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Nur für die Dauer der Jagd

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Wann ist eine Jagdhütte erlaubt (3)?

Wird der Bau einer Jagdhütte mit der Maßgabe genehmigt, dass diese nur für die Dauer der Jagdpacht zugelassen ist, muss sie nach Ende des Pachtverhältnisses abgerissen werden

I. Die Rechtsgrundlage
„Im Außenbereich ist ein Vorhaben zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es … wegen … seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll.“ § 35 Abs. l Nr. 5 Baugesetzbuch

II. Der Sachverhalt
Im Jahre 1965 pachtete P. einen Jagdbezirk. Wegen der Entfernung zum Revier beantragte er die Genehmigung zur Errichtung einer Jagdhütte. Das Landratsamt erteilte ihm eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Jagdhütte mit einer Grundfläche von rund 5,90×5,00 Meter, einer Firsthöhe von 3,15 Meter und dem Zusatz: „Die Jagdhütte ist nur auf die Dauer der Jagdpacht zugelassen und muss nach Beendigung des Jagdpachtverhältnisses abgebrochen werden.“

Im Jahre 1977 pachtete P. eine benachbarte Jagd. Für sie wollte er die Jagdhütte im alten Revier weiter benutzen. Das Landratsamt ordnete jedoch die Beseitigung der Jagdhütte an. Hiergegen erhob P. Klage.

III. Das Urteil
Vor Gericht hatte P. keinen Erfolg, seine Klage gegen die Abbruchsanordnung wurde in allen Instanzen kostenpflichtig abgewiesen.

In der Rechtssprechung sei anerkannt, so das Gericht in seiner Begründung, dass Jagdhütten nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch zulässig sein können; dies setze aber neben der Notwendigkeit für die ordnungsgemäße Durchführung von Hege und Jagd voraus, dass es sich um einen möglichst einfachen Bau handele. Dessen Standort, Errichtung, innere Einteilung und Ausstattung habe sich ausschließlich nach den Erfordernissen der ordnungsgemäßen Jagdausübung im konkreten Fall zu richten.

Im gegebenen Fall folge bereits aus der Größe des Gebäudes und den bautechnischen Merkmalen, insbesondere der Zahl der Fenster und der Einteilung in einen großen Raum und mehrere Nebenräume, dass das Bauwerk nicht allein von den konkreten Erfordernissen der Jagd bestimmt werde, sondern eher einem Wochenendhaus gleiche. Schon daran scheitere eine Zulassung des Gebäudes als Jagdhütte.

Ferner stehe der – weiteren – Zulassung der Jagdhütte entgegen, dass die Hütte nicht innerhalb des neu gepachteten Jagdbezirkes liege. Das Erfordernis der funktionellen Zuordnung der Jagdhütte zur ordnungsgemäßen Jagdausübung verlange aber, dass das Gebäude im jeweiligen Jagdbezirk stehe. Anderenfalls wäre eine sachgerechte Eingrenzung nicht mehr möglich, es könnten zum Beispiel in einem Jagdbezirk mehrere Jagdhütten für verschiedene Jagdbezirke der Umgebung errichtet werden. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.12.1982 – 4 C 52/78 –

IV. Weitere Urteile
1. Kann ein Jagdausübungsberechtigter in angemessener Zeit von seinem Wohnsitz sein Revier erreichen, so ist die Errichtung einer Jagdhütte für die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd nicht erforderlich.

Es ist zulässig, die Baugenehmigung mit der Einschränkung zu erteilen, dass sie nur für den Jagdausübungsberechtigten für die Dauer gilt, in der er das Jagdausübungsrecht inne hat und anschließend nicht auf Dritte übergeht, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Jagdhütte nicht vorliegen. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23. 11. 1995 – 4 B 209.95 –

2. Ob ein Gebäude im Außenbereich als Jagdhütte erlaubt ist, beurteilt sich nicht nur nach seiner Lage und Größe, sondern auch nach seinem Zuschnitt, seiner Raumaufteilung und Raumausstattung. Denn maßgebend ist, dass das gesamte Erscheinungsbild der Hütte ausschließlich nach Gesichtspunkten ausgerichtet ist, die sich allein aus den konkreten Erfordernissen der ordnungsgemäßen Jagdausübung ergeben. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30. 08. 1996 – 4 B 117.96 –

V. Anmerkungen
Zur Frage der Notwendigkeit von Jagdhütten sowie zur Größe solcher Einrichtungen und der zulässigen Ausgestaltung des Innenraumes siehe WILD UND HUND, Ausgabe 11/2002, Seite 74.

1. Bestandschutz
Alte Jagdhütten, die früher rechtmäßig erstellt wurden, heute aber wegen strengerer Vorschriften nicht mehr zulässig sind, genießen Bestandsschutz. Sie dürfen daher weiterhin stehen bleiben, bis ihre Bausubstanz „verbraucht“ ist, sie also baufällig geworden sind. Danach ist eine Neuerrichtung nur erlaubt, wenn das dann geltende Recht es zulässt.

