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Zäune im Revier (3): Abbruch ungenehmigter Zäune und Hütten

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von Mark G. v. Pückler

I. Die Rechtsgrundlage

„Der teilweise oder vollständige Abbruch einer baulichen Anlage, die in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, kann angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.“ § 65 Satz 1 Landesbauordnung Baden-Württemberg

„Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichem Betrieb dient…“ § 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch

„Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben … die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet…“ § 35 Abs. 3 Nr. 5 Baugesetzbuch

II. Der Sachverhalt

E. ist Eigentümer eines außerhalb der Ortsbebauung (im sog. Außenbereich) gelegenen Grundstücks, das er als Wiese, Freizeitgelände, Gemüsegarten und Obstanlage für seine Familie nutzt.

Zum Schutz gegen Dritte und gegen Wildschäden umgab er sein Grundstück mit einem 1,60 Meter hohen Zaun, ferner errichtete er ein Gartenhaus von 25,5 Kubikmeter umbauten Raum, in dem er seine Gartengeräte lagerte und einen Aufenthaltsraum mit Fenster zum Schutz bei Unwettern einrichtete.

Die umgebenden Flächen werden als Wiesen, Weiden und Felder landwirtschaftlich genutzt, vereinzelt gibt es auch Gebüsche und kleinere Gehölze.

Nach einer Kontrollfahrt durch den Außenbereich forderte das Landratsamt E. unter Fristsetzung auf, den Zaun und das Gartenhaus abzubrechen und die Teile vollständig vom Grundstück zu entfernen. Zur Begründung führte es aus, dass diese baulichen Anlagen ohne Baugenehmigung errichtet worden seien und gegen baurechtliche Vorschriften verstießen.

Nach erfolglosem Widerspruch erhob E. beim Verwaltungsgericht Klage. Er machte geltend, dass er den Zaun zum Schutz seiner Pflanzen und Früchte benötige und das Gartenhaus durch Bäume und Büsche verdeckt werde. Außerdem befänden sich in der Umgebung weitere Zäune und Gartenhütten.

III. Das Urteil

Das Gericht wies die Klage ab; es gab dem Landratsamt recht, weil die Errichtung des Zaunes und des Gartenhauses im Außenbereich unzulässig sei.

Nach § 35 Baugesetzbuch seien bauliche Anlagen im Außenbereich grundsätzlich nicht zulässig. Ausnahmsweise erlaubt seien nur Anlagen, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienten oder aus sonstigen speziellen Gründen in den Außenbereich gehörten.

Hierzu zählten der Zaun und das Gartenhaus nicht; denn das Grundstück diene nicht einem landwirtschaftlichen „Betrieb“, sondern werde lediglich kleingärtnerisch genutzt.

Die gewonnenen Früchte würden überwiegend in der eigenen Familie verbraucht, soweit sie teilweise gegen Entgelt abgegeben würden, sei der Ertrag so gering, dass er nicht wesentlich und auf Dauer zur Bestreitung des Lebensunterhalts beitrage.

Da die umgebenden Flächen land- und forstwirtschaftlich genutzt würden, stehe die kleingärtnerische Nutzung des Grundstücks mit Zaun und Gartenhaus in Widerspruch zur herkömmlichen Bodennutzung.

Dies habe zur Folge, dass die natürliche Eigenart der Landschaft und ihre Aufgabe als Erholungsgebiet beeinträchtigt würden. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Zaun und das Gartenhaus sichtbar seien oder durch Bäume und Büsche verdeckt würden.

Allein die von der umgebenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzung abweichende andere Nutzungsform (hier: Nutzung als Freizeitgelände und zur Deckung des Eigenbedarfs) reiche aus.

Mit seiner Entscheidung, den Abbruch von Zaun und Gartenhaus anzuordnen und die Bauteile vom Grundstück zu entfernen, habe das Landratsamt sein Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Denn es entspreche dem Zweck des Gesetzes, die Beseitigung baulicher Anlagen, die ungenehmigt im Außenbereich errichtet worden seien und nachträglich nicht genehmigt werden könnten, anzuordnen.

Die damit verbundenen wirtschaftlichen Einbußen habe der Eigentümer hinzunehmen, weil er die Anlage ohne Baugenehmigung und damit auf eigenes Risiko errichtet habe.

Unerheblich sei schließlich der Hinweis auf vereinzelte andere Zäune und Hütten in der Umgebung des Grundstücks. Soweit diese nach früherem Recht genehmigt worden seien, hätten sie Bestandsschutz; soweit sie ebenfalls ohne Genehmigung errichtet worden seien, werde das Landratsamt auch gegen deren Eigentümer in gleicher Weise einschreiten. Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 30.1.1997 – 9 K 2264/95 bestätigt durch Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 5.6.1997 – 5 S 778/97 – (ständige Rechtsprechung).

