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Die Rückkehr des Goldschakals

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Dr. Miklós Heltai im Interview mit Florian Standke (WILD UND HUND)

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Dr. Miklós Heltai
WuH: Ist der Goldschakal in Ungarn eine heimische Art?
Dr. Miklós Heltai: Ja, denn bis in die 1940er Jahre besiedelte diese Art Ungarn, bevor sie ausstarb. Die Nordgrenze ihrer Verbreitung in Europa war damals die südliche Slowakei. 50 Jahre später, also ab Mitte der 1990er Jahre, wanderten die Goldschakale vom Balkan her wieder ein und haben sich seitdem prächtig vermehrt.
WuH: Warum geschah dies vor allem in den vergangenen 25 Jahren?
Dr. Miklós Heltai: Die Verluste und somit die Veränderungen von Lebensräumen nahmen ab und die legale sowie illegale Vergiftung wurden weitgehend gestoppt. Daher finden die opportunistischen Räuber konstante Lebensraumbedingungen vor und können sich dementsprechend anpassen. Außerdem ist der Wolf als größter Feind des Schakals kein begrenzender Faktor mehr.
WuH: Glauben Sie, dass sich Goldschakale in Deutschland etablieren könnten?
Dr. Miklós Heltai: Es gibt ja bereits einen Nachweis aus der Lausitz. Ich denke daher, dass auch in Zukunft vereinzelt einige Individuen in Polen und Deutschland auftauchen werden. Die natürliche Barriere für die großflächige Ausbreitung in Richtung Westeuropa dürften aber die Karpaten sein.
WuH: Wie sieht die Streckenentwicklung in Ungarn aus?
Dr. Miklós Heltai: Seit Ende der 1990er Jahre nimmt die Zahl der erlegten Schakale stetig zu. 1999 wurden 38 gemeldet, 2010 waren es schon 786. Die Dunkelziffer dürfte aber wesentlich höher sein.
WuH: Wie ist die Sozialstruktur der Räuber aufgebaut?
Dr. Miklós Heltai: Die Schakale leben sowohl in Rudeln als auch als Einzelgänger. Ein Rudel setzt sich in der Regel aus einem Rüden und einer Fähe, die monogam leben, zusammen. Dazu kommen deren Welpen und weibliche Nachkommen des Vorjahres. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich in dieser Rudelstruktur aufgrund der Dominanz des Alpha-Weibchens deutlich weniger Schakal-Fähen an der Reproduktion beteiligen (etwa 30 Prozent) als beim Fuchs (etwa 70 Prozent). Die Schakal-Familien beanspruchen ein eigenes Revier, das sie auch markieren. Ob sie es gegenüber Artgenossen verteidigen, können wir zurzeit noch nicht sagen.
WuH: Welche Jagdstrategie haben Goldschakale?
Dr. Miklós Heltai: In erster Linie sind sie Einzeljäger. Je nach Nahrungsangebot und der Größe der Beutetiere jagen sie aber auch gemeinsam. Durch Heulen und Kläffen werden dann Artgenossen zu Hilfe gerufen.
WuH: Welche Beute bevorzugen sie?
Dr. Miklós Heltai: Goldschakale sind Opportunisten. Das heißt, dass sie die am einfachsten zu erreichende und weitverbreitetste Beute bevorzugen. Normalerweise sind das Mäuse, die daher auch den Großteil des Fraßes ausmachen. Auf dem Speiseplan steht jedoch auch Schalenwild, wie Reh- und Schwarzwild sowie Nutzvieh (Schafe), das dann im Rudel gehetzt und erbeutet wird. Vögel machen nur einen sehr kleinen Teil der Beute aus. Pflanzen werden teilweise in größeren Mengen aufgenommen. Die Nahrungszusammensetzung ist regional allerdings sehr verschieden.

Zur Person

Dr. Miklós Heltai

  • Jahrgang 1968
  • Dipl.-Agraringenieur (seit 1992),
  • Dipl.-Wildbiologe (seit 1997)
  • Promotion im Bereich Wildbiologie (2003) und Habilitation (seit 2010)
  •  aktuell stellvertretender Leiter des Wilbiologischen Instituts an der Szent Istvan Universität Budapest
  • kein Jäger, aber Mitglied des ungarischen Jagdverbandes
 

 


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