zwei Baue mit je 18 Individuen: Ein Hartplastik-Bau in den Hang eines Siefen gebaut, Bauöffnung nach Süden, und ein Mester-Bau in die Wand eines Grabens gebaut, der das Testrevier durchzieht, Öffnung ebenfalls nach Süden.

Ich bin fest davon überzeugt, dass das Ergebnis der Bodenjagden auch von der Anzahl der auf dem Ansitz erlegten Füchse abhängt. Im Jagdjahr 2014/15 ­z. B.­ erbeuteten wir aus den Kunstbauen lediglich drei Rotröcke. Auf dem Ansitz erzielten die WuH-Jäger mit 32 die dritthöchste Fuchstrecke. Ein Jagdjahr darauf wurde mit 43 sogar die Rekordstrecke erzielt. Die Kunstbaue bescherten uns lediglich zwei Füchse.

Manchmal kann man am Polstermaterial vor dem Bau schon sehen, dass er vom Dachs befahren ist …
Foto: Karl-Heinz Betz
… dann müssen Kessel und Rohre von Unrat befreit werden.
Foto: Karl-Heinz Betz

Die Zahlen zeigen, dass nur knapp ­20 % der Gesamtfuchstrecke an Kunstbauen erlegt worden sind. Stehen Aufwand von Einbau und Pflege im verantwortbaren Verhältnis zum Erfolg?
Dazu muss man beachten, wie unsere Fuchsstrecken zusammenkommen: Während mit Falle, auf Ansitz und Pirsch bereits mit der Jungfuchsjagd ab Frühjahr begonnen wird, konzentriert sich die Bodenjagd auf die wenigen Monate ab Ende Oktober bis Ende Februar. Darüber hinaus sollten zwischen den Kontrollen 14 Tage liegen. Doch das ist kaum praktikabel. Aufgrund zahlreicher Drückjagden und anderer jagdlicher Pflichttermine werden aus den zwei Wochen oft vier oder mehr. Bei der Ansitzjagd kann jedoch jede Chance auf Reineke genutzt werden, ganz gleich, ob man auf Reh- oder Saujagd ist.

Auch sollte man sich vor Augen führen, dass es reiner Zufall ist, wenn ausgerechnet dann ein Fuchs im Bau steckt, sobald man den Erdhund einschliefen lässt. Nicht umsonst werden so viele Füchse auf Drückjagd außerhalb von Bauen gesehen und erlegt.

Es darf nicht vergessen werden, dass Kunstbaue gepflegt werden müssen. Ist der Bau noch durchgängig? Stete Kontrolle mit dem Hund vor der eigentlichen Saison hilft. Entdeckt man vor den Bauöffnungen Gras und Stroh, ist das Polstermaterial vom Dachs. Der Kessel muss geöffnet und der Bau gereinigt werden. Dasselbe gilt, wenn verdächtig lang kein Fuchs mehr im Bau steckte. Die Kontrolle ergibt dann meistens, dass Meister Grimbart viel Unrat in den Kessel geschleppt hat, ohne dass es vor dem Baueingang entsprechende Hinweise gab.

Und dennoch: Die Bodenjagd am Kunstbau ist eine zusätzliche Möglichkeit, auf den Prädationsdruck zugunsten des Niederwildes und gefährdeter Bodenbrüter einzuwirken. Der mit Schrot geschossene Winterbalg ist edles Rauchwerk, der sich sehr gut verarbeiten lässt. Und natürlich macht die Jagd mit den Erdhunden – in unserem Fall überwiegend mit Teckeln – eine Riesenfreude bei minimierten Risiken für die Bauhunde.

Wildkatze geprengt durch Teckel „Charly“. Samtpfoten begegnen uns bei der Baujagd immer wieder.
Foto: Karl-Heinz Betz
Ein erfolgreicher Tag im Januar 2006: Rauhaardackel „Biene“ sprengte drei Füchse.
Foto: Karl-Heinz Betz
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