ANZEIGE

Der Jäger und seine Zuverlässigkeit (2)

3626


Für Nichtjuristen verwirrend: Wer im Sinn des
Jagdrechts zuverlässig ist, muss damit noch nicht im waffenrechtlichen Sinn zuverlässig sein. Die Rechtsanwälte
Ralph Müller-Schallenberg und Markus H.-D. Knemeyer aus
Leverkusen stellen in einem Folgebeitrag den jeweiligen
Begriff der Zuverlässigkeit zusammengefasst dar.

Die Zuverlässigkeit im Waffenrecht

Im Waffenrecht spielt die Zuverlässigkeit im wesentlichen bei der Erteilung oder der Rücknahme bzw. dem Widerruf einer Waffenbesitzkarte oder eines Munitionserwerbsscheines eine Rolle.

Grundsätzlich bedarf jeder, der die tatsächliche Gewalt über Schusswaffen oder Munition erlangen und ausüben will, der vorherigen Erlaubnis der Kreispolizeibehörde (§§ 28 Abs. 1.29 WaffG). Die Erlaubnis wird durch eine Waffenbesitzkarte (WBK) bzw. einen Munitionserwerbsschein erteilt. Die Erteilung einer WBK oder eines Munitionserwerbsscheines setzen unter anderem voraus, dass der Antragsteller persönlich zuverlässig ist (§§ 5, 30 Abs. 1 Nr. 2 WaffG).

Der Jäger allerdings wird beim Erwerb von Langwaffen insoweit privilegiert, als er als Inhaber eines Jahres-, Tages- oder Jugendjagdscheines keine vorherige Erteilung einer Waffenbesitzkarte beantragen muss (§ 28 Abs. 4 Nr. 7 WaffG). Erwerben kann er eine derartige Waffe also allein unter Vorlage eines gültigen Jagdscheines. Der Jäger hat aber innerhalb eines Monats nach Erwerb der Langwaffe die Ausstellung einer WBK oder die Eintragung der Waffe in eine bereits erteilte WBK zu beantragen, sofern er die Waffe nicht vorher einem Berechtigten überlässt (§ 28 Abs. 5 Satz 1 WaffG). Kurzwaffen können auch Jäger nur aufgrund einer bereits zuvor erteilten WBK erwerben.

Jagdscheininhabern wird Zuverlässigkeit unterstellt

Jegliche Munition für Langwaffen können Jäger ebenfalls unter bloßer Vorlage ihres Tages-, Jugend- oder Jahresjagdscheines – also auch ohne Munitionserwerbsschein – erwerben (§ 29 Abs. 2 WaffG), selbst wenn sie eine entsprechende Langwaffe gar nicht besitzen. Munition für Kurzwaffen können Jäger ohne Munitionserwerbsschein nur aufgrund eines Berechtigungsvermerkes der zuständigen Behörde in ihrer WBK nur für ihre in der WBK eingetragenen Kurzwaffen erwerben (§29 Abs. 4 WaffG).

Nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 Satz 3 WaffG findet bei Jägern hinsichtlich der Erwerbsberechtigung von Waffen keine gesonderte Zuverlässigkeitsprüfung mehr statt. Inhabern von Jahresjagdscheinen wird hiernach die WBK für Lang- als auch Kurzwaffen, von Jugend- und Tagesjagdscheinen nur für Langwaffen, ohne gesonderte Zuverlässigkeitsprüfung erteilt, da die Zuverlässigkeit mit Erteilung oder Verlängerung des Jagdscheines als erfüllt unterstellt wird.

Wenn jedoch nachträglich Tatsachen bekannt werden, die zu einer Versagung der WBK oder deren Rücknahme/Widerruf hätten führen müssen, ist die WBK nach § 47 Abs. 1 WaffG zurückzunehmen bzw. nach § 47 Abs. 2 WaffG zwingend zu widerrufen.

Der Zuverlässigkeitsbegriff im waffenrechtlichen Sinn ist – ebenfalls wie im jagdrechtlichen Sinn – gesetzlich nicht positiv, sondern vielmehr nur negativ normiert.

Wann ein Antragsteller in jedem Falle – also ohne die Möglichkeit, dieses widerlegen zu können – die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, regelt § 5 Abs. 1 WaffG. Dies ist der Fall, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er

  • Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden,
  • mit Waffen oder Munition nicht sachgemäß umgehen und diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren oder
  • Waffen oder Munition Personen überlassen wird, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

Die zwingenden Versagungsgründe im Waffenrecht entsprechen also denen im Jagdrecht (§ 17 Abs. 3 BJG), so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann („Der Jäger und seine Zuverlässigkeit“ 1). Wenn aus diesen Gründen der Jagdschein nicht erteilt werden darf oder entzogen werden muss, muss ebenso die Erteilung einer WBK versagt oder eine bereits erteilte WBK widerrufen oder zurückgenommen werden.

Wegen Trunkenheit verurteilt: WBK weg

Dagegen besitzt nach § 5 Abs. 2 WaffG der Antragsteller nur regelmäßig – also durch ihn jederzeit widerlegbar – nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, wenn er

  • wegen der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 a bis e WaffG aufgezählten Straftatbestände rechtskräftig verurteilt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
  • wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 e WaffG genannten Gesetze verstoßen hat,
  • geschäftsunfähig (§ 104 BGB) oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt (§ 106 BGB) ist oder
  • trunksüchtig, rauschmittelsüchtig, geistesschwach oder geisteskrank ist.

