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Prägen, aber richtig

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Julia Numßen

Pfeifen, in die Hocke gehen, schon kommen die Welpen freudig angesaust. Da hat die Hündin das Nachsehen, und das ist gut so. Schließlich sollen die Kleinen auf den Menschen geprägt werden. Wie man das erreicht und wie man außerdem die Basis für die Stubenreinheit und das Apportieren legen kann – wir sagen es Ihnen.

Prägen, aber richtig

Foxterrier-Hündin Emma streckt sich und springt aus der Wurfkiste, die bei uns im Wohnzimmer in der Ecke steht. Draußen im Zwinger, es ist Mitte März, wäre es für ihren Wurf einfach zu kalt. Ich sehe nach den zwei Wochen alten Welpen. Dick und rund liegen sie eng beisammen. „Anton“ allerdings dreht sich von seinen Geschwistern weg und robbt
wenig elegant über die Zeitung. Mit beiden Händen nehme ich ihn vorsichtig auf und
lege ihn auf die Grassoden, die in einem Karton direkt vor der geschlossenen Wurfkiste
liegen. Und schon passiert’s: Er löst sich. „So fein Bächlein“, sage ich mit freundlich hoher Stimme. Wenn es mir in den nächsten Tagen wiederholt gelingt, den richtigen Zeitpunkt abzupassen und die kleinen Foxterrier zum Nässen oder Lösen auf das Gras zu setzen, habe ich hier einen wichtigen Grundstein für Stubenreinheit gelegt. Gras wird für die Foxe bald bedeuten: Hier kann ich laufen lassen. Und der Satz „So fein Bächlein“ wird ganz nebenbei richtig zugeordnet. Bin ich später im Revier und möchte, dass der Hund sich
vor dem dreistündigen Ansitz löst, brauche ich nur diesen Satz im gewohnten Ton anzuschlagen und er weiß genau, worum es geht und was er zu tun hat.
Es liegt im Instinkt der jungen Hunde, ihr Lager nicht zu beschmutzen. Sie werden
dann unruhig, suchen einen Platz, an dem sie ihr Geschäft erledigen können.
Wer hier aufpasst, kann den Welpen schon früh beibringen, dass sich nicht in einer
Hüttenecke, sondern nur „draußen“, in diesem Falle auf dem Gras, gelöst wird.
Es gibt manche verzweifelte Hundebesitzer, die nicht verstehen, dass ihr Hund
beispielsweise nur auf die Fliesen macht, obwohl sie gerade eine Runde draußen spazierengegangen sind. Oft wurde hier vom Züchter „fehlgeprägt“. Die Wurfkiste stand
wahrscheinlich im Keller, der wiederum gefliest war. Kaum sind die Hunde alt genug,
verlassen sie ihr Lager und verrichten ihr Geschäft auf dem nackten Boden. So
etwas setzt sich fest und ist später nur mühsam, für den neuen Hundebesitzer wieder
herauszukriegen.

Schon nach rund vier Wochen haben die Kleinen ihren noch wackeligen Seemannsgang
drauf. Dann kann man die Wurfkiste öffnen und den Karton mit dem Gras direkt vor den Ausgang schieben. Sie werden sehen, dass es die Welpen nach draußen zieht, um sich dort zu lösen. In dem Alter würden sie sonst die Hütte inklusive ausgelegter Zeitung gewaltig unter Wasser setzen, und die Hündin käme mit dem Auflecken gar nicht mehr nach.
War es draußen warm und sonnig, haben wir die Wurfkiste in das mit einem Hühnerdraht eingezäunte rund vier mal vier Meter große „Welpengehege“ gestellt
– schließlich sollten die Kleinen ja nicht nur „Wohnzimmer-Luft“ schnuppern. Im Garten war der natürliche Untergrund Gras, wie es die Welpen gewohnt waren. Sie waren jetzt schon darauf geprägt, ins Grüne zu laufen, wenn sie ein Bedürfnis verspürten.