Deshalb sollte man notwendige Instandsetzungs- und Erhaltungsmaßnahmen rechtzeitig vornehmen, damit ein Verbrauch der Bausubstanz möglichst lange hinausgeschoben wird. So muss zum Beispiel ein undichtes Dach rechtzeitig repariert werden, ehe die Holzwände faulen.

Erhaltungsmaßnahmen aller Art einschließlich der Neugestaltung innen dürfen an Jagdhütten vorgenommen werden, sie dürfen nur nicht einen solchen Umfang annehmen, dass sie praktisch einer Neuerrichtung gleichkommen. Die Bausubstanz darf daher nicht ausgetauscht werden – das wäre ein Neubau. Vielmehr muss stets die Identität des Gebäudes gewahrt bleiben.

Nur rechtmäßig errichtete oder zwischendurch rechtmäßig gewordene Gebäude genießen Bestandsschutz, dieser ergibt sich aus der Eigentumsgarantie des Artikel 14 Grundgesetz.

Ist hingegen ein altes Gebäude schon immer rechtswidrig und ungenehmigt gewesen, war es also zu keinem Zeitpunkt rechtmäßig, so hat es auch keinen Bestandsschutz; die Behörde kann den Abbruch verlangen, sofern sie dieses Recht nicht in der Zwischenzeit verwirkt hat.

Eine solche Verwirkung setzt aber voraus, dass der Behörde das Gebäude bekannt ist und sie durch ein Handeln gegenüber dem Eigentümer zum Ausdruck gebracht hat, dass sie vom Erlass einer Abbruchsanordnung absieht und das Gebäude dulden wird.

Eine Abbruchsanordnung, die den vollständigen Abbruch verlangt, obwohl bereits ein Teilabbruch (Verkleinerung) rechtmäßige Zustände herstellen würde, ist rechtswidrig und wird daher vom Verwaltungsgericht teilweise aufgehoben.

Ist also zum Beispiel die ohne Genehmigung erstellte Hütte für ihren Zweck zu groß, während eine kleinere wegen der großen Entfernung des Pächters vom Revier erlaubt wäre, so kann die Behörde nicht den völligen Abbruch verlangen. Hier genügt ein Teilabbruch, um rechtmäßige Verhältnisse herzustellen, sofern dies technisch möglich ist. Das verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

2. Nutzungsänderungen
Für eine Änderung der Nutzung eines Gebäudes ist ebenfalls eine Baugenehmigung notwendig, ebenso wie dies für die Errichtung des Gebäudes erforderlich ist. Wird zum Beispiel eine Scheune als Werkstatt oder Garage genutzt, so ist hierfür vorher eine Baugenehmigung zu beantragen.

Das gilt in gleicher Weise für die Nutzung eines land- oder forstwirtschaftlichen Schuppens als Jagdhütte (mit oder ohne Umbau), da dieselbe Hütte als landwirtschaftlich genutztes Gebäude rechtmäßig, als Jagdhütte aber rechtswidrig sein kann.

Zulässig ist es auch, eine Jagdhütte nur dem gegenwärtigen Jagdpächter für die Dauer seines Pachtvertrages zu genehmigen, weil dieser weit entfernt vom Revier wohnt. Endet sein Pachtvertrag und ist sein Nachfolger ein in Reviernähe wohnender Pächter, so ist die Jagdhütte nicht mehr „erforderlich“ und daher zu entfernen. Sie kann weder vom neuen Pächter als Jagdhütte weiterbenutzt noch vom Vorgänger als Wochenendhaus oder sonstige Unterkunft oder Lagerstätte verwendet werden.

VI. Ergebnis
1. Die Errichtung einer Jagdhütte im Außenbereich ist ausnahmsweise erlaubt, wenn sie in der konkreten Situation, insbesondere aufgrund der Entfernung zwischen Wohnort und Revier, für eine ordnungsgemäße Jagdausübung notwendig ist.

2. Die bauliche Ausführung einer Jagdhütte muss sich strikt an den Bedürfnissen der konkreten Jagdausübung ausrichten; in der Regel sind nur kleine Hütten in einfacher Bauweise ohne besonderen Komfort zulässig.

3. Alte Gebäude, die legal errichtet wurden oder in der Zwischenzeit vorübergehend rechtmäßig waren, genießen Bestandsschutz. Sie werden geduldet, bis ihre bauliche Substanz verbraucht ist. Kleinere Reparaturen und Erhaltungsmaßnahmen sind erlaubt, eine Totalrenovierung durch Austausch der alten Bausubstanz nicht.

4. Eine Änderung der Nutzung eines Gebäudes bedarf der Baugenehmigung, zum Beispiel die Verwendung eines forstwirtschaftlichen Schuppens als Jagdhütte. Die Baugenehmigung wird nur erteilt, wenn die neue Nutzung nicht gegen das Baugesetz verstößt.


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