IV. Weiteres Urteil

Der Eigentümer eines im Außenbereich gelegenen Grundstücks errichtete auf seiner Fläche einen Pferdeunterstand für seine beiden Pferde. Das Landratsamt ordnete den Abbruch der Anlage an.

Vor Gericht machte der Eigentümer geltend, dass er die vor vielen Jahren als Heuhütte errichtete, inzwischen völlig verrottete Anlage gründlich repariert und umgebaut habe, um sie vor dem Verfall zu retten.

Jetzt diene sie seinem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb, den er in Form einer Pferdezucht neben seinem Hauptberuf als Maler betreibe.

Das Gericht wies die Klage ab. Der Unterstand diene keinem landwirtschaftlichen Betrieb, auch keinem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb, weil der Ertrag für die Sicherung der Existenzgrundlage nur von untergeordneter Bedeutung sei.

In Wirklichkeit handele es sich um eine Tierhaltung aus Liebhaberei, für die im Außenbereich keine baulichen Anlagen zulässig seien. Ferner fehle es an einer überwiegend eigenen Futtergrundlage für die Tiere.

Zu Unrecht wende der Eigentümer ein, kein neues Gebäude errichtet, sondern nur eine seit vielen Jahren vorhandene Heuhütte ausgebessert und vor dem Verfall gerettet zu haben.

Denn der Bestandsschutz für alte, nach früherem Recht zulässige Gebäude beschränke sich auf die Weiternutzung bis zum Substanzverfall, erlaube aber nicht eine Ersetzung durch einen Neubau, einen wesentlichen Umbau oder so umfangreiche Reparaturarbeiten, die einem Neubau entsprechen. Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 23.3.1976 – IV 133/75 – (ständige Rechtsprechung).

V. Anmerkungen

Zäune im Revier – wer kann davon kein Lied singen? Sie hindern den freien Wildwechsel, sind Todesfallen für das Wild und entziehen ihm wichtigen Lebensraum; sie verhindern das freie Betreten, führen zu einer Zerstückelung der Flächen und zerschneiden das freie Landschaftsbild.

Nach dem Willen des Gesetzes sollen die Gebiete außerhalb der Ortsbebauung (sog. Außenbereich) grundsätzlich unbebaut bleiben und als freie Landschaft erhalten werden. Das gilt auch für die Errichtung von Zäunen, die vom Gesetz als „bauliche Anlagen“ eingestuft werden und je nach Landesrecht entweder immer oder ab einer bestimmten Höhe einer Baugenehmigung bedürfen.

Aus diesem Grunde sind bauliche Anlagen aller Art, ob Wohnhäuser oder Gewerbebetriebe, Wochenend- oder Gartenhäuser, Ställe, Schuppen, Unterstände, Zäune und Koppeln u. a. nach § 35 Baugesetzbuch im Außenbereich grundsätzlich unzulässig.

Ausgenommen sind solche „baulichen Anlagen“, die einem land- oder forstwirtschaftlichen „Betrieb“ dienen sowie einige spezielle Anlagen, die wegen ihrer Besonderheiten in den Außenbereich gehören.

Wer also sein im Außenbereich gelegenes Grundstück ohne die nach Landesrecht erforderliche Baugenehmigung einzäunt, mit einem befestigten Stellplatz/Spielplatz ausstattet oder mit einem Wochenendhaus bebaut, oder wer sein Grundstück als Koppel mit oder ohne Tierunterstand nutzt, muss mit einer Abbruchsverfügung und einem erheblichen Bußgeldbescheid wegen Errichtung eines Schwarzbaues rechnen (ausgenommen in speziell dafür in einem Bebauungsplan ausgewiesenen Gebieten).

Das gilt für Grundstückseigentümer, die die bauliche Anlage weder für einen landwirtschaftlichen noch für einen forstwirtschaftlichen Betrieb (Nebenerwerbsbetrieb genügt) errichten, die also ihren Lebensunterhalt nicht zu einem wesentlichen Teil aus der Bodenproduktion/Tierhaltung beziehen.

Betroffen sind also vor allem Eigentümer, die auf ihren Grundstücken Obst, Gemüse und Zierpflanzen für die eigene Familie anbauen oder dort aus Liebhaberei und zu Freizeitzwecken Pferde, Schafe oder sonstige Tiere halten; sie dürfen ihre Grundstücke zu diesem Zweck weder einzäunen noch mit Gebäuden/Unterständen u. a. bebauen (Landesrecht beachten, siehe WuH 18/1996, S. 42).