Nun zum freudigen Herankommen auf Pfiff: Die Hündin säugt die Welpen mindestens sechs Wochen lang. Nutzen Sie diese „Still-Phasen“ und setzen Sie sich bereits ab der zweiten Woche, wenn sich die Augen der Welpen geöffnet haben, neben den Wurf. Pfeifen Sie, nein, kein Kinderlied oder Jagdhornsignal, sondern immer den Doppelpfiff, allerdings nicht mit der lauten Hundepfeife, sondern mit dem Lippen. Ich weiß, nach zwei, drei Minuten stetigem Pfeifen könnte man schon die Lust verlieren, aber bleiben Sie dran: Warum? Wenn Sie irgendwann nach den jungen Hunden pfeifen, haben die bereits verknüpft: Pfiff
ist toll, da gibt es doch immer Milch, also Futter! Und natürlich sollten Sie dann auch
kleine Wurstschnipsel bereithalten, wenn die Racker freudig angestürmt kommen. So
lernen die Hunde von Welpenbeinen an, dass der Doppelpfiff etwas angenehmes ist,
„Komm“ heißt und mit Futter belohnt wird. Diese Verknüpfung wird den „Hundlingen“
nicht mehr verlorengehen, und dem zukünftigen Besitzer wird sehr viel Arbeit
erspart. Ab der sechsten Woche wird die Hündin bei normaler Wurfgröße nicht mehr voll
säugen, und der Züchter sollte langsam mit dem Zufüttern beginnen. Leicht angebratenes,
nicht gewürztes Hack mit Quark anrühren, etwas warmes Wasser dazu, fertig ist das Welpenfutter. Sobald Sie mit der Schüssel in der Hand pfeifend durch den Garten spazieren, sollen Sie mal sehen, wie die Welpen angefegt kommen. Hierbei lernen
sie – neben dem freudigen Kommen –, sich am Menschen zu orientieren, nach dem Motto: Schau, er hat Futter für mich, er sorgt für mich, ich muss mich an ihn halten. Der junge Hund lernt in dieser Phase, sich von seiner Mutter abzunabeln und sich dem Menschen anzuvertrauen. Ein wichtiger Punkt, vor allem was die spätere Zusammenarbeit auf der Jagd betrifft! Der Hund begreift, dass der Mensch ihn zur Beute, sprich zum Futter führt.

Apropos spätere Zusammenarbeit: Der Hund soll schon als Welpe lernen, auf „seinen“
Menschen zu achten. Auch hier kann der Züchter richtig prägen, indem er, wenn er mit den Welpen im Garten oder Revier unterwegs ist, ab und zu in die Hocke geht.
Neugierig werden die Racker angelaufen kommen – jetzt für jeden von ihnen kleine
Bröckchen Futter, und die Hunde werden in Zukunft noch besser auf „ihren“ Menschen achten. Ist der Züchter dann mit seinen Schützlingen auf neuem Terrain unterwegs und
gibt es dort etwas zu bestaunen, beispielsweise einen Teich, einfach am Wasser in
die Hocke gehen und abwarten. Ein paar Sekunden später werden die Welpen bei Ihnen
sein und erforschen, was ihnen da Tolles vom Menschen gezeigt wird. Klar, dass Sie
hier auf die Futtergabe bereits verzichten können. So muss man nicht ewig die Welpen
rufen oder pfeifen, denn die jungen Hunde werden ständig bemüht sein, Blickkontakt
zu halten. Der Welpe lernt, sich nach Ihnen zu richten. Und nicht umgekehrt.
Auch das ist später beim gemeinsamen Jagen wichtig. Was nützt Ihnen beispielsweise
ein Vorstehhund, der nicht unter der Flinte jagt, sondern vorprellt und das Wild
weit über die Reviergrenze hinaus verfolgt? Nichts. Er soll doch auf Sie geprägt sein, mit
Ihnen zusammen jagen und kein Einzelkämpfer sein, oder? Auf eines sollten Sie allerdings achten, wenn Sie mit den jungen Hunden ausrücken: Die Kleinen müssen auch wirklich
Hunger haben. Wurden sie gerade von der Hündin gesäugt oder haben gerade eine ordentliche Quark-Hack-Mischung gefressen, kann man sich das Pfeifen und in die
Hocke gehen sparen. In diesem Alter läuft eben wirklich alles allein über die Futterschiene.

Wie im Garten: Die Hütte im Wohnzimmer hat „natürlichen“ Auslauf. Die Welpen werden geprägt, sich auf Gras und nicht auf den Teppich, das Parkett oder die Fliesen zu lösen.
Fotos: Julia Numßen

Selbst das Apportieren kann der junge Hund schon beim Züchter lernen. Natürlich nicht mit „Sitz“ und „Aus“, aber bereits das Bringen kann gefördert werden. „Tauschen“ ist angesagt, wenn der junge Hund beispielsweise einen Hausschuh anknabbert. Natürlich würde man in so einer Situation automatisch „Pfui“ und „Aus“ sagen. Verkneifen Sie es sich. Nehmen Sie
ihm den Hausschuh kommentarlos weg und geben Sie ihm dafür ein Leckerchen.
So wird er sich später immer etwas abnehmen lassen, weil er gewohnt ist, etwas anderes
Schönes dafür zu bekommen, also zu tauschen. Oft genug passiert es, dass die Welpen
versuchen, vor ihren Geschwistern etwas in Sicherheit zu bringen.
Rufen oder pfeifen Sie, bringen Sie den Welpen dazu, mit Ihnen zu tauschen. Noch ein
wichtiger Grundstein fürs spätere Apportieren:Dem Hund wird die Beute nicht einfach
überlassen, so dass er sie wegtragen, knautschen, zerkauen oder gar verbuddeln kann (Totengräber). Damit ersticken Sie solch ein Verhalten von Anfang an. Der Welpe lernt hierbei, dass Sie am Ende der Kette „Finden-Aufnehmen- Apportieren-Geben“ stehen.