Von den regelmäßigen Versagungsgründen des Waffenrechts entsprechen lediglich § 5 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WaffG denen des Jagdrechts. Wesentliche Unterschiede zwischen Jagd- und Waffenrecht finden sich insbesondere bei § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG: Maßgeblich ist hier – im Gegensatz zum Jagdrecht – ausschließlich die rechtskräftige Verurteilung schon wegen einer der aufgeführten Straftaten, unabhängig vom ausgeurteilten Strafmaß.

Bei im Zustand der Trunkenheit begangenen Straftaten ist zwar grundsätzlich eine zweimalige Verurteilung erforderlich (§ 5 Abs.2 Nr. 1 c WaffG). Im Straßenverkehr reicht nach der Rechtsprechung jedoch bereits eine einmalige Verurteilung wegen Trunkenheit aus, da hier eine gemeingefährliche Straftat nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 b WaffG angenommen wird (BVerwG. Urt. v. 13.12.1994 – 1 C 31.92 – RdL 1995, 177; HessVGH. Urt. v. 22.11.1994 – 11 UE 1428/93 – RdL 1995, 67).

Demnach kann der wegen Trunkenheit im Verkehr erstmals verurteilte Jäger seinen Jagdschein zwar behalten, muss seine WBK jedoch zurückgeben – und er muss sich von seinen Waffen trennen!

Sylvester-Knaller nicht aus der Jagdwaffe verschießen!

Ebenso ist bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung die WBK wegen Verstoßes gegen § 5 Abs. 2 Nr. 1 b WaffG zu versagen, zu widerrufen oder zurückzunehmen, da eine Straftat gegen das Vermögen vorliegt (BVerG. Urt. 04.09.1995 – 1 C 20.94 – und v. 16.10.1995 – 1 C 32.94). Auch das Schießen zu Sylvester mit Platzpatronen aus einer Jagdwaffe führt zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit (VGH BaWü Urt. v. 13.11.1995 – 1 S 3139/94).

Unter Bezugnahme auf das Grundsatzurteil des BVerwG vom 13.12.1994 (siehe oben) hat der VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 13.11.1994 die seit dem 01.07.1990 (Änderung BJG) unterschiedliche Behandlung der Zuverlässigkeit im Jagd- und Waffenrecht noch einmal anschaulich dargestellt: Der Wortlaut des § 30 Abs. 1 Satz 3 WaffG stelle zwar grundsätzlich den Jagdscheininhaber bei Erteilung einer WBK von der Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit frei (so auch Bay VGH, Bescheid v. 05.11.1990 – 19 CS 90.2702 – und OVG Hamburg, Beschl. v. 19.06.1992 – OVG Bs VII 20/92).

Nach dem Urteil des BVerwG vom 13.12.1994 sei jedoch infolge der unterschiedlichen Regelung der jagd- und waffenrechtlichen Zuverlässigkeit die Freistellung der Jagdscheininhaber von der Prüfung ihrer waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nur insoweit hinfällig geworden, als das Jagdrecht im Rahmen der Regelvermutung hinter den Zuverlässigkeitsanforderungen des § 5 Abs. 2 WaffG zurückbleibe; eine Prüfung der Zuverlässigkeit sei also notwendig.

Das Waffenrecht hat mehr Gewicht

Dies bedeute, dass der Jagdscheininhaber sich insoweit nicht mehr auf § 30 Abs. 1 WaffG und der durch diese Vorschrift erleichterten Voraussetzungen für den Erwerb einer WBK und eines Munitionserwerbsscheines berufen könne, also auch insoweit nicht, als der Regelvermutungsbestand der Verurteilung wegen einer Straftat gegen das WaffG nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 e WaffG – unabhängig von der Höhe der verhängten Strafe (anders als § 17 Abs. 1 Nr. 1 d BJG) – in Rede stehe.

Seien damit die Inhaber von Jagdscheinen in dem Umfange nicht von der Prüfung ihrer waffenrechtlichen Zuverlässigkeit freigestellt, in dem diese über die Anforderungen der jagdrechtlichen Zuverlässigkeit hinausgingen, so habe dies bei Vorliegen der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit den Widerruf der WBK zur Folge.

Soweit Jagd- und Waffenrecht sich decken, erfolgt also keine gesonderte waffenrechtliche Zuverlässigkeitsprüfung. Diese ist nach der Rechtsprechung jedoch notwendig, wenn das Jagdrecht geringere Anforderungen an die Zuverlässigkeit stellt als das Waffenrecht. Das hieraus ggf. resultierende Ergebnis, dass der Jäger zwar seinen Jagdschein behalten, die WBK (und auch die Waffen) jedoch abgeben muss, ist unbefriedigend und wird zu Recht kritisiert.

Sind letztlich Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 4 WaffG begründen, kann die zuständige Behörde verlangen, dass der Antragsteller ein amts- oder fachärztliches Zeugnis über seine geistige Eignung vorlegt (§ 5 Abs. 4 WaffG).

(Wird fortgesetzt; Querverweise auf in dieser Hinsicht relevante Aufsätze und Urteile, die bereits in früheren Ausgaben von WILD UND HUND behandelt worden sind, am Ende des letzten Teils dieser Reihe)


ANZEIGE

ANZEIGE
Aboangebot