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Faktor Wetter

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JUNGWILD

Die Witterung beeinflusst den Brut- und Aufwuchserfolg des Niederwildes erheblich. Aber in welchen Monaten wirkt sie sich wie auf Hase und Fasan aus?

Revieroberjäger Elmar Eickhoff

Unser Niederwild verschwindet im Bermudadreieck von Lebensraum, Klima und Prädation“, so lautete ein Merksatz des bekannten Wildbiologen Prof. Paul Müller. Während die Jäger mit Lebensraumverbesserungen und Raubwildbejagung ihrer Hegeverpflichtung nachkommen, entzieht sich die Witterung dem menschlichen Einfluss. Die Streckenkurven von Hase, Fasan und Rebhuhn zeigen, dass es schon immer große wetterabhängige Schwankungen von Jahr zu Jahr gab. Selbst die klassische Jagdliteratur beschreibt solch extreme Änderungen etwa in den ehemaligen Spitzenrevieren in Ungarn und der Slowakei. Beispielsweise erwähnt Graf Louis Károlyi in seinem Buch „ Waidwerk ohne Gleichen“, dass in seinem damaligen Niederwildrevier Tótmegyer – einem der besten der Welt – in sehr schlechten Wetterjahren keine Niederwildjagd möglich war. Als Gründe werden unter an derem wiederkehrende nasse, kalte Wetterereignisse in der Brut- und Aufzuchtzeit genannt.
Die Witterung kann direkten oder indirekten Einfluss auf das Wild haben. Eine direkte Einwirkung ist zum Beispiel das Auskühlen der Eier von Gelegen nach Starkregen, wenn die Nestmulde mit Wasser vollläuft. Ein Beispiel für indirekten Wettereinfluss ist das Verhungern der Fasanenküken bei Kälte, wenn sich die Insekten als einzige Nahrungsquelle nicht bewegen und somit der Pickreflex der Küken nicht ausgelöst wird.
Das Wetter wirkt sich unterschiedlich auf die einzelnen Niederwildarten aus. Der Grund sind die verschiedenen Hauptvermehrungszeiträume. Der Fasan beginnt ab Ende März mit der Eiablage und hat seine Hauptschlupfzeit von Mitte Mai bis Mitte Juni. Das Rebhuhn beginnt etwa einen Monat später. Grundsätzlich anders vermehrt sich der Hase. Sein Nachwuchs kommt in vier bis fünf Sätzen zur Welt. Die Hauptfortpflanzungszeit verteilt sich auf die Monate März bis August. Die Junghasen, die außerhalb dieser Zeit gesetzt werden, haben aufgrund der Witterung schlechte Überlebenschancen.
FASAN
Wenn die Fasanenhenne Anfang April mit ihrer Eiablage beginnt, sucht sie sich einen geschützten Platz, damit die Eier nicht von Beutegreifern entdeckt werden. Deckung gewährleistet, dass die Henne den Nistplatz verlassen und aufsuchen kann, ohne ihn zu verraten. Wintergetreide und Grünland bieten zu dem Zeitpunkt häufig noch keinen ausreichenden Schutz. Deshalb weicht sie in nicht gemähte Altgrasflächen, Grabenränder, Schilfbestände, Blühstreifen und Wildäcker sowie in Hecken und Feldgehölze mit dichtem Unterwuchs aus. Manche dieser Flächen werden nicht gemäht oder gemulcht, weil sie in Senken liegen, nass und deshalb nicht befahrbar sind. Bei Regen laufen diese Bereiche innerhalb kürzester Zeit mit Wasser voll, und die Eier saufen ab. Es kommt zu beträchtlichen Gelegeverlusten. Diese Beobachtungen aus der Praxis werden durch neuere wissenschaftliche Studien infrage gestellt. Danach soll angeblich ein trockener April und nicht ein trockener und warmer Mai und Juni für ein gutes Fasanenjahr verantwortlich sein. Ein nasser April verhindert aber, dass die Fasanenhenne ihr Gelege in solchen wassergefährdeten Bereichen anlegt.
Erhöhte Brutmöglichkeiten – wie in dieser Wallhecke – bieten nicht nur Schutz vor Prädatoren, sondern auch vor Starkregen und dessen Folgen.
Regen, Kälte und Spätfrost in der Lege- und Brutzeit haben in der Regel keine negativen Auswirkungen auf den Fasanenbesatz. Wenn aber Starkregen auf ausgetrockneten Boden fällt, nimmt dieser das Wasser nicht auf. Es sammelt sich in den Senken – mit der Folge, dass angebrütete Eier erkalten und absterben. Die Henne brütet so ein Gelege oftmals weiter und verlässt es erst, wenn die normale Brutzeit deutlich überschritten ist. Selten folgt noch ein spätes Nachgelege mit wenigen Eiern. Die Küken schlüpfen dann in der Erntezeit im Juli oder August. Wenn sie das überleben, sind sie zum Beginn der Jagdzeit noch nicht einmal ausgeschildert.