Bei der Frage, ob ein land- oder forstwirtschaftlicher „Betrieb“ vorliegt und die bauliche Anlage diesem auch wirklich „dient“, legen die Gerichte einen strengen Maßstab an, zum Schutz der freien Landschaft vor einer Zersiedelung und Zerstückelung (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16.3.1994 – 8 S 1716/95 -).

Es bedeuten

  • „Landwirtschaft“: Ackerbau, Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Pensionstierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage, gartenbauliche Erzeugung, Erwerbsobstbau, Weinbau, berufsmäßige Imkerei und Binnenfischerei (§ 201 Baugesetzbuch).
  • „Betrieb“: Ein auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegtes, überwiegend auf eigenen Flächen betriebenes und auf Gewinnerzielung angelegtes landwirtschaftliches Unternehmen, dessen Betriebsinhaber über eine ausreichende landwirtschaftliche Sachkunde verfügt. Auch landwirtschaftliche Nebenerwerbsbetriebe fallen hierunter, sofern die einzelnen Merkmale auf sie zutreffen.
  • „Dienen“: Funktionaler Bezug der baulichen Anlage zu dem landwirtschaftlichen Betrieb derart, dass ein vernünftiger Landwirt sie – unter Berücksichtigung des Gebotes der größtmöglichen Schonung des Außenbereiches – an gleicher Stelle in gleicher Größe errichten würde.

    Sind die vorhandenen Zäune, Gebäude, u. ä. früher erlaubt gewesen, heute aber nicht mehr zulässig, so genießen sie Bestandsschutz, bis ihre Bausubstanz verbraucht ist (Baufälligkeit), d. h. sie dürfen stehen bleiben und weiter wie bisher genutzt werden.

    Der Bestandsschutz rechtfertigt aber keine Neuerrichtung, auch nicht in denselben Ausmaßen, noch solche Reparaturen, die einer Neuerrichtung gleichkommen. Deshalb ist z. B. die Erneuerung des Drahtgeflechtes eines Zaunes unter Beibehaltung der alten Pfosten als Neuerrichtung zu beurteilen und daher unzulässig (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss v. 1.7.1998 – 8 S 1678/98-).

VI. Ergebnis

1. Außerhalb der bebauten Ortsteile gelegene Grundstücke dürfen grundsätzlich nicht bebaut werden; das gilt auch für die Errichtung von Zäunen, da diese nach dem Gesetz bauliche Anlagen sind.

Ausgenommen sind nur solche baulichen Anlagen, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen oder aus sonstigen speziellen Gründen (z. B. wegen der von der Anlage ausgehenden Emissionen) zulässig sind.

2. Unzulässig sind daher grundsätzlich Zäune und Gebäude/Hütten/Unterstände, die der Freizeitbetätigung (Tierhaltung aus Liebhaberei), dem Freizeitaufenthalt (Wochenendhaus, Gartenhaus, Spielplatz) oder der kleingärtnerischen Nutzung als Obst- und Gemüsegarten für die eigene Familie dienen (also kein landwirtschaftlicher „Betrieb“ vorliegt).

3. Der Erlass einer Abbruchs- und Beseitigungsanordnung hinsichtlich solcher Anlagen liegt im Ermessen der zuständigen Baubehörde. Dieses Ermessen wird in der Regel rechtmäßig ausgeübt, wenn die Baubehörde den Abbruch und die Beseitigung anordnet, weil sie damit dem Zweck des Gesetzes (= Erhaltung der freien Außenbereichslandschaft) entspricht (siehe auch WuH 18/1996, S. 42).

4. Altanlagen, die früher einmal rechtmäßig waren, genießen bis zu ihrem Verfall (Baufälligkeit) Bestandsschutz in ihrem bisherigen Umfang; sie rechtfertigen weder eine Neuerrichtung an gleicher Stelle in gleichen Ausmaßen noch Reparaturarbeiten, die in ihrem Umfang einer Neuerrichtung gleichstehen.

5. Dritte Personen, insbesondere auch Jagdpächter, können von der Baubehörde in der Regel nicht verlangen, dass sie eine Abbruchsanordnung erlässt; sie können nur auf die Zäune, Hütten usw. hinweisen und den Erlass einer Beseitigungsanordnung anregen, damit rechtmäßige Verhältnisse im Außenbereich hergestellt werden.

6. Bei einer schweren Beeinträchtigung der Jagd kann der Jagdaus-übungsberechtigte evtl. zivilrechtlich vom Grundstückseigentümer Beseitigung nach § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch verlangen (vgl. Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 12.7.1984 – 2 U 579/84 -: Errichtung eines Golfplatzes im Revier, s. WuH 8/1994, S. 47).


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