NATURSCHUTZ UND JAGD
Wie wild ist unsere Wildkatze eigentlich? Bedrohen Hauskatzen diese Wildart? Fragen, die sich nur wenige zu stellen trauen. Prof. Dr.Dr. Sven Herzog und Dr. Thomas Gehle geben Antworten.
Das bestätigen mehr als eineinhalb Jahrhunderte später die Säugetierkundlerin Clara Stefen (Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Dresden) und der Thüringer Zoologe Martin Görner (Jena). Sie sichteten über 900 Literaturhinweise zur Wildkatze und geben einen detaillierten Einblick in die Historie des verlässlichsten Unterschieds zwischen Haus- und Wildkatze, der Darmlänge. Messungen von Wildkatzendärmen ergaben eine Länge von 110 und 170 Zentimetern (cm), Hauskatzendärme sollen mit 155 bis 220 cm deutlich länger sein. Doch Stefen und Görner mussten feststellen, dass es bis heute weder eine vergleichende Studie über die Darmlänge von reinen Stubentigern und verwilderten Hauskatzen, noch einen solchen Vergleich zwischen Wildkatzen aus Tiergehegen und der freien Wildbahn gibt. Denn nicht allein die Vererbung, sondern auch die Ernährung entscheidet über die Darmlänge. Und wie lang sind Därme von Kreuzungstieren? Wie erkennt man überhaupt Hybriden? Eines steht fest: Die Hauskatze kommt in Deutschland flächendeckend vor, und die Wildkatze war nie ausgestorben. Sie hat wohl nicht nur in der Eifel und im Hunsrück, im Thüringer Wald, im Kyffhäusergebiet und im Harz überlebt, sondern es gibt mittlerweile auch Funde aus dem Arnsberger Wald, aus Sachsen und Brandenburg, vom Stadtrand Hannovers und vom Oberrhein. Möglicherweise stimmt also doch, was erfahrene Naturschützer und Jäger schon lange vermuten: Die Art ist noch viel häufiger, als wir glauben. Von daher sollten wir uns ernsthaft fragen, ob der beste Schutz nicht einfach darin besteht, die Art schlichtweg in Ruhe zu lassen. Doch das lässt sich wohl nicht mit dem Zeitgeist vereinbaren, alles zu einer öffentlichen Angelegenheit zu machen. Nur: Geht es dabei wirklich um eine seltene Art oder doch eher um das Ego einzelner Naturschutzfunktionäre?