Die Folgen ungünstigen Wetters habe ich 2008 – ein Jahr mit katastrophalem Streckeneinbruch beim Fasan – beobachten können. Im Münsterland gab es drei extreme Gewitterereignisse mit Starkregen und Hagel auf ausgetrocknetem Boden in der Hauptschlupfzeit. Die Hagelkörner waren dicker als Tischtennisbälle. Die brütenden Hennen im Feld waren von oben ungeschützt den Eisgeschossen ausgeliefert. Ob der Brutinstinkt über so einer Gefahr steht, kann nur vermutet werden. Verlässt die Henne ihr Gelege, werden die Eier zerschlagen oder kühlen aus. Die führende Henne will sich und ihre Küken in Sicherheit bringen. Aufgrund ihrer Größe sind sie noch stärker gefährdet als die Henne. Zusätzlich können sie der Henne im hohen, nassen Gras nicht folgen. Das Ergebnis: Die Küken verklammen und erfrieren.
Auch bei länger anhaltendem normalen Regen und Tageshöchsttemperaturen unter 18 Grad können Fasanenküken in Not geraten. Wer selbst einmal Fasane großgezogen hat, weiß, wie empfindlich sie auf Kälte und Nässe reagieren. Im Unterschied zur künstlichen Aufzucht müssen die Küken die dringend benötigten Insekten suchen. Der Pickreflex wird aber nur dann ausgelöst, wenn sich diese bewegen. Durch Kälte klamme Insekten bewegen sich nicht, die Henne muss weite Strecken auf der Nahrungssuche zurücklegen. Dabei setzt sie ihre Jungen der Gefahr des Unterkühlens aus. Die Henne bemerkt nicht, dass ihr immer weniger Küken folgen können, zurückbleiben und erfrieren. Zudem erhöht sich bei der langwierigen Nahrungssuche auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Küken von Raubwild erbeutet werden.

HASE
Die Einflüsse der Witterung auf den Fortpflanzungserfolg beim Feldhasen unterscheiden sich wesentlich von denen beim Fasan. Als Pflanzenfresser ist er nicht auf erreichbare Insektennahrung angewiesen. Außerdem setzt die Häsin bis zu fünf Mal im Jahr Junge. Da sich der Zeitraum von Januar bis September erstreckt, bleibt es nicht aus, dass einige Sätze in wettermäßig ungünstigen Jahreszeiten zur Welt kommen. Auf der anderen Seite ist der Hase aber auch nicht auf günstiges Wetter in einem festgelegten kurzen Zeitraum angewiesen.

Randlinien ermöglichen dem Wild, den Lebensraum besser zu nutzen.
Vor und nach der Hauptsetzzeit geborene Junghasen sind der Kälte und Nässe besonders stark ausgeliefert
Die Junghasen, die von Januar bis März gesetzt werden, sind den Wetterunbilden am stärksten ausgesetzt. Während ihnen trockene Kälte weniger zusetzt, verklammen sie bei zusätzlich andauernder Nässe. Derart geschwächt sind sie auch Krankheiten schutzlos ausgeliefert. Durch die niedrige Deckung sind sie zudem leichte Beute für Fressfeinde. Junghasen, die in den Monaten April, Mai und Juni zur Welt kommen, haben die größten Überlebenschancen. Die Tage und Nächte werden wärmer, und häufig gibt es längere Schönwetterphasen. Krankheiten spielen in dieser Zeit eine geringere Rolle, weil die Stücke vitaler sind. Außerdem wird beispielsweise der Kokzidien-Kreislauf durch lange Schönwetterphasen mithilfe der UV-Strahlung unterbrochen.
Bei der im Herbst regelmäßig auftreten den nächsten Kokzidienerkrankungswelle sind zu dieser Zeit gesetzte Junghasen schon so alt, dass sie nicht mehr so stark für diese Parasiten empfänglich sind. Die Deckung ist dann so hoch, dass sie guten Schutz vor Raubwild bietet. In den folgen den drei Monaten von Juli bis September gibt es in der Regel für den Junghasen günstige Witterung. Allerdings sind sie in den folgenden Herbstmonaten noch nicht so widerstandsfähig, dass sie die verschiedenen Folgen des ungünstiger werdenden Wetters immer schadlos überstehen. Auch die verschiedenen Junghasenkrankheiten können sie dann wieder stärker befallen. Zusätzlich kommen sie in der beginnenden Ernte- und Ackerzeit zunehmend „unter die Räder“ der großen landwirtschaftlichen Maschinen.
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