Die erste Beute: Der Rüde bewindet den Stoffhasen. Sobald er ihn aufnimmt und wegschleppen will,versuchen Sie, den Hund mit hoher Stimme zu sich zu locken. Nehmen Sie ihm dann den
Hasen ab. Dafür bekommt der Welpe Futter. Er lernt bereits jetzt zu tauschen.

Noch eines können Sie sich als Züchter zunutze machen, beispielsweise das Verhalten
im Rudel. Terrier imponieren gern ihren Geschwistern, indem sie ihnen zeigen, was sie da Tolles ergattert haben und im Fang mit sich umhertragen. Der eine oder andere wird versuchen, dem Angeber die Beute streitig zu machen. Hier greifen Sie ein, nehmen dem Apporteur die Beute ab und tauschen gegen Futter. Der Hund lernt damit, dass es eigentlich ziemlich blöd ist, die Beute unnötig mit sich herumzutragen, schließlich könnte sie ihm ja von den Geschwistern abgeluchst werden. Also lieber gleich dem Menschen geben oder bringen und gegen Futter tauschen – das A und O fürs spätere Apportieren!
Moment mal, werden Sie jetzt beim Lesen sagen und mich in dem Moment fragen:
„Glauben Sie das wirklich, was Sie da schreiben? Kann der Hund so komplex denken?“ Und ich werde Ihnen sagen. „Ja, er kann!“
Die Welpen sollten beim Züchter auch lernen, sich auf verschiedene Situationen und Umgebungen einzustellen. Deshalb habe ich bereits die fünf Wochen jungen Hunde zu allerlei Ausflügen mitgenommen. Ob ins Revier zum Hochsitzbauen oder zur Kirrungs-Tour, zum Einkaufen und zum Jagdhorn-Blasen, zur Kinder-Krabbelgruppe oder in die WILD UND
HUND-Redaktion. So wurden sie ans Autofahren gewöhnt, haben gelernt, mit neuen
Situationen umzugehen, auf mich zu warten, auf mich zu achten und mich nicht zu verpassen.

Dach über dem Kopf: Die Transportkiste wollen die Welpen nach der Fahrt ins Revier gar nicht mehr verlassen

Nun zur Prägung am Wasser: Im warmen April bin ich jeden Tag mit der Rasselbande an den Teich gefahren. Dabei wurden die jungen Wilden zu gar nichts gezwungen. Wenn die Hündin eine Runde schwamm, haben die Kleinen beeindruckt zugeschaut, und der eine oder andere hat sich mal bis zum Bauch ins kühle Nass getraut. Ende April bin ich dann auch schon mal selbst barfuß in den Teich gegangen, habe versucht die Welpen zu ermuntern, hinterherzukommen. Wer nicht wollte, musste nicht. Hauptsache das Wasser war für sie nicht die „große Bedrohung“. Heute habe ich die Rückmeldung von allen
meinen Foxl-Besitzern, wie wasserverrückt die jungen Hunde sind. Es ist natürlich von Vorteil, wenn der Wurf nicht so groß ist und die Welpen auch unterschiedlich gezeichnet sind. Ich weiß nicht, ob ich bei acht Teckel-Welpen den Durchblick gehabt hätte. Und noch etwas: Die Mühe, die sie sich bei der Prägung Ihrer Welpen geben, zahlt sich aus, zwar
nicht in barer Münze, aber dafür sind die neuen Hundebesitzer glücklich, wie das
neue „Hundle“ beispielsweise auf den Pfiff reagiert, oder wie er auf „seinen“ Menschen
achtet und sich nach ihm richtet. Das alles kann dem jungen Hund niemand mehr nehmen.
Welpen, die so geprägt wurden, haben es später im Jagdbetrieb einfach leichter – und der neue Hundebesitzer auch.

Wo Mutter ist, ist vorne: Doch irgendwann muss Abschied genommen werden, umso
wichtiger, dass der Welpe bereits darauf geprägt wurde, sich am Menschen zu orientieren

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