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Nur bei Notwendigkeit

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Wann ist eine Jagdhütte erlaubt?

Welcher Jäger träumt nict davon? Eine Jagdhütte in herrlicher Lage im Revier. Doch noch vor dem ersten Spatenstich gilt es, alle nötigen Genehmigungen für einen solchen Bau im Außenbereich einzuholen. Und die zu bekommen, ist nicht einfach

I. Die Rechtsgrundlage

„Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es … wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll.“ § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch

II. Der Sachverhalt

Pächter P. hatte im 400 Kilometer entfernten Mecklenburg-Vorpommern einen Jagdbezirk gepachtet. Mehrere Jahre pendelte er hin und her und quartierte sich in verschiedenen Unterkünften der Umgebung ein. Schließlich beantragte er einen Bauvorbescheid über die Errichtung einer Jagdhütte auf einem ihm gehörenden Grundstück im Revier und erstellte eine Blockhütte in der Größe von sechs auf vier Meter.

Das Bauamt lehnte seinen Antrag ab und ordnete die Beseitigung der ohne Baugenehmigung errichteten Hütte an. Zur Begründung führte es aus, dass der Außenbereich grundsätzlich von jeder Bebauung freizuhalten sei. P. könne in einer der umgebenden Orte eine Unterkunft finden, außerdem störe die Hütte das Landschaftsbild erheblich, weil sie in exponierter Lage errichtet worden sei.

Nach erfolglosem Widerspruch erhob P. Klage beim Verwaltungsgericht. Hier machte er ergänzend geltend, dass er zur intensiven Bejagung des Schwarzwildes verpflichtet sei. Das erfordere die Jagd bei Nacht und Mondschein. Zur Erfüllung seiner gesetzlichen Abschussverpflichtung sei es notwendig, sich in den Vollmondphasen mehrere Tage und Nächte im Revier aufzuhalten.

Auf ein Übernachten in einer der umgebenden Ortschaften könne er nicht verwiesen werden, weil er einen Jagdhund führe, zu später Stunde ein- und ausgehe und mangels Waffentresors seine Waffen und Munition dort nicht sicher verwahren könne. Im übrigen erfülle er mit der Bejagung des Schalenwildes und der Durchführung der Hege Aufgaben zugunsten der Allgemeinheit.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es stellte sich – selbstbewusst und mit eigener Meinung – gegen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und vertrat die Auffassung, dass Jagdhütten im Außenbereich regelmäßig nicht erforderlich seien. Die grundsätzliche Unbebaubarkeit des Außenbereichs könne nicht dadurch umgangen werden, dass jemand ein Revier in weiter Entfernung pachte. Wer das mache, müsse sich auf eine Unterbringung in einer der umgebenden Gemeinden verweisen lassen.

P. ließ sich nicht entmutigen, er ging in die Berufung. Dort bekam er endlich Recht.

III. Das Urteil
Das Oberverwaltungsgericht hob das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie die Versagungs- und Beseitigungsbescheide auf und verpflichtete die Baubehörde, dem Jagdpächter den beantragten Bauvorbescheid zur Errichtung einer Jagdhütte zu erteilen.

Der Bau einer Jagdhütte, so das Gericht in seiner Begründung, sei ausnahmsweise im Außenbereich zulässig, weil dieser im konkreten Fall unter besonderer Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Pächters für eine ordnungsgemäße Jagdausübung erforderlich sei.

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 Baugesetzbuch sei ein Bauvorhaben im Außenbereich zulässig, wenn es wegen seiner Zweckbestimmung in den Außenbereich gehöre. Hiernach sei eine Jagdhütte dann erlaubt, wenn ohne sie die Jagdausübung nicht oder nur unter erschwerten Umständen ordnungsgemäß ausgeübt werden könne.

Ein solcher Fall sei hier gegeben; denn für den Jagdpächter sei es objektiv erforderlich, dass ihm im Revier eine Jagdhütte zur Verfügung stehe. Seine Wohnung liege rund 400 Kilometer vom Revier entfernt, eine Unterkunft in einer der umliegenden Ortschaften stelle eine unzumutbare Erschwerung der Jagdausübung dar.

Durch das Mitführen von Waffen und Hund, das nächtliche Kommen und Gehen sowie das Treffen und Absprechen mit Mitjägern werde er zu einem „störenden Gast/Mitbewohner“, so dass er nur unter Schwierigkeiten eine dauerhafte Unterkunft finden könne.

Hinzu komme die Notwendigkeit, Mahlzeiten zuzubereiten und einen Jagdgast aufnehmen zu können, nasse Kleidung zu trocknen und Futtermittel zu lagern. Schließlich sei auch eine sichere Verwahrung der mitgeführten Waffen und Munition in gemieteten Räumen nicht gewährleistet; in einer Jagdhütte könnten hingegen die notwendigen massiven Behältnisse installiert werden.

Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass die Jagd aus Liebhaberei betrieben werde. Denn die Erfüllung der jagdrechtlichen Verpflichtungen liege insbesondere auch im Allgemeinwohl, auf die zugrunde liegende persönliche Motivation komme es nicht an.

Der Standort der Jagdhütte sei zwar in der Landschaft gut sichtbar, er befinde sich aber auf dem Gelände eines niedergelegten ehemaligen Bauernhofes in der Nähe einer Straße. Es handele sich daher nicht um eine unberührte Stelle in der Landschaft.

Größe und Ausstattung der Jagdhütte müssten sich strikt an den jeweiligen Erfordernissen der Jagdausübung orientieren. Es müsse sich um ein kleines und einfaches Gebäude handeln, keinesfalls um ein „verkapptes Wochenendhaus“, das zum angenehmen Aufenthalt im Freien diene. Diesen Vorgaben entspreche die vom Pächter erstellte Jagdhütte. Es handele sich um ein einfaches, zerlegbares Gebäude aus Holzbohlen mit den Maßen 6×4 Meter und einem Wert von rund 5000 Mark.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.08.2000 – 3 L 298/99 –

IV. Anmerkungen

1. Bauvorbescheid
Wer ein Gebäude errichten will, muss nicht gleich eine Baugenehmigung beantragen. Er kann auch, vor allem in Zweifelsfällen, vorab die Frage klären lassen, ob das vorgesehene Grundstück überhaupt bebaubar ist oder ob sich das beabsichtigte Gebäude in die Umgebungsbebauung einfügt. Das spart Kosten, weil hierfür keine Detailpläne notwendig sind.

Bei einer Bauvoranfrage geht es also in der Regel um das „Ob“ der beabsichtigten Bebauung, die Baubehörde erlässt darüber einen Bauvorbescheid. Das „Wie“ der Bauausführung wird dann später im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens im Einzelnen festgelegt.

Der Bauvorbescheid ersetzt also nicht die Baugenehmigung, sondern klärt nur eine wichtige Vorfrage. Er berechtigt deshalb nicht, mit der Errichtung des Gebäudes zu beginnen. Wer das trotzdem tut (wie im vorliegenden Fall), errichtet einen so genannten „Schwarzbau“; er baut auf eigenes Risiko, riskiert den Erlass einer Abbruchsanordnung und erhält ein saftiges Bußgeld.

2. Schutz des Außenbereichs
Außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, also ab Beginn der freien Landschaft, ist eine Bebauung grundsätzlich unzulässig. Der Außenbereich soll zum Schutze der Natur und Landschaft und zu Erholungszwecken unbebaut bleiben.

Nur spezielle Gebäude sind dort zulässig, insbesondere solche, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen oder die wegen ihrer nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen.

Unzulässig sind daher in der Regel Wochenendhäuser, Gartenhäuser, Zäune und andere Einfriedungen, Terrassen, Stellplätze, Koppeln, Weiden sowie Tierställe und Unterstände für eine Hobby-Tierhaltung, die entweder dem angenehmen Aufenthalt im Freien, der Freizeitbetätigung oder der privaten Nutzung des Grundstücks als Obst- und Gemüsegarten für den eigenen Bedarf dienen. Solche Anlagen sind nur in dafür speziell ausgewiesenen Gebieten erlaubt, ansonsten sind sie zu beseitigen (siehe hierzu WuH Nr. 6/2000, S. 58).

3. Über Jagdhütten
Jagdhütten sind im Außenbereich nur dann zulässig, wenn sie für die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd notwendig sind. Hierbei kommt es entscheidend auf die Verhältnisse des Einzelfalles an, vor allem auf die Entfernung zwischen Wohnsitz und Revier des Jagdausübungsberechtigten (vergleiche auch WuH Nr. 15/1993, Seite 23). Bei lediglich kurzen Anfahrtswegen ist eine Jagdhütte daher regelmäßig nicht erlaubt.

Zutreffend hat das Gericht darauf hingewiesen, dass eine anderweitige Unterkunft auf Dauer ungeeignet ist. Das nächtliche Kommen und Gehen, das Mitführen von Waffen und Hund, die Begleitung von Jagdgästen sowie die Lagerung von Wildfutter führt zu Problemen, die auf diese Weise unlösbar sind, ganz zu schweigen von einer ordnungsgemäßen Verwahrung der Waffen und Munition sowie der Versorgung und vorübergehenden Lagerung des erlegten Wildes.

Überzeugend ist auch, dass mit der Jagdausübung, insbesondere mit der notwendigen Regulierung des Schalenwildes und der Hegepflicht, Aufgaben zu Gunsten der Allgemeinheit wahrgenommen werden. Daran ändert nichts, dass dies freiwillig und mit Freude geschieht, da dies allein die subjektive Einstellung des Jägers betrifft.

In der baulichen Ausführung müssen sich Jagdhütten allerdings auf das Notwendigste beschränken: Geringe Ausmaße, einfache Bauweise, ein bis zwei Räume/Kammern zuzüglich Koch- und Waschgelegenheit, Vorratsraum, Lagerstätte für Wildfutter und notwendiges Gerät für den Bau von Reviereinrichtungen. Keine Waldvilla, kein Wochenendhaus und auch keine exponierte Lage. Maßgebend sind stets die konkreten Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Jagdausübung.

V. Ergebnis

1. Die Erstellung einer Jagdhütte ist ausnahmsweise erlaubt, wenn sie in der konkreten Situation, insbesondere aufgrund der Entfernung zwischen Wohnort und Revier, für eine ordnungsgemäße Jagdausübung notwendig ist.

2. Der Jagdausübungsberechtigte muss sich nicht darauf verweisen lassen, sich in einer der umliegenden Ortschaften eine Unterkunft zu suchen.

3. Die Ausführung einer Jagdhütte muss sich strikt an
den Bedürfnissen der Jagdausübung ausrichten; in der Regel sind nur kleine Hütten in einfacher Bauweise ohne besonderen Komfort erlaubt.


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