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Frettieren und buschieren auf Kanin

„Kaninchen!“ – schon saust es im Tiefflug durch die Rebstöcke. Anbacken, schwingen, schießen – vorbei! Macht nichts, denn die nächste Chance kommt bestimmt. Im 310-Hektar großen Revier Ludwigshöhe, zwischen Worms und Mainz, wimmelt es nur so von den grauen Flitzern. WILD UND HUND war beim Frettieren und Buschieren dabei.

Mäuschen nimmt Wittrung auf. Das Albino-Frettchen schlieft bedächtig ein und verschwindet im Röhrengewirr. Hier unten ist es angenehm kühl. Das Frettchen streift langsam durch die Katakomben. Es hat es nicht eilig und arbeitet sorgfältig. Moment mal, hier war doch was? Der weiße Stinkmarder biegt links in eine Röhre ab. Jetzt ist „Mäuschen“ hellwach, diesen Duft liebt sie: Karnickel! Die Fähe saugt sich auf der Spur fest wie ein Schweißhund auf der frischen Wundfährte. Es rumpelt. Direkt vor ihr. Der Iltis setzt nach, doch das Kanin ist weg. Draußen fällt ein Schuss. Noch einer. Sie äugt aus der Röhre ins Freie – hier hat sich doch einige Sekunden vorher ein Karnickel herauskatapultiert – dreht wieder um und kehrt zurück ins Labyrinth. Hier muss noch mehr zu holen sein.

„Mäuschen“ schlieft ein, „Buberle“ muss sich noch einen Augenblick gedulden.
Während die Frettchen die Kaninchen „aufmischen“, harren Wolfgang und Christian vor den Bauen.

„Mist“, flucht der Schütze. Klappt die Flinte auf und stopft zwei neue Patronen hinein. Er schüttelt den Kopf: „Sauen sind ein Bummelzug im Vergleich zu diesen Rennern.“ „Kein Problem“, ruft ihm Jagdherr Bodo Lamberth zu, „da kommen ganz sicher noch ein paar Kaninchen.“ Damit „Mäuschen“ es nicht so schwer hat, setzt Bodo noch „Buberle“ an, ein zweites Albino-Frettchen. „Die Marder verbreiten ihren Gestank in den Gängen, und da der Iltis ein natürliche Feind der Karnickel ist, suchen sie schnell das Weite.“ Wenn es den beiden Frettchen allerdings gelingt, einen Lapuz in die Zange zu nehmen, packen sie es im Genick, füllt sich den Bauch und legen sich danach neben ihrem Opfer einfach schlafen. Und der Jäger oben steht sich die Beine in den Bauch. „Das passiert hin und wieder.“

Doch heute nicht, denn schon springt das zweite Karnickel. Jetzt schwingt Jagdfreund Wolfgang entschlossen vor den grauen Flitzer. „Bumm!“, eine Staub fontäne spritzt, das Kanin rolliert. Wolfgangs Sohn Christian spurtet los und holt das Kanin. Stolz trägt er es zu seinem Vater. „Na, bitte!“, der Jagdherr ist zufrieden. „Man muss unheimlich schnell sein, instinktiv schießen. Es bleibt nicht viel Zeit zum Nachdenken. Wer noch nie auf Karnickel zu Schuss gekommen ist, muss einige Fehlschüsse in Kauf nehmen, irgendwann klappt‘s dann aber. Hauptsache, man hat genug Patronen dabei.“ Der Boden vor uns sieht aus wie ein Stück Schweizer Käse. Überall graben sich die Karnickel durch. Die emsigen Bauarbeiter machen auch vor den Weinhängen nicht Halt. „Da kippt dann schon mal ein Schmalspurtrecker um, wenn er mit einem Rad in solch einer tiefen Röhre hängenbleibt.“ Ein Frettchen taucht auf. Sein heller Balg leuchtet in der Sonne und ist dadurch in der Mondkrater-Landschaft gut zu erkennen. Bodo Lamberth geht schnalzend darauf zu und nimmt es vorsichtig hoch. „Da ist ,Mäuschen‘.“ Er setzt sie noch einmal an, ein paar Löcher von „Buberle“ entfernt, damit sie ihren „Zangentrick“ nicht anwenden können.

Christian sammelt die frisch erlegte Beute auf. „Ganz schön schwer“, sagt er.
Die Kaninchen lieben Gräser, Triebe, Knospen – machen aber auch nicht vor jungen Bäumen, wie diesen hier, Halt.
Die Winzer versuchen, die Rebstöcke mit Plastikumwicklung vor den gefräßigen Karnickeln zu schützen.

Sekunden später zischt wieder ein grauer Flitzer aus der Röhre. Die weiße Blume blitzt ab und zu im Gras auf. Und zack, ist es zwischen den rettenden Rebstöcken in einem anderen Bau verschwunden. Der Schütze kam gerade einmal dazu, die Flinte zu heben, da war das Karnickel auch schon wieder weg. Nach einiger Zeit tauchen auch „Mäuschen“ und „Buberle“ wieder aus den Tiefen der Weinberge auf. „Die beiden müssen mal ’ne Pause machen“, sagt Bodo. „Die meisten Kaninchen sind bei dem milden Wetter eh nicht im Bau, sondern lassen sich draußen die Sonne auf den Balg scheinen. Lasst uns mal Buschieren gehen.“ Schwupps, „Mäuschen“ und „Buberle“ in die Kiste gesetzt, und los. Mit der Flinte auf der Schulter geht‘s in Richtung Dornfelder. Leuchtende Signalwesten sind hier aufgrund des unübersichtlichen Geländes ein Muss. Zwischen den Rebstöcken liegen schmale Grünstreifen. „Bevorzugte Karnickelplätze – vor allem am Rand. Da ist das Gras noch ein bisschen höher. Also aufpassen, und langsam gehen, sonst überläuft man sie.“ Schon nimmt ein grauer Flitzer Reißaus. Der junge Bayer Florian backt an, schwingt mit und schießt – das Kanin bleibt in der Staubwolke liegen. Nach weiteren zehn Metern rolliert das nächste. Hier wimmelt nur so von Kaninchen. Alle kommen zu Schuss, aber nicht jeder zu Beute. Wir klappern die nächsten Reihen ab, und machen dabei ständig Kaninchen hoch. Diese suchen ihr Heil in der Flucht und nehmen Haken schlagend die schützenden Baue an. Schon bald glühen die Läufe. Eine Rentnerin kommt wütend auf uns zu und gestikuliert wild mit den Armen: „In meinem Garten sieht‘s aus, Herrschaftszeiten! Das ganze Gemüse abgefressen. Meine Blumen – alles weg! Überall sind diese gefräßigen Kaninchen. Eine Plage ist das. Furchtbar!“ Am liebsten würde sie die Jäger unterhaken und in ihren Garten führen, damit sie sich selbst ein Bild von dem desolaten Pflanzen-Zustand machen können. Doch plötzlich hoppelt ein Kaninchen zwischen den Rebstöcke herum. „Da, da ist schon wieder eins! Nun los, schießen Sie schon!“ „Das ist doch viel zu weit“, sagt einer der Jäger. „Wieso zu weit?“, brummelt sie mürrisch. „Das sind mindestens 40 Meter. Da schießt man es nur krank“, erklärt einer der aufgebrachten Kleingärtnerin. Doch damit gibt sich die rüstige Rentnerin nicht zufrieden: „Na und? Kaputt ist kaputt! Dann kommt‘s jedenfalls nicht mehr wieder und lässt meine Blumen in Ruhe“, streicht sich über die Schürze und geht. 40 Karnickel erlegen die Waidmänner an diesem Tag – viel zu wenig für die Rentnerin.

Eine Hobbygärtnerin beschwert sich bei den Jägern über die Kaninchenplage. Die bayerischen Jagdgäste Hubert und Florian tragen es mit süddeutscher Gelassenheit.

Jagen mit Frettchen:

  • Das Frettchen muss ausgeschlafen und hungrig sein.
  • Bevor man das Frettchen ansetzt: Klopfen, damit der zahme Stinkmarder die Lapuze nicht im Schlaf überrascht und so selbst Beute macht. Deshalb darf man bei dieser Baujagd ruhig trampeln und nervös mit den Füßen scharren.
  • Wenn der Bau auf einer Wiese liegt, im Kreis abstellen und nur nach außen schießen. Wind spielt keine Rolle. Ist der Bau im Weinhang, stellen sich die Schützen in einer Linie unterhalb davon auf. Optimal sind Baue mit drei bis sechs Röhren, eine Handvoll Schützen reicht aus.
  • Nie auf den Bau schießen bzw. auf ein Karnickel, das an einer Röhre sitzt. Dann kippt es tödlich getroffen ins Loch, und das Frettchen freut sich.
  • Mindestens 2,7-Millimeter-Schrote laden, weil man ab und zu auch durch Buschwerk schießen muss.
  • Nicht länger als vier bis sechs Stunden mit einem Frettchen arbeiten. Danach ist es zu müde und „schafft“ nichts mehr.
  • Immer einen Jagdhund dabei haben, der die kranken Karnickel greift, die Frettchen aber in Ruhe lässt.
  • Schonzeit von März bis Oktober.
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