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Schmitteinander

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AUS DEM WILD UND HUND-TESTREVIER
Revierjagdmeister Sascha Schmitt wurde einst in Obertiefenbach zum Revierjäger ausgebildet. Im Februar besuchte er uns mit seinen Terriern, um Mieten, Reisighaufen und Kunstbaue zu bejagen.
Peter Schmitt

röhre
Foto: Lukas Braunroth

Am Kunstbau im Pohlwald unterscheidet sich endlich das Verhalten von Terrier-Dame „Biest“ von dem vor den anderen Einfahrten. Es ist überhaupt das erste Mal heute, dass der Erdhund seinen Kopf in die Röhre steckt. Die Rute geht hin und her, kurz darauf steht die Hündin in der Leine. Da jedes Geräusch eines zu viel ist, zieht Sascha lediglich die Augenbrauen hoch und halst den Vierläufer ab, der sofort einschlieft.
Aufgrund der Jahreszeit und der damit verbundenen Dachsschonzeit sowie der hohen Wahrscheinlichkeit, dass die Fähen teilweise schon Nachwuchs haben, verfährt Sascha bei Bauen, deren Einfahrten er leise erreichen kann, nach demselben Muster: Er lässt einen seiner Hunde angehalst an der Röhre winden. Anhand dessen Verhaltens kann er deuten, ob Reineke steckt oder der Bau unbefahren ist und vor allem, ob Grimbart sich untergemietet hat.

Der Hundeführer bezieht auf dem Bau Stellung, ich verharre seitlich davon einige Meter entfernt. Nach ungefähr einer halben Minute setzt der Hundelaut ein, der immer giftiger wird und schließlich lange anhält. Ich vermute bereits eine Wildkatze, als sich klammheimlich der Fang eines Fuchses in der Einfahrt zeigt. „Biest“ gibt aber noch im Kessel laut. Reineke verharrt so bestimmt 30 Sekunden, um dann wieder im Zeitlupentempo in der Röhre zu verschwinden.
Doch jetzt ist die Terrierdame ran und baut Druck auf. Sekunden später kommt die Fähe rückwärts aus dem Bau, wendet blitzschnell und sucht ihr Heil in der Flucht. Beide Schmitts schießen, beide Schmitts treffen, und Reineke wirft es ins Laub. Doch von „Biest“ ist nichts zu sehen – aber zu hören.

Wir haben gerade die Flinten abgesetzt, da fliegt ein zweiter Fuchs aus der Röhre, dicht gefolgt vom Terrier. Ich lasse meine Schrote aufgrund des Hundes im Lauf. Aber Sascha steht im deutlich besseren Winkel, wartet geduldig, bis der Abstand zwischen Rotrock und Hund groß genug ist. Dann lässt ein sauberer Schuss den Rüden rollieren.Die Annahme, dass immer zuerst der Rüde, dann die Fähe springt, wurde in diesem Fall widerlegt. Ausnahmen bestätigen eben immer wieder die Regel.

Einige Schneidezahn-Stümpfe und drei Backenzähne sind alles, was der Uralt-Rüde noch im Fang an Zähnen vorzuweisen hat. Die Fangzähne fehlen komplett. Fotos: Peter Schmitt

Nachdem „Biest“ ihre Beute in Besitz genommen und gebeutelt hat, betrachten wir besonders den Rüden genauer. Schon als er sprang, fiel sofort der mächtige, breite Schädel auf. Wir öffnen den Fang und staunen nicht schlecht. Entweder haben wir den ältesten Rotrock im Rhein-Lahn-Kreis erlegt oder den mit der schlechtesten Mundhygiene. Auf jeden Fall zeugt sein Gebiss von einem sehr hohen Alter, denn bis auf wenige Schneidezahnstümpfe finden sich lediglich noch drei Backenzähne. „Mit der Falle hättest du so einen erfahrenen Fuchs nicht gefangen und auch nicht am Luderplatz geschossen, sonst wäre er ja nicht so alt geworden. Aber bei der Baujagd bekommt man eben auch solche, vor allem in der Ranz“, sagt Sascha. Recht hat der Berufsjäger, denn das hohe Alter hielt den Rüden nicht davon ab, sich immer noch an der Ranz zu beteiligen.

Während der Fahrt zum nächsten Fuchs-Unterschlupf unterhalten wir uns über das Revier und was sich in den vergangenen Jahren seit Saschas Weggang so alles getan hat. Denn von April 2001 bis März 2002 wurde er im Testrevier unter Herman Wolff, heutiger Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Berufsjäger (BDB), zum Revierjäger ausgebildet. Seitdem hat sich der jetztige Revierjagdmeister zu einem bekannten und angesehenen Jagdhunde-Fachmann und Niederwild-Experten gemausert. Bei einem Gespräch auf der Messe „Jagd & Hund“ war die Idee geboren, diese zwei Kernkompetenzen zu nutzen, um mit Sascha das zu tun, was er beherrscht, wie nur ganz wenige passionierte Heger: erfolgreich Raubwild jagen. Deshalb trafen wir uns an einem außergewöhnlich milden Februartag, um Füchsen und Mardern in Strohmieten, Reisighaufen und Kunstbauen auf den Balg zu rücken. Dazu reiste Sascha mit drei Terriern an. Die Naturbaue ließen wir bewusst aus. Sie liegen bei uns fast alle sehr ungünstig unter Fichten. Wegen der Flachwurzler und des skelettreichen Bodens verzichten wir darauf, sie zu bejagen, da wir den Vierläufern im Fall der Fälle nicht zur Seite stehen können. Ein Einschlag wäre dort nicht ohne schweres Gerät möglich.

Revierjagdmeister Sascha Schmitt mit der Strecke des Vormittags: zwei Füchse und eine Elster

Einen letzten Kunstbau haben wir noch vor uns. Das Auto ist bereits deutlich abseits geparkt. Da streichen drei Elstern über das breite Tal, um 40 Meter vor uns in einem Baum einzufallen. „Soll ich?“, fragt mich der Revierjäger mit einem vielsagenden Grinsen. „Natürlich!“, antworte ich. Den Zusatz „das wird eh nichts“ kann ich mir dabei nicht verkneifen. „Sobald die Autotür auf ist, sind die auf und davon, und du hast noch nicht einmal geladen“, begründe ich meine Zweifel. „Wollen wir wetten?“, ist sich Sascha seiner Sache sicher, friemelt zwei gröbere Schrotpatronen hervor und öffnet die Autotür vorsichtig einen Spalt. Mit einem Ruck steigt er aus, lädt die Patronen in seine Selbstladeflinte, während die Elstern schackernd abstreichen. Ein Schuss, getroffen. Aber die Schwarz-Weiße hält sich noch in der Luft. Ein zweiter, und sie fällt wie ein Stein vom Himmel. Sascha grinst über beide Ohren, und ich muss wieder einmal neidlos anerkennen, dass meine bescheidenen Flintenkünste noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sind.

Zur Mittagsstunde sind wir fertig mit unserem Durchgang. Zwei Strohmieten, große Reisighaufen und elf Kunstbaue haben wir kontrolliert. Mit dem Ergebnis von zwei Füchsen und einer Elster sind wir zufrieden, vor allem zu dieser Jahreszeit (Mitte Februar). „Das jetzt sind die ,goldenen Füchse‘“, erklärt Sascha. „Sie bieten die letzte Chance, vor der Schonzeit noch einmal in den Besatz einzugreifen und somit den Prädationsdruck auf Niederwild und Bodenbrüter zur Setz- und Aufzuchtzeit niedrig zu halten. Jede Fähe, die sich an der Ranz beteiligt hat und zum Ende der Saison erlegt wird, bedeutet ein Geheck im Frühjahr weniger“, erläutert der erfahrene Niederwildheger.
Mit diesem Wissen wird noch ein finaler Bodenjagd-Durchgang Ende Februar folgen, und auch der Mond bietet uns noch einmal eine Chance, den ein oder anderen Rotrock zu erlegen